Zürich (awp) - Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sorgt auch am Dienstag für ausgeprägte Schwankungen an den Finanzmärkten. Nachdem der Leitindex SMI zunächst Anstalten machte, die Erholung vom Wochenstart fortzusetzen und kurzzeitig auch die 12'000er Marke zurückeroberte, notiert er mittlerweile wieder klar im Minus. "Die Märkte kommen nicht zur Ruhe", heisst es von Händlerseite. Die Nervosität bleibe hoch und nur wenige Anleger seien bereit, sich inmitten der Unsicherheit über den weiteren Verlauf des Krieges in der Ukraine schon wieder verstärkt zu engagieren.

Ein Hauptaugenmerk der Anleger werde auf der drohenden Unterbrechung des Rohstoffflusses aus Russland liegen - sei es als Folge einer Militäraktion, westlicher Sanktionen oder der Bemühungen Russlands, die Länder zu bestrafen, die die Ukraine unterstützten, erklärt ein Marktteilnehmer. Hinzu kämen die steigenden Energiepreise. "Steigende Energie- und Rohstoffpreise üben weiteren Aufwärtsdruck auf die weltweite Inflation aus und bringen die Zentralbanken in eine schwierige Lage, ihre Politik nach der Covid-19-Pandemie neu zu justieren", meinte ein Händler.

Der SMI verliert gegen 11.10 Uhr 1,39 Prozent auf 11'820,34 Punkte und notiert damit auf Tagestief. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt um 1,60 Prozent auf 1870,67 und der breite SPI um 1,38 Prozent auf 14'961,90 Zähler. Im SLI geben alle bis auf Swiss Life und Swisscom nach.

Wie sehr Investoren aktuell nach sicheren Häfen suchen, zeigt vor allem ein Blick auf den Devisenmarkt. Dort wertet der Franken immer weiter auf. So notiert das Euro/Franken-Paar mittlerweile um 1,024 und damit auf Jahrestief. Auch das Dollar-Franken-Paar notiert mit 0,915 auf Tagestief.

Von den beiden positiven Ausreissern haben Swiss Life (+1,0%) am Morgen Zahlen vorgelegt, die überzeugen. Der Konzern hat den Gewinn deutlich gesteigert und konnte die im dreijährigen Strategieprogramm bis Ende 2021 gesetzten Ziele zumeist übertreffen. Den Aktionären schlägt der Verwaltungsrat ausserdem eine üppige Dividendenerhöhung vor, was Investoren besonders goutieren.

Am Index-Ende sind unterdessen erneut Vertreter der Finanzbranche zu finden. So sacken die Papiere der von Partners Group um 3,5 Prozent ab. CS, Swiss Re, Julius Bär und UBS folgen mit Verlusten zwischen 2,8 und 2,0 Prozent. Bereits am Montag hatten sie zu den grössten Verlierern gezählt. Auslöser ist unter anderem der Ausschluss russischer Banken aus dem Zahlungssystem Swift, der nicht ohne wirtschaftliche Folgen für den europäischen Bankensektor bleiben dürfte.

Aber auch Technologiewerte wie Temenos, Logitech und AMS Osram zählen am Vormittag zu den grossen Verlierern, wie die Kursverluste zwischen 3,3 und 2,4 Prozent zeigen. Die ohnehin angespannten Lieferketten könnten durch die Sanktionen noch weiter unter Druck geraten. Zudem ist Russland nicht nur ein grosser Exporteur von Rohstoffen wie Öl, Gas und Getreide. Das Land verfügt auch über wichtige Metalle, die etwa in der Chipindustrie zum Einsatz kommen.

Darüber hinaus reduzieren Investoren ihr Engagement in zyklischen Werten wie Richemont (-2,7%), ABB (-2,1%) oder auch Schindler (-1,9%). Etwas Unterstützung liefern die Schwergewicht Nestlé (-0,2%) und Novartis (-0,4%), während Roche (-1,8%) mit dem Markt fallen.

Das eigentliche Nachrichtenaufkommen findet aber in den hinteren Reihen statt. So können SIG Combibloc (+2,8%), Intershop (+1,3%), Bellevue und Implenia (beide +0,3%) nach Zahlen zulegen, wobei etwa Implenia zunächst noch deutlich stärker gestiegen waren, mit dem Markt generell dann aber Schubkraft verloren haben.

Gar ins Minus gedreht sind im Handelsverlauf Arbonia (-2,0%) und Feintool (-4,0%). Derweil haben Gurit nach enttäuschenden Ergebnissen ihre deutlichen Auftaktverluste auf aktuell 3,6 Prozent eingedämmt.

Die Zahlenflut aus den hinteren Reihen hält auch in den kommenden Tagen weiter an. So legen alleine in dieser Woche 30 Vertreter aus dem breiten Markt Zahlen vor.

hr/uh