Zürich (awp) - Es war nur eine kurze Erholung: Der Schweizer Aktienmarkt hat im Verlauf des Dienstagvormittags das Vorzeichen gewechselt, notiert nun wieder klar im roten Bereich und schliesst damit an den Kursrutsch vom Vortag an. Der Leitindex SMI näherte sich dabei dem Jahresschlusskurs 2019 bis auf weniger als 20 Punkte. Auch an anderen europäischen Handelsplätzen kam es im Verlauf des Vormittags zu einem Stimmungsumschwung. Die Börsen in Frankfurt, London und Paris geben wieder nach.

Zwar sei am Markt keine Panik spürbar, sagen Händler. Mehr und mehr werde jedoch den Investoren bewusst, dass das Coronavirus in der Weltwirtschaft Spuren hinterlassen werde. "Die Folgen der Pandemie werden sich bald auch in den Unternehmenszahlen niederschlagen", meint ein Händler. Er vermutet, dass bald entsprechende Gewinnwarnungen publiziert werden müssen. Für Zukäufe sei es daher viel zu früh, so seine Einschätzung.

Der SMI gibt um 11.10 Uhr um 0,74 Prozent auf 10'633,26 Punkte nach und notiert damit im Bereich des Tagestiefs. Zum Jahresschlusskurs 2019 (10'616,94) und Jahrestief 2020 (10'536,28) fehlt damit nicht mehr allzu viel. Auch der SLI, in dem die 30 wichtigsten Werte enthalten sind, hat ins Minus gedreht und büsst nun 0,65 Prozent auf 1'623,04 Stellen ein. Der breite SPI verliert derweil 0,60 Prozent auf 12'848,91 Punkt. 25 der 30 SLI-Titel Einbussen.

Der Meinungsumschung an der Börse zeigt sich auch im Angstbarometer VSMI, das nun wieder leicht anzieht. Im frühen Handel hatte es sich noch zurückgebildet. Auch der Franken gewinnt wieder leicht an Wert, der Euro-Franken-Kurs bleibt jedoch nach wie vor oberhalb der 1,06er-Marke

Bei den Blue Chips erleiden die schwergewichtigen Novartis (-3,0%) die mit Abstand grössten Verluste. Hintergrund sind laut Analysten Sicherheitsbedenken beim kürzlich zugelassene Augenmittel Beovu, dem der Konzern selbst Blockbusterpotenzial zutraut. Im vergangenen Oktober hatte Novartis die US-Zulassung für das Mittel zur Behandlung der Augenkrankheit feuchte AMD erhalten. Vor gut einer Woche folgte dann die europäische Kommission und erteilte dem Mittel grünes Licht. AMD ist eine Erkrankung eines zentralen Teils der Netzhaut im hinteren Augenbereich. Sie führt zu einem Verlust des Sehvermögens.

Dahinter geben die beiden Grossbankenpapiere CS und UBS (je -1,8%) am stärksten nach; sie waren schon am Vortag um je rund 5 Prozent eingebrochen. Händler verweisen darauf, dass am Dienstag europaweit Bankenpapiere hinter anderen Sektoren zurückgeblieben seien. "Die Konjunkturrisiken durch das Virus treffen eben auch diese Branche", meinen Händler. Dies hätten in den letzten Wochen manche Investoren zuwenig berücksichtigt. Nebensächlich sei in diesem Zusammenhang, dass CS und UBS am Morgen von der Finma wegen ihrer Notfallpläne gelobt wurden.

Mit Swiss Life (-1,8%) und Julius Bär (-1,2%) sind auch weitere Finanzwerte bei den grössten Verlierern anzutreffen.

Dies trifft erneut auch auf Technologiepapiere zu. So haben sich Temenos (-1,5%), Logitech (-1,4%) und AMS (-1,0%) bei den grössten Verlierern eingereiht. Auch hier muss das Coronavirus und die Folgen für die internationale Nachfrage nach Technologie als Grund herhalten.

Keine Vorschusslorbeeren erhalten auch Alcon (-0,8%), die in der Nacht auf Mittwoch Zahlen vorlegen werden.

Auf der anderen Seite ziehen Partners Group (+0,4%) und Lonza (+0,2%) am stärken an. Relativ gefragt sich auch die beiden defensiven Schwergewichte Roche und Nestlé, die sich um 0,2 rsp. 0,1 Prozent verteuern.

Im gleichen Ausmass geht es mit Adecco aufwärts. Der Personaldienstleister wird am Mittwoch den Jahresabschluss 2019 vorlegen. Beim Wachstum gilt eine positive Überraschung als eher unwahrscheinlich, hingegen ist eine solche laut Analysten beim Thema Aktienrückkauf denkbar.

Am breiten Markt fallen Implenia (+4,6%) positiv auf. Der Baukonzern konnte laut Analysten zwar weniger mit seinem Jahresergebnis punkten, dafür aber umso mehr mit der Ausgliederung eines Teils seines Entwicklungsportfolios in eine neue Immobiliengesellschaft.

Klar im Plus nach Zahlen sind auch PSP (+1,3%) und die Genfer Kantonalbank (+1,0%). Hingegen büssen Arbonia, Meier Tobler, CPH und SIG nach der Zahlenpräsentation zwischen 0,5 und 1,1 Prozent ein.

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