Zürich (awp) - Der Wochenstart fällt am Schweizer Aktienmarkt zwar freundlich aus. Dem Leitindex SMI geht allerdings im Verlauf des Vormittags sichtlich die Puste aus. "Steigende Kurse im späten Freitagshandel an der Wall Street und eine von Russland ins Spiel gebrachte Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen mit der Ukraine stützen den Markt", kommentiert ein Händler. Als Stimmungsstütze sehen Händler auch die Tatsache, dass der breite US-Index S&P500 am vergangenen Freitag gerade noch vermeiden konnte, im Bärenmarkt zu schliessen. Aktuell zeichnet sich auch für den US-Markt auf Basis der Futures zwar eine freundliche Eröffnung ab, die Handelsbedingungen dürften aber unruhig bleiben, und die Gewinne könnten nur von kurzer Dauer sein.

Wie ein weiterer Händler ergänzt, wollen sich die Optimisten offenbar nicht einfach so geschlagen geben. "Für eine positive Kursreaktion spricht das zuletzt sehr schlechte Stimmungsbild an den Aktienmärkten." Es seien nur noch Moll-Töne zu hören gewesen und Untergangsszenarien wurden aufgezeigt. "Solche Phasen signalisieren oft eine sehr starke überverkaufte Situation an den Finanzmärkten." Und doch bleibe die Stimmung schlecht, die aktuellen Gewinne seien eine Gegenbewegung, mehr nicht. "Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann Investoren die wieder etwas höheren Kurse zum weiteren Abbau von Positionen nutzen", so ein weiterer Händler. Mit einer gewissen Erleichterung habe der Markt das deutsche Ifo-Geschäftsklima zur Kenntnis genommen, das sich überraschend weiter aufgehellt hat.

Der SMI gewinnt gegen 11.15 Uhr noch 0,37 Prozent hinzu auf 11'350,47 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, steigt um 0,49 Prozent auf 1769,16 und der breite SPI um 0,39 Prozent auf 14'587,52 Zähler. Von den 30 SLI-Werten ziehen 21 an und neun geben nach.

Grösste Gewinner sind die Anteilsscheine von Kühne+Nagel (+2,1%). Die britische Bank HSBC empfiehlt die Titel des Frachtkonzerns neu zum Kauf. Die Analysten bescheinigen dem Unternehmen die stärkste Eigenkapitalrendite (ROE) unter den grossen europäischen Logistikern.

Gefragt sind zudem weitere Zykliker wie VAT oder Adecco, die beide um mehr als ein Prozent zulegen. Auch Sika (+1,5%) sind unter den grössten Gewinnern zu finden.

Überwiegend im Plus notieren auch die Vertreter der Finanzbranche. UBS, Swiss Life, Partners Group, die CS, Julius Bär oder auch Zurich gewinnen um bis zu 1,5 Prozent hinzu. Die Branche rücke nach den jüngsten Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde in den Fokus. So dürfte die EZB auf eine erste Zinsanhebung seit vielen Jahren zusteuern. Ein Ende der Netto-Wertpapierkäufe sei "sehr früh" im dritten Quartal zu erwarten, schrieb Lagarde in einem Beitrag auf der Internetseite der Notenbank. Dies würde eine erste Zinsanhebung im Juli ermöglichen, so die Französin.

Dies rücke auch die SNB wieder in den Fokus der Investoren. Zuletzt hatte Thomas Jordan Spekulationen um die Nationalbank befeuert, als er erklärte, die SNB werde auf eine anhaltend hohe Inflation reagieren.

Als leicht stützend erweisen sich mittlerweile die beiden Pharma-Schwergewichte Novartis (+0,4%) und Roche (+0,3%), die mittlerweile in etwa mit dem Markt gewinnen. Im frühen Handel waren sie dem Gesamtmarkt noch hinterhergehinkt. Für Novartis hat Vontobel am Morgen das Kursziel erhöht, was stützt.

Nestlé (-0,1%) dagegen sind wieder in die Verlustzone abgerutscht. In der Vorwoche hatten Rezessionsängste die Aktien um annähernd 8 Prozent abrutschen lassen. Schwache Zahlen grosser US-Einzelhändler hatten Investoren stark verunsichert.

Erneut schwach sind auch die beiden Uhrenhersteller Richemont (-1,4%) und Swatch (-1,2%). Der Luxusgüterkonzern Richemont war am Freitag nach Jahreszahlen abgestürzt, da die Gewinnentwicklung die Erwartungen verfehlt hatte.

In den hinteren Reihen werden V-Zug verstärk aus den Depots entfernt, nachdem das Unternehmen eine Gewinnwarnung ausgegeben hat.

Dem stehen Aufschläge von 6 Prozent bei Idorsia gegenüber. Das Biotechunternehmen hat in einer Studie die gesteckten Ziele erreicht.

hr/rw