Zürich (awp) - Auch am Donnerstag geht es an der Schweizer Aktienbörse abwärts. Der Leitindex SMI näherte sich im frühen Handel der Marke von 12'100 Punkten bis auf wenige Zähler, vermochte sich danach aber etwas zu stabilisieren. Laut Händlern gibt es mehrere Gründe für den seit Dienstag anhaltenden Abwärtstrend. Zu den Konjunktursorgen infolge von Corona und Ängsten, die US-Notenbank könne früher als erwartet ihre Geldpolitik straffen, kommen nun die Meldungen zum chinesischen Immogiganten Evergrande. Dieser soll sich in finanzieller Schieflage befinden, und ein Zusammenbruch könnte laut Experten Schockwellen für das chinesische Bankensystem auslösen.

Abgesehen davon warten die Investoren gespannt auf die Ergebnisse der heutigen EZB-Sitzung. Fachleute halten es für möglich, dass die EZB das Tempo ihrer monatlichen Anleihekäufe etwas zurücknimmt. Hintergrund ist die steigende Inflation und die solide Konjunkturerholung im Währungsraum. Im Frühjahr hatte die EZB das Kauftempo erhöht, um den damals steigenden Kapitalmarktzinsen entgegenzutreten. Eine grundsätzliche Entscheidung, wie es im nächsten Frühjahr mit dem Corona-Kaufprogramm Pepp weitergehen soll, wird jedoch noch nicht erwartet. Ein Grund dafür ist, dass die Meinungen zu diesem Thema in der EZB auseinandergehen.

Der SMI büsst bis 10.50 Uhr 0,59 Prozent auf 12'143,21 Punkte ein, wobei das Tagestief kurz nach Handelsbeginn bei 10'108,19 Zählern markiert wurde. Zur Erinnerung: Am Montag hatte der Leitindex noch über der Schwelle von 12'400 Zählern geschlossen. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Akten enthalten sind, verliert aktuell 0,61 Prozent auf 1979,48 und der umfassende SPI 0,46 Prozent auf 15'670,02 Stellen.

24 der 30-SLI-Papiere erleiden Verluste, davon drei mehr als 2 Prozent und weitere acht mehr als 1 Prozent.

Angeführt wird die Verliererliste von den beiden Luxusgütertiteln Swatch (-2,2%) und Richemont (-2,1%). Diese hatten sich am Vortag dem Abwärtstrend noch einigermassen entziehen können. Nun werden sie von den Evergrande-Ängsten belastet, weil China für die beiden Unternehmen ein Schlüsselmarkt ist.

Deutlich abwärts geht es dahinter mit Adecco (-2,1%), die damit erstmals seit Herbst vor einem Jahr unter die Marke von 50 Franken gefallen sind. Die Papiere des Personaldienstleisters werden seit Wochen nicht nur von Konjunktursorgen belastet, sondern auch von einer geplanten Grossakquisition, die vielen Investoren ein Dorn im Auge ist.

Unter Druck sind auch Finanzdienstleister, was ebenfalls mit Evergrande zu tun haben könnte. So büssen UBS und CS 1,7 und 1,1 Prozent ein.

Auch der Börsenliebling Partners Group (-1,9%), der mit einer Jahresperformance von rund 50 Prozent glänzen kann, zählt für einmal zu den grössten Verlierern. Manche Marktteilnehmer halten dies für eine durchaus gesunde Entwicklung. Sie setzten nämlich angesichts des guten Laufs des Papiere ein grosses Fragezeichen hinter die "anhaltende Preistreiberei" vieler Analysten.

Eine Belastung für den Gesamtmarkt sind auch die Einbussen beim Schwergewicht Novartis (-1,2%), die inzwischen eine negative Jahresperformance aufweisen. Dies im Gegensatz zum Konkurrenten Roche, der sich auch am heutigen mit Abgaben von nur 0,8 Prozent deutlich besser hält.

Bei den Versicherern sind Swiss Re (-0,4%) besonders im Fokus, weil derzeit das jährliche Rückversicherungstreffen "Rendez-Vous de Septembre" stattfindet. Die Preisgestaltung müsse die künftig erwartete höhere Schadenaktivität vorwegnehmen, forderte Swiss Re im Vorfeld.

Die kleine Gewinnerliste wird von Temenos (+0,9%) und Holcim (+0,5%) angeführt. Letztere waren in den letzten Tagen wegen der juristischen Auseinandersetzungen regelrecht unter die Räder geraten. Nun gibt es laut Händlern Unterstützung von den Analysten von Exane BNP, welche den Titel neu zum Kauf empfehlen.

Die weiteren Gewinner sind Nestlé, ABB, Straumann und Straumann mit Gewinnen zwischen 0,1 und 0,4 Prozent.

Am breiten Markt geben Emmi nach der Ankündigung des CEO-Wechsels Ende 2022 leicht nach (-0,5%). Hingegen ziehen Romande Energie (+2,8%) und SF Urban (+1,0%) nach Zahlen an.

Im Fokus sind ausserdem Dufry, die mit -2,9% zu den grössten Verlierern zählen. Hier belastet ein Analystenkommentar der UBS, der vor zu hohen Erwartungen beim Reisedetailhändler warnt.

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