Zürich (awp) - Die Schweizer Börse hat eine von den Ängsten um das Coronavirus geprägte Börsenwoche am Freitag mit weiteren klaren Abgaben beschlossen. Nach einem Erholungsversuch am Vormittag fiel der SMI im Verlauf des Nachmittags mit negativen US-Börsen erneut tief ins Minus. Damit hat der Leitindex die Gewinne seit Anfang Jahr fast vollständig preisgegeben.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte am Donnerstagabend wegen des neuartigen Virus eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen. "Falls es zu einer ernsthaften Pandemie kommen sollte, wären die wirtschaftlichen Folgen sicherlich sehr einschneidend", kommentierte ein Marktanalyst am Freitag. Neue Konjunkturdaten trugen nicht zu einer Verbesserung der Stimmung an den Finanzmärkten bei. So zeigte die Eurozone zum Jahresende nur noch ein schwaches BIP-Wachstum, während in den USA im Dezember die Haushaltseinkommen kaum noch anstiegen.

Der Leitindex SMI sank am Freitag um 1,13 Prozent auf 10'627,88 Punkte. Auf Wochensicht ist der SMI damit um 2 Prozent gesunken, für den ganzen Januar resultiert noch ein Plus von gerade einmal 0,1 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Werte enthalten sind, fiel am Freitag um 1,15 Prozent auf 1'627,82 Zähler und der breite SPI um 0,97 Prozent auf 12'887,03 Zähler. Von den 30 SLI-Titel schlossen 29 im Minus, lediglich SGS legten leicht zu.

Die deutlichsten Abschläge im SMI/SLI erlitten die Aktien des Chipherstellers AMS (-4,2%). Laut Marktbeobachtern wurden die Titel für mögliche Unterbrechungen in der asiatischen Lieferkette von Grosskunden wie Apple abgestraft. Schwach zeigten sich auch die Titel des Herstellers von PC-Peripheriegeräten Logitech (-2,2%).

Deutlich abwärts ging es auch mit den Titeln der im chinesischen Markt exponierten Luxusgütergruppe Richemont (-2,0%), während die Aktien der Konkurrentin Swatch (-0,5%) nach dem starken Rückgang vom Vortag etwas weniger verloren. Die Swatch-Gruppe hatte am Donnerstag mit ihren Jahresergebnissen die Erwartungen am Markt enttäuscht.

Deutlich unter Druck standen auch Givaudan (-1,7%), die allerdings im bisherigen Jahresverlauf zu den besten SMI-Werten gehörten. Schwach zeigen sich ausserdem eine Reihe von Zyklikern wie LafargeHolcim (-1,4%) oder Schindler (-1,2%). Besser hielten sich Kühne+Nagel (-0,2%), nachdem die Titel des Logistikkonzerns am Vortag wegen Sorgen um die Folgen des Coronavirus auf den Welthandel noch stark nachgegeben hatten.

Belastet wurde der Markt auch von deutlichen Abgaben der SMI-Schwergewichte Nestlé und Novartis (beide -1,2%). Die Titel des dritten Schwergewichts Roche (-0,9%) drehten am Nachmittag ebenfalls ins Minus, nachdem sie sich am Vormittag dank der gut aufgenommenen Jahreszahlen vom Vortag noch fester gezeigt hatten.

Bei den Grossbankentiteln gaben die CS-Aktien (-1,7%) deutlich nach, während die Verluste bei UBS (-0,5%) etwas unter dem Gesamtmarkt lagen. Etwa moderatere Abgaben gab es für die Aktien des Vermögensverwalters Julius Bär (-0,8%), der am Montag seine Jahreszahlen vorlegen wird. Die Titel des Asset Managers Partners Group (-0,5%) wurden am Freitag von den Analysten von Jefferies zum Kauf empfohlen.

Am breiten Markt gaben Stadler Rail (-3,8%) deutlich nach. Der Ostschweizer Zughersteller blieb laut vorläufigen Jahreszahlen bei Umsatz und Betriebsgewinn hinter den eigenen Erwartungen zurück. Das Unternehmen begründete dies mit Investitionen in neue Produkte, höheren Kosten und den Entwicklungen der skandinavischen Währungen.

Klar tiefer schlossen etwa auch U-Blox (-3,8%). Der Thalwiler Chiphersteller dürfte auch ein "Opfer der Pandemie in China" sein, meinte ein Marktteilnehmer: Das Unternehmen erziele geschätzte 30 Prozent seines Jahresumsatzes mit dortigen Abnehmern. Unter Druck standen zudem die Aktien der Versandapotheke Zur Rose (-4,2%) nach dem Verkauf eines Aktienpakets durch einen Grossaktionär.

Mit klaren Abgaben gingen auch Orascom DH (-3,8%) aus der Handelswoche. Der Immobilienentwickler musste den Unfalltod seines CEO Khalid Buchara vermelden.

Zulegen konnten die Aktien des Westschweizer Komponentenherstellers LEM (+2,4%), der für das dritte Quartal seines verschobenen Geschäftsjahres einen Umsatz und einen Reingewinn über den Erwartungen auswies.

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