PARIS/LONDON (awp international) - Die Sorge vor einer geldpolitischen Straffung durch die US-Notenbank (Fed) noch im laufenden Jahr sowie Kurseinbrüche im Rohstoff- und Luxusgütersektor haben die europäischen Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone weitete am Donnerstag seine jüngsten Verluste deutlich aus und sackte bis zum Mittag um 1,79 Prozent auf 4114,61 Punkte ab. Zwischenzeitlich was das Börsenbarometer auf den tiefsten Stand seit Ende Juli gefallen.

Für den französischen Cac 40 ging es um 2,36 Prozent auf 6610,58 Punkte in die Tiefe. Der britische FTSE 100 ("Footsie") knickte um 1,84 Prozent auf 7037,31 Zähler ein.

Wie aus dem am Mittwochabend veröffentlichten Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung hervorgeht, zeigten sich die Mitglieder der Notenbank zwar uneins mit Blick darauf, wann die konjunkturstützenden Anleihekäufe reduziert werden sollten. Mehrheitlich aber wurde die Auffassung vertreten, noch in diesem Jahr zu beginnen.

Börsianer befürchten, dass eine Reduzierung der Käufe die Aktienmärkte unter Druck setzen könnte, weil den Märkten damit weniger Liquidität zur Verfügung steht und zudem andere Anlageklassen wie etwa Anleihen an Attraktivität gewinnen könnten. Ob die Fed nun aber erst gegen Ende des Jahres beginne oder im ersten Quartal 2022 sei letztlich kaum von Bedeutung, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Handelshaus Oanda.

Aus Branchensicht verzeichneten europaweit alle Sektoren Verluste. Am stärksten traf es die Rohstoffwerte , die um dreieinhalb Prozent absackten. Hier verschreckten die stark fallenden Preise für Eisenerz die Anleger. Am Markt wurde auf Aussagen der chinesischen Regierung verwiesen. Diese hatte versichert, die Stahlproduktion verringern zu wollen. So brachen am "Footsie"-Ende die Papiere des Minenkonzerns Anglo American um mehr als zehn Prozent ein.

Zudem beschleunigte sich die jüngste Talfahrt der Aktien von Luxusgüterherstellern deutlich. Börsianer sprachen von kräftigen Gewinnmitnahmen im Sektor, die durch neu aufgeflammte Virussorgen und die anhaltende Furcht vor einer schärferen Regulierung in China ausgelöst worden seien. Chinas Staatspräsident Xi Jinping hatte staatlichen Medien zufolge eine stärkere Regulierung und Umverteilung von Einkommen gefordert.

Wohlhabende Chinesen sind für die Luxuskonzerne eine enorm wichtige Käufergruppe. Damit sackten die Papiere von Kering am EuroStoxx-Ende um mehr als sieben Prozent ab. In Zürich büssten die Anteilsscheine von Richemont fast sechs Prozent ein.

In Oslo verloren die Aktien von Nel ASA nach der Vorlage von Geschäftszahlen zum zweiten Quartal mehr als neun Prozent. Der Spezialist für die Herstellung von Wasserstoff aus elektrischer Energie habe beim Umsatz und beim operativen Ergebnis die Markterwartungen verfehlt, schrieb Analyst Patrick Jones von der US-Bank JPMorgan. Gründe dafür seien unter anderem höhere Personalkosten und Anlaufkosten für das neue Werk im Industriepark Heroya. Allerdings hatten die Papiere am Vortag neun Prozent gewonnen und damit von dem Abschluss einer Entwicklungspartnerschaft mit dem deutschen Anbieter von Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen SFC Energy profitiert.

Für einen Lichtblick aber sorgten die Anteilsscheine von Adyen , die an der EuroStoxx-Spitze fast zwei Prozent gewannen. Der durch die Corona-Pandemie verstärkte Trend zum Bezahlen mit Karte und Smartphone treibt den niederländischen Zahlungsabwickler weiter kräftig an./la/mis