Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag seinen Aufwärtstrend des Vortages fortgesetzt. Rückenwind kam aus den USA, wo US-Konjunkturdaten positiv aufgenommen wurden und der Wall Street Auftrieb verliehen. Sowohl Umsatzzahlen aus dem Detailhandel als auch Produktionsdaten aus der Industrie fielen schwächer aus als die Erwartungen. Damit schürten sie Hoffnungen auf absehbare Zinssenkungen der US-Zentralbank, hiess es.

Abgesehen von einem knappen Rücksetzer am Dienstag nach den jüngsten US-Inflationsdaten ist der Schweizer Aktienmarkt auf Kurs zu einem Wochengewinn - dem ersten nach zwei Verlustwochen. "Die jüngsten Inflationsdaten in den USA haben die Aktienmärkte nur kurz belastet", kommentierte ein Händler. "Jeder erwartet einen Ausverkauf, aber dann passiert meistesns das Gegenteil", sagte ein anderer Börsianer. Allerdings sei der Handel harzig und die Volumen seien unterdurchschnittlich gewesen.

Der SMI schloss um 0,63 Prozent höher bei 11'284,18 Punkten und damit fast auf Tageshoch (11'292). Der 30 Titel umfassende SLI, bei dem die Index-Schwergewichte gekappt sind, legte um 0,69 Prozent auf 1833,33 Punkte zu, während der breite SPI um 0,59 Prozent auf 14'770,96 Zähler stieg. Von den SLI-Titeln zeigten 24 Kursgewinne und 6 Verluste.

An der Spitze der Blue Chips standen die zuletzt arg gebeutelten Aktien der Privatbank Julius Bär, die sich um 4,1 Prozent auf 49,30 Franken verteuerten. Schon am Vortag hatten sie mit ähnlich grossen Aufschlägen zu den gesuchtesten Titeln gehört. Sie näherten sich damit der charttechnisch wichtigen Marke von 50 Franken langsam wieder an.

Straumann stiegen um 2,5 Prozent, ohne dass fundamentale Nachrichten vorhanden waren. Dahinter legten die beiden Luxusgüterkonzerne Swatch (+1,7%) und Richemont (+1,6%) ebenfalls zu. Bei beiden Uhrentiteln machten Investoren nach einer zuletzt eher schwachen Entwicklung noch ein gewisses Erholungspotenzial aus. Richemont profitierten zudem von einem stützenden KeplerCheuvreux-Kommentar.

Auch die Versicherer fuhren Kursgewinne ein: Swiss Life kletterten um 1,3 Prozent, Swiss Re um 1,1 Prozent und Zurich um 1,0 Prozent. Der Rückversicherer veröffentlicht am (morgigen) Freitag seine Jahreszahlen für 2023. Analysten rechnen mit einem Gewinnsprung weit über die Marke von 3 Milliarden Dollar.

Auch Zykliker wie ABB, Logitech oder Sika zeigten Gewinne zwischen 1,0 und 1,2 Prozent. Schindler (PS +0,9%) wiederum knüpften an die gute Vortagestendenz an. Nachdem der Rolltreppen- und Liftspezialist am Vortag bereits nach der Zahlenvorlage gesucht war, sorgten nun zahlreiche wohlwollende Analystenkommentare und Kurszielerhöhungen für Unterstützung.

Nestlé (+1,3%) zogen den Leitindex SMI ebenfalls deutlich nach oben, während sich die anderen beiden Schwergewichte Roche GS (-0,1%) und Novartis (+0,2%) als leichte Bremsklötze erwiesen.

Lonza (-0,9%) bildeten das Schlusslicht unter den SLI-Titeln. Hier nahem Investoren Gewinne nach dem starken Kursplus des Vortages mit. Auch Givaudan, Sandoz und Lindt&Sprüngli PS (je -0,4%) standen auf den Verkaufslisten.

Die grösste Aufregung verursachten allerdings Temenos im breiten Markt. Die Titel des Bankensoftware-Spezialisten stürzten am Mittag jäh ab, nachdem der Shortseller Hindenburg Research in einem Bericht schwere Vorwürfe gegen das Genfer Unternehmen erhoben hatte. Darin ist unter anderem von Anzeichen von manipulierten Gewinnen und schwerwiegenden Unregelmässigkeiten in der Rechnungslegung die Rede. Hindenburg stützte sich dabei nach eigenen Angaben auf Gesprächen mit 25 ehemaligen Mitarbeitern von Temenos.

Der Verwaltungsrat von Temenos liess die Aktie kurz vor Börsenschluss vom Handel aussetzen und wies die Vorwürfe von Hindenburg grundsätzlich zurück: "Der Bericht enthält sachliche Ungenauigkeiten und analytische Fehler sowie falsche und irreführende Behauptungen, die darauf abzielen, den Aktienkurs der Gesellschaft negativ zu beeinflussen." Temenos sei im Vorfeld auch nicht um eine Stellungnahme zu dem Bericht gebeten worden.

Bei Börsenschluss ging die Temenos-Aktie mit einem Minus von 28,2 Prozent auf 63,54 Franken aus dem Handel. Im Tagestief war der Kurs mit 58,50 Franken gar unter die Marke von 60 Franken und damit auf den tiefsten Stand seit März 2023 gefallen.

jb/uh