Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Dienstag etwas fester geschlossen. Am Vortag hatte der Stopp russischer Gaslieferungen für tiefrote Kurse rund um den Globus gesorgt. Nun seien Schnäppchenjäger unterwegs gewesen und die sinkenden Gas- und Ölpreise hätten für etwas Erleichterung gesorgt, sagten Händler. Wie nervös der Handel ist, zeigte ein zwischenzeitlicher Taucher ins Minus am Nachmittag. Denn jüngste überraschend positiv ausgefallene US-Konjunkturdaten schürten im späten Handel die Erwartung, dass die US-Notenbank bei den Leitzinserhöhungen noch Spielraum hat. Ein aggressiver Straffungskurs könnte die Wirtschaft in eine ausgeprägte Rezession treiben.

Derweil rückt der mit Spannung erwartete Zinstermin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag immer näher. Beobachter halten angesichts der rasanten Teuerung beim anstehenden Entscheid der Europäischen Zentralbank einen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte für möglich. Marktteilnehmer rechnen nun bis zur EZB-Entscheidung mit einem anhaltend nervösen Geschäft. Die Indizes könnten noch oft zwischen Gewinnen und Verlusten hin- und herpendeln, sagten Händler.

Der Swiss Market Index (SMI) schloss am Berichtstag 0,14 Prozent höher bei 10'834,18 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewann ebenfalls 0,14 Prozent auf 1651,19 und der breite SPI 0,06 Prozent auf 13'913,34 Zähler. IM SLI standen 17 Gewinner 13 Verlierern gegenüber.

Am Dienstag waren unter anderen Aktien gesucht, die in diesem Jahr bereits stark gebeutelt worden waren. Dazu zählten die Papiere des Softwareherstellers Temenos (+0,8%), des Personaldienstleisters Adecco (+1,0%), des Dentalunternehmens Straumann (+0,6%) sowie der Bauzulieferer Schindler (+1,0%), Geberit und Sika (je +0,4%).

ABB (+1,2%) profitierten laut Händlern nach einer Branchenstudie von Bernstein Research von Umschichtungen aus anderen Investitionsgüteraktien. Am (morgigen) Mittwoch werden die Aktionäre über die Abspaltung der Tochter Accelleron befinden. Holcim zogen an der SMI-Spitze gar um 1,9 Prozent an.

Bei den Banken machten Credit Suisse 0,1 Prozent gut, während Julius Bär 0,1 Prozent und UBS 0,3 Prozent einbüssten. Die genannten Valoren büssten dabei im Tagesverlauf ihrer frühen Gewinne wieder ein. Die Versicherer tendierten uneinheitlich: Während Swiss Re um 0,6 Prozent zulegten, büssten Zurich Insurance 0,3 Prozent ein.

Auf der Verliererseite büssten allen voran Kühne+Nagel 2,0 Prozent ein. Auch Gesundheitswerte wie Sonova (-1,3%), Novartis (-0,8%) und Lonza (-0,3%) wurden verkauft, dazu Techwerte wie VAT und AMS-Osram (je -1,1%).

Während Novartis verkauft wurden, zogen Roche um deutliche 1,4 Prozent an. Die Roche-Bons hätten in diesem Jahr deutlich schlechter als Novartis abgeschnitten, erklärten Marktbeobachter die "Nachholkäufe" am Berichtstag. Nestlé (-0,5%) konnten sich der für Defensive negativen Marktstimmung hingegen nicht entziehen.

Im breiten Markt kletterten die BKW-Papiere nach Halbjahreszahlen um 2,5 Prozent. Der Stromkonzern musste zwar einen Gewinnrückgang um zwei Drittel hinnehmen, hat operativ die Erwartungen aber übertroffen. Vor allem aber hat der nicht-kotierte Mitbewerber Axpo vom Bund eine milliardenschwere Kreditlinie erhalten. Dies gebe den Papieren eine "Too-big-to-fail"-Note, sagten Beobachter.

Dagegen reagierten die Aktien von Dufry (-3,7%) mit Abgaben auf Neuigkeiten vom Investorentag. Der Reisedetailhändler hat über die Übernahme des Konkurrenten Autogrill informiert und neue Ziele vorgestellt. Insgesamt seien die neuen Mittelfristziele bei den Anlegern durchgefallen, hiess es im Handel.

Mit den MCH-Aktien ging es um 5,5 Prozent nach unten. Die finanziell angeschlagene Messebetreiberin hatte am Morgen die Details der dringend benötigten Kapitalerhöhung genannt. 68 Millionen der angepeilten 80 Millionen Franken wurden bereits vom Kanton Basel und dem Grossaktionär James Murdoch versprochen.

Spexis sackten um fast 14 Prozent ab. Das aus dem "reverse takeover" der Firma Polyphor hervorgegangene Unternehmen kann seinen Betrieb mit den vorhandenen Barmitteln noch bis Januar 2023 finanzieren. Nun werde eine Vielzahl von Partnerschafts- und Finanzierungsoptionen geprüft.

ra/rw