Zürich (awp) - Auch am Mittwoch kann sich der Schweizer Aktienmarkt nicht stabilisieren. Dabei gäbe es heute laut einem Händler einige positive Signale: So notiert der Ölpreis wieder deutlich unter den Höchstkursen und auch die Zinsen am Kapitalmarkt sind etwas gesunken. Dennoch setzt der Leitindex SMI seine Talfahrt fort und markiert kurzzeitig gar ein neues Jahrestief. Schuld daran sind laut Händlern die zunehmenden Sorgen, dass die Notenbanken im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation die geldpolitischen Zügel zu stark straffen und damit einen konjunkturellen Abschwung auslösen könnten.

Daher steht auch am (heutigen) Mittwoch die Geldpolitik im Zentrum des Interesses. Fed-Chef Jerome Powell wird zur halbjährlichen Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats erwartet. Die Marktteilnehmer dürften wohl jedes Wort auf die Goldwaage legen und auf Hinweise auf die künftige Richtung der Geldpolitik analysieren. Die weltweit gehandelten US-Aktien-Futures signalisierten eine deutlich tiefere Eröffnung an der Wall Street. "Es scheint, als ob die Märkte die Angst vor einer intensiven Straffung der Geldpolitik und vor einer Rezession einfach nicht abschütteln könnten", sagt ein Händler. Laut dem Assetmanager Carmignac droht eine Gewinnrezession. Die Unternehmen könnten die Lohnerhöhungen nicht (ganz) kompensieren und dies drücke auf die Gewinne. Damit "stimmten" auch die Kursgewinnverhältnisse nicht mehr, was zu tieferen Bewertungen führen müsse, sagt auch ein Händler. Die bevorstehenden Halbjahresberichte dürften einen ersten Einblick dazu geben.

Der SMI kann sich nach einem frühen Kursrückgang bis auf das neue Jahrestief bei 10'350 Punkten wieder leicht erholen und notiert um 11.10 Uhr mit 10'405,65 Punkten noch um 0,71 Prozent tiefer. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt um 1,23 Prozent auf 1597,82 und der breite SPI um 0,78 Prozent auf 13'404,67 Zähler. 28 SLI-Werte geben nach und zwei legen zu.

Starke Einbussen verzeichnen zyklische und Technologiewerte wie VAT, AMS Osram, Temenos, Straumann, Kühne + Nagel, ABB und Holcim, denen die Zins- und Rezessionsängste zu schaffen machen, wie Kursabschläge zwischen 4,1 und 1,9 Prozent zeigen.

Auch die Bankaktien CS (-2,7%), UBS (-1,7%) und Julius Bär (-3,2%) leiden laut Händlern unter den Konjunktursorgen. "Eine konjunkturelle Abschwächung kann sich sehr negativ auf das Kreditbuch einer Bank auswirken", sagt ein Händler. Zudem drückten tiefere Börsenkurse auf die Gebühren und Kommissionen, heisst es weiter. Bei den Versicherern fallen Swiss Life um 1,6 Prozent. Zurich (-0,8%) und Swiss Re (-0,7%) sind ebenfalls schwächer.

Rohe (-0,2%) und Novartis (-0,4%) geben zwar ebenfalls nach. Doch das Minus hält sich in Grenzen. Den Rückstand von Novartis erklären Händler auch damit, dass ein US-Berufungsgericht hat in einem Patentrechtsstreit um das Multiple-Sklerose-Medikament Gilenya gegen den Pharmakonzern Novartis entschieden haben. Novartis will das Patent für das Gilenya-Dosierungsschema aber "energisch" verteidigen. Gilenya zählt zu den umsatzstärksten Medikamenten von Novartis.

Gegen unten fangen die zu höheren Kursen gehandelten Aktien des defensiven Schwergewichts Nestlé (+0,8%) den Markt etwas auf. Auch Swisscom (+0,4%) sind etwas fester.

Auf den hinteren Rängen geben Zur Rose (-8,0%) deutlich nach. Händler orten die Ursache der Kursschwäche bei der Credit Suisse, die die Abdeckung der Titel mit "Underperform" gestartet hat.

Auch Clariant (-4,9%) sind klar schwächer. Händler verweisen auf die europäischen Chemiewerte, die mehrheitlich ebenfalls satte Kursabschläge verzeichneten. Bei Interroll (-5,1%) sorgt eine Gewinnwarnung für starke Kursverluste.

Wisekey schnellen dagegen um 9,4 Prozent hoch. Der Cybersecurity-Anbieter ist im ersten Halbjahr vor allem im Halbleitergeschäft stark gewachsen.

pre/tv