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FOCAM: Verlässt Warren Buffett seinen Valuepfad? 
 
2020-12-09 / 09:07 
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. 
 
_(Von Andreas Schmidt, Leiter Portfolio Management, FOCAM AG)_ 
 
Gerade wird die Value-Kuh wieder durch das Dorf getrieben. In zahlreichen 
Publikationen heißt es derzeit: Raus aus Growth- und rein in 
Value-Aktien. 
 
Die starke Outperformance der Wachstumswerte in diesem Jahr schreit förmlich 
nach einer Korrektur und damit zu einem Stylewechsel hin zu Value-Aktien. 
Für den längerfristigen Anleger bleibt festzuhalten, dass die Growth-Titel 
die Substanzwerte deutlich outperformt haben. 
 
*Gründe für den Optimismus und die lauten Rufe nach einem Wechsel hin zu 
Substanz-Werten* 
 
Da ist zum Einen, wie in Abbildung 2 zu sehen, die enorme *Erwartungshaltung 
der Investoren* in Bezug auf das zukünftige wirtschaftliche Wachstum. So 
hoch wie jetzt war es nur im März 2002. Dass damit auch die Gewinnerwartung 
überproportional hoch ist, versteht sich fast von selbst. Diese wird vor 
allem durch die extremen Ertragssprünge der zyklischen Werte gespeist. 
 
Das Dilemma der Wechselrufer: Seit 2007 war die überwiegende Mehrheit der 
Investoren davon überzeugt, dass sich Value-Aktien besser entwickeln werden 
als Wachstumstitel - ein (fast) permanenter Trugschluss. 
 
*Begriffsdefinition Growth und Value* 
 
Hier wird jeder enttäuscht sein, der eine eine klare und besonders 
allgemeingültige Definition erwartet. Jeder Anbieter und wahrscheinlich 
Investor versteht darunter etwas anderes. 
*MSCI* definiert Wachstum besonders in Bezug auf historisches, gegenwärtiges 
und zukünftiges Gewinnwachstum pro Aktie. Die klassischen 
Bewertungskriterien wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis und 
Dividendenrendite sind die Auswahlkriterien für Value-Aktien. 
*Standard & Poor's* berechnet seinen Value Index ähnlich. Umsatzwachstum, 
Momentum und Gewinnveränderung sind die Faktoren zur Aufnahme in den S&P 
Growth Index. 
 
Schwer verständlich ist, dass bei S&P der Value-Index derzeit aus 387 und 
der Growth-Index aus 282 Aktien bestehen. Macht zusammen 669 Werte. Gespeist 
werden beide Indizes aus dem S&P 500 Index. Es gibt also einen 
*Überhang von 163 Aktien* (der S&P 500 hat aktuell 506 Titel)! Diese 
163 Dividendenwerte sind also sowohl Value als auch Growth! Zu diesen 
"Hybrid-Aktien" gehören Nike, JP Morgan, Walt Disney, Home Depot u.a. 
 
Nicht so drastisch ist das Bild beim MSCI Europe mit seinen 437 Mitgliedern. 
Der MSCI Europe Growth Index besteht aus 216 Aktien und sein Gegenstück der 
MSCI Europe Value Index aus 258 Dividendenwerten. Macht zusammen 474. Also 
gibt es auch hier einen Überhang von immerhin 37 Aktien. Interessant 
ist nur, dass die beiden Schweizer Pharmafirmen Roche und Novartis 
"getrennt" werden. Roche gehört bei MSCI in den Topf von Wachstum, während 
Novartis in den Substanztopf gewandert ist. 
 
*Aus den oben genannten Gründen macht es wenig Sinn, Marktteilnehmer in 
Value oder Growth Investoren einzuteilen.* Da ist die 
Fußball-Bundesliga schon weiter. Hier gibt es keine Growth- oder 
Value-Mannschaften. Und aus einem Vizemeister wird auch im nächsten Jahr 
kein Deep-Value Verein. 
 
*Parameter für eine erfolgreiche, langfristige Aktienauswahl* 
 
Über einen langen Zeitraum haben Gesellschaften, deren Umsätze 
überdurchschnittlich gegenüber dem Gesamtmarkt wachsen, auch kursmäßig 
deutlich besser abgeschnitten. Unternehmen, die kaum wachsen, geraten auf 
Dauer performancetechnisch ins Hintertreffen. Umsatzwachstum alleine reicht 
aber nicht aus, um langfristig erfolgreich zu sein, auch die Gewinne müssen 
überdurchschnittlich zulegen. 
*Fazit 1: Unternehmen mit höheren Wachstumsraten sind auf Dauer 
erfolgreicher als der Durchschnitt* 
 
McKinsey hat herausgefunden, dass sich auf Dauer Unternehmen besonders gut 
entwickeln, die über eine hohe Ertragskraft (gemessen am Return on Invested 
Capitel oder ROIC) verfügen. Der ROIC misst den Ertrag in % auf das 
eingesetzte Kapital (Eigen- und Fremdkapital). 
*Fazit 2: Unternehmen mit hoher Ertragskraft sind auf Dauer erfolgreicher 
als der Durchschnitt* 
 
Dass Unternehmen mit weniger Schulden langfristig besser abschneiden als 
Gesellschaften mit beträchtlichen Verbindlichkeiten, versteht sich fast von 
selbst. Zwar kann es Zyklen geben, in denen hoch verschuldete Firmen an der 
Börse besser performen, aber auf lange Sicht schläft es sich leichter, wenn 
man weiß, dass "sein" ausgewähltes Unternehmen wenig bis keine Schulden 
hat. Der Beleg: Der MSCI World Quality Index legte in den letzten 30 Jahren 
um 2540 % und der MSCI World "nur" um 939 % zu. 
*Fazit 3: Unternehmen mit hoher Bilanzqualität sind auf Dauer erfolgreicher 
als der Durchschnitt* 
 
Der vierte und letzte Punkt ist Voraussetzung für ein erfolgreiches 
langfristiges Aktieninvestment: die Bewertung! Sind alle drei zuvor 
genannten Kriterien erfüllt, stellt sich die Frage, wird das Unternehmen von 
den Marktteilnehmern angemessen, zu hoch oder evtl. zu günstig eingeschätzt? 
Beim Entrepreneur AS Select Fonds bewerten wir die Gesellschaften nach dem 
Ertragswertverfahren und vergleichen den so ermittelten inneren Wert eines 
Unternehmens mit dem aktuellen Börsenkurs. 
*Fazit 4: Unternehmen gemäß unserem Value-Ansatz sind auf Dauer 
erfolgreicher als der Durchschnitt* 
 
*----------------------------* 
 
*Resümee: die aufgezeigten Kriterien für eine langfristige Aktienauswahl 
sind der klassischen Value oder Growth Definition überlegen.* 
 
*----------------------------* 
 
*Warum hat Warren Buffett nun in T-Mobile US investiert?* 
 
Aufschluss gibt der nachstehende Vergleich zwischen der Deutschen Telekom 
und ihrer US-Tochter T-Mobile. 
 
                                    Deutsche Telekom T-Mobile US 
Umsatzwachstum seit 2013 p.a.           + 4,8 %       + 12,7 % 
Durchschnittliche Kapitalverzinsung      5,7 %          7,0 % 
(Geschäftsjahre 2015 - 2019) 
Durchschnittliche Verschuldung zu        157 %          149 % 
Eigenkapital 
(Geschäftsjahre 2015 - 2019) 
*Aktienperformance vergangene 5          *7 %*         *266 %* 
Jahre* 
*(inkl. Dividende)* 
Erwartetes Umsatzwachstum p.a.          + 10,7 %      + 22,7 % 
(Geschäftsjahre 2020 - 2022) 
 
Auf den ersten Blick ist der Performance-Unterschied von knapp 260 % nicht 
gerechtfertigt. Entscheidend dafür ist u. a. die Bewertung der Deutschen 
Telekom und T-Mobile US in 2015. Aber auch das unterschiedliche 
Umsatzwachstum spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der extremen 
Wertentwicklungsdifferenz. Wenn beide Gesellschaften bei einem Umsatz mit 
100 (Index) starten, hat die Deutsche Telekom *nach 7 Jahren* eine 
Umsatzgröße von 139. T-Mobile US kommt im gleichen Zeitraum auf einen 
Umsatz von 231. 
 
Würde die Rechnung *im 10. Jahr* gemacht, würde sie so aussehen: 
 
                                    Deutsche Telekom  T-Mobile 
                                                         US 
Umsatz in Jahr 10                        159,8         330,5 
Nettogewinn bei 8 % Marge in Jahr         12,8          26,4 
10 
 
Diese Kalkulation erklärt eindrucksvoll, warum Berkshire Hathaway als 
langfristiger Investor ein neues Engagement in T-Mobile US und nicht in der 
Deutschen Telekom gesucht hat. 
 
*Value ist für Warren Buffett nicht niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis etc., 
sondern der Bewertungsunterschied zwischen dem ermittelten inneren Wert und 
dem aktuellen Börsenwert einer Aktie. * 
 
*Kommen wir zur Eingangsfrage zurück: Verlässt Warren Buffett seinen 
Valuepfad? Die Antwort lautet Nein, er bleibt sich und seiner Philosophie 
auch im 56. Jahr seines Wirkens treu!* 
 
2020-12-09 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, 
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1153641 2020-12-09 
 
 

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December 09, 2020 03:07 ET (08:07 GMT)