Zürich (awp) - Die Nervosität hat an den Finanzmärkten wieder Oberhand gewonnen. Nach einem zunächst verhaltenen Start ist der SMI mittlerweile klar auf Verlustkurs eingeschwenkt. Vor allem Bankaktien kommen erneut unter die Räder - insbesondere die angeschlagene CS, die erneut Rekordtiefs markiert. Die Kursgewinne vom Vortag entpuppen sich laut Marktteilnehmern als kurzfristiges Strohfeuer. Weder die Zins- noch die Inflationssorgen seien wirklich gebannt. Und auch die Bankenkrise drohe sich als weniger kurzweilig zu entpuppen als viele gehofft hatten.

Vielmehr seien die Marktteilnehmer in den letzten beiden Handelstagen mit Blick auf die Zinsspekulationen über das Ziel hinausgeschossen, kommentiert Händler Andreas Lipkow. "Die Marktstimmung bleibt schlicht fragil, da die Anleger Schwierigkeiten haben, die Inflations- und Währungssituation einzuschätzen, insbesondere nachdem der Zusammenbruch der SVB Befürchtungen über ein systemisches Risiko aufgrund höherer Kreditkosten ausgelöst hat", ergänzt ein weiterer Experte. Auch werde den Marktteilnehmern einmal mehr klar, dass die Notenbanken noch einen längeren Weg bei der Inflationsbekämpfung vor sich haben. Das drücke auf die Aktienmärkte und erhöhe das Risikoempfinden bei den Investoren.

Der SMI rutscht gegen 11.10 Uhr um 1,47 Prozent auf 10'558,81 Punkte ab. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, sinkt um 2,07 Prozent auf 1666,49 Zähler und der breite SPI um 1,39 Prozent auf 13'757,91 Zähler. Im SLI stehen 27 Verlierern drei Gewinner gegenüber.

Laut Chartisten sei es wichtig, das jüngste Verlaufstief im SMI bei 10'538 Punkten nicht zu unterschreiten. Ansonsten bestehe weiteres Korrekturpotenzial bis zum Juni-Tief bei 10'350 Punkten.

Am Markt sei die Unsicherheit über den Bankensektor mit aller Wucht zurück, heisst es im Handel. Auch europaweit geben die Kurse verstärkt nach - sowohl der Banken als auch der Gesamtmärkte. So sacken auch der deutsche DAX und der französische CAC40 aktuell um mehr als 2 Prozent ab.

Hierzulande trifft dies einmal mehr die Aktien der Credit Suisse, die mit prozentual zweistelligen Abgaben aktuell 1,897 Franken kosten. So wenig haben sie noch nie zuvor gekostet.

Bei der Grossbank sorgen Aussagen von Saudi-Grossaktionär für verstärkten Verkaufsdruck. Der Präsident der grössten CS-Aktionärin, der Saudi National Bank (SNB), schloss gegenüber Bloomberg-TV weitere Finanzhilfen an die angeschlagene Schweizer Grossbank aus.

"Im Credit Suisse-Titel entstand eine Verkaufspanik, welche über Banken hinaus die Marktteilnehmer verunsicherte und Positionssenkungen auslöste", fasst ein Händler die aktuelle Bewegung in dem Sektor zusammen. Investoren trennen sich auch in diesem Umfeld auch von den Aktien anderer Finanzwerte. UBS und Julius Bär geben um bis zu 5,9 Prozent nach, Partners Group um 4,5 Prozent. Versicherer wie Swiss Life, Swiss Re und Zurich geben um bis zu 3,5 Prozent ab.

In den hinteren Reihen trennen sich die Anleger ebenfalls von Finanz-Titeln. Vontobel, EFG, GAM und Swissquote verlieren zwischen 0,9 und 5,6 Prozent.

Wie schon zuvor kippen Anleger auch die Anteilscheine vom Bankensoftware-Spezialisten Temenos (-4,3%) in dieser Gemengelage wieder stärker aus den Depots. Probleme in der Bankenbranche dürften auch deren Investitionsbereitschaft in neue Technologien beeinträchtigen, so die Argumentation.

Auch andere Wachstumswerte und Zykliker haben einen schweren Stand. Adecco, Straumann und AMS Osram verbilligen sich allesamt um mehr als 3 Prozent.

Ohne die Kursgewinne von Roche (+0,1%) und Novartis (+0,2%) sähe die aktuelle Kursbilanz für den SMI noch viel schlechter aus. Anleger retten sich regelrecht in die beiden defensiven Titel. Auch Nestlé (-0,6%) halten sich etwas besser als der Gesamtmarkt.

In den hinteren Reihen sacken die Aktien von Biotech-Unternehmen Kuros um 17 Prozent ab. Stadler Rail (-8,0%) und V-Zug (-3,4%) werden - ebenfalls nach Zahlen - gemieden. Dagegen werden APG SGA und Fundamenta nach Zahlen mit Kursgewinnen von bis zu 3,0 Prozent nach Zahlen gesucht.

hr/ra