Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag belastet von Zinssorgen über dem Tagestief deutlich tiefer geschlossen. "Den Anlegern sitzt der Schock des Sitzungsprotokolls der US-Notenbank im Nacken", sagte ein Händler. Den von den USA ausgehenden Ängsten vor einer noch rascher als erwartet eintretenden Zinswende habe sich der hiesige Markt nicht entziehen können. Als weitere negative Punkte nannten Börsianer ausserdem eine stärkere Stimmungseintrübung im US-Dienstleistungssektor und die hohe Inflation in Deutschland. Es müsse sich nun zeigen, ob die Zinssorgen den Höhenflug der Aktien beendeten oder ob in den nächsten Tagen nicht wie im Vorjahr nach jedem Kursrückgang wieder Schnäppchenjäger für eine Gegenbewegung sorgten, hiess es weiter.

Laut den Fed-Protokollen bereitet die hohe Inflation den Währungshütern weit mehr Kopfzerbrechen, als sie dies bisher eingestanden haben. "Das Protokoll offenbart, dass es unter den Währungshütern einen gewissen Konsens gibt, die Geldpolitik relativ zügig zu normalisieren." Doch es gab auch relativierende Stimmen: "Das Fed wirft stets auch einen Blick auf die Finanzmärkte und wird dies auch beim anstehenden Tapering tun", hiess es von dieser Seite. Es sei ein "inoffizielles Ziel" des Fed, mit der Geldpolitik keine allzu grossen Verwerfungen auszulösen. Dennoch könnten nun Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren als weniger attraktiv erscheinen, was die Beteiligungspapiere weiter belasten würde.

Der SMI schloss nach einem Tagestief von 12'728 Punkten um 0,88 Prozent tiefer bei 12'792,28 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 1,20 Prozent auf 2054,43 ein und der breite SPI 1,01 Prozent auf 16'300,02 Zähler. Im SLI verloren 22 Titel an Wert und 8 legten zu.

Die grössten Verluste bei den Standardwerten verbuchten Technologie- und Wachstumswerte. Dazu zählten AMS (-6,5%), Logitech (-5,4%) und Temenos (-2,6%) sowie Straumann (-3.2%) und Sonova (-2,3%). Auch am breiten Markt hatten es diese Titel schwer, wie die Abgaben bei VAT (-5,4%), Comet (-4,8%), Sensirion (-7,8%) und Medacta (-3,2%) zeigten. Sie folgten damit der US-Technologiebörse Nasdaq, die am Mittwoch um mehr als 3 Prozent eingebrochen war.

Aber auch andere Titel, die wie Wachstumswerte im Vorjahr teilweise stark gestiegen waren, kamen unter die Räder. So büssten Partners Group, Sika, Geberit und Richemont zwischen 4,6 und 2,6 Prozent an Kurswert ein.

Auch die Schwergewichte Nestlé (-0,2%) und Roche (-0,8%) konnten sich dem Negativtrend nicht entziehen. Roche waren bereits am Dienstag und Nestlé am Mittwoch unter Druck.

Novartis dagegen zogen um 0,6 Prozent an. Händler verwiesen darauf, dass Novartis den Aktienrückkauf über die 2. Linie an der SIX forciert habe.

Gesucht waren aber vor allem Finanzwerte. So standen die Banken Julius Bär (+1,1%), UBS (+1,1%) und Credit Suisse (+0,3%) sowie die Versicherer Swiss Re (+0,5%), Zurich (+0,2%) und Swiss Life (+0,1%) oben auf der Kurstafel. Die Aussicht auf höhere Zinsen sorgte für Nachfrage, hiess es. "In Zeiten steigender Zinsen ist man bei Finanzwerten gut aufgehoben. Auch Substanzwerte sind eine Überlegung wert", sagte ein Händler. Dabei kamen bei UBS noch positive Analystenkommentare als Kurstützend hinzu. Für die Experten von JPMorgan ist die UBS sogar die am stärksten aufgestellte Bank in Europa.

Am breiten Markt fielen Bossard (-6,2%) nach einer von UBS bestätigten Verkaufsempfehlung negativ auf. Die Pharmazulieferer Bachem (-1,53%), Dottikon (-3,6%) und Polypeptide (-3,2%) litten ebenfalls unter Gewinnmitnahmen. Erneut gesucht waren dafür Relief Therapeutics (+8,7%). Die "Zockertitel" waren am Vortag bereits um 37 Prozent gestiegen.

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