PARIS/LONDON (awp international) - Nach dem kräftigen Kursanstieg am Vortag sind die europäischen Aktienmärkte am Freitag wieder etwas zurückgefallen. Der EuroStoxx 50 notierte am späten Vormittag mit 0,52 Prozent im Minus bei 4077,06 Punkten, nachdem er tags zuvor noch mehr als zwei Prozent zugelegt hatte. Laut Börsianern halten sich die Anleger nunmehr zurück und warten auf den US-Arbeitsmarktbericht im weiteren Handelsverlauf. Von den Daten erhofft sich der Markt entscheidende Hinweise auf die US-Geldpolitik.

Auch an der Börse in Paris hielten sich die Anleger zurück, der Cac 40 verlor ebenfalls rund ein halbes Prozent auf 6565,59 Zähler. In London trat der britische Leitindex FTSE 100 mit plus 0,07 Prozent nahezu auf der Stelle bei 7074,70 Punkten.

Europas Börsen haben eine turbulente Woche mit reichlich Kurskapriolen hinter sich. Sorgen vor einer steigenden Inflation und einer stotternden Konjunkturerholung hatten den EuroStoxx 50 noch zur Wochenmitte auf ein Tief seit rund zweieinhalb Monaten befördert, worauf eine Erholunsrally folgte. Aktuell bringt es der europäische Leitindex damit auf eine Wochenbilanz von rund einem Prozent Kursplus.

Der Erholung förderlich war zum einen Russlands Präsident Wladimir Putin, der angesichts explodierender Gas- und Ölpreise in Aussicht stellte, die Lage zu entspannen. Grosse Erleichterung herrschte unter Anlegern zudem, dass in den USA im Streit über die Schuldenobergrenze eine vorübergehende Einigung erzielt wurde. Der drohende Zahlungsausfall der US-Regierung mit potenziell katastrophalen wirtschaftlichen Folgen scheint damit vorerst abgewendet.

Beide Aspekte werden nun aber vor dem anstehenden US-Arbeitsmarktbericht für September vorerst wieder in den Hintergrund gedrängt. Laut den Experten der BayernLB dürfte ein Stellenaufbau in der Grössenordnung von rund einer halben Milliarde für die US-Notenbank Fed ausreichend sein, um bereits im November mit der Drosselung ihrer Anleihekäufe zu beginnen.

An den Aktienmärkten hofften die Anleger jedoch auf etwas schlechtere Daten, um die Notenbank von diesem Schritt vorerst noch abzuhalten, schrieb Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Während ein Aufschub von ein, zwei Monaten für die Börsen zwar ein positives Signal sei, dürften sich andererseits aber die Inflationsgefahren dadurch erhöhen, gab der Marktanalyst zu bedenken.

Mit Blick auf das Branchentableau fieken die am Vortag noch gefragten Technologiewerte nun wieder ein Stück weit zurück. Im EuroStoxx erwischte es am deutlichsten den Zahlungsabwickler Adyen , mit rund drei Prozent Minus landete er am Index-Ende. Aktien des Chipzulieferers ASML und des Softwarekonzerns SAP gaben jeweils rund ein Prozent nach.

Nach einem vorübergehenden Stopp infolge der positiven Signale aus Russland setzte sich an den Energiemärkten der Preisanstieg fort. Der Ölpreis kletterte zuletzt wieder in Richtung seines Mehrjahreshochs, da die USA Spekulationen um eine Freigabe strategischer Ölreserven eine Absage erteilt hatten. An der Börse zog der entsprechende Branchenindex daraufhin wieder in Richtung seines kürzlich erreichten 20-Monats-Hochs. Für Einzelwerte wie Eni BP und Royal Dutch Shell ging es um mehr als eineinhalb Prozent aufwärts, Totalenergies verteuerten sich um 1,3 Prozent.

In der Schweiz rutschten Aktien der Online-Apotheke Zur Rose mit bis zu neun Prozent Minus auf den tiefsten Stand sei Ende August ab, zuletzt betrug das Minus noch rund sechs Prozent. Berenberg-Analyst Gerhard Orgonas sieht nach der starken Kursentwicklung der Aktie das Potenzial des E-Rezepts in Deutschland eingepreist und strich seine Kaufempfehlung. Die Verzögerung der Einführung berge derweil Risiken für die kurzfristige Gewinnentwicklung der Schweizer Online-Apotheke./tav/mis