Zürich (awp) - Trotz neuer Kursrekorde sieht die Bank Julius Bär die langfristige Hausse des Schweizer Aktienmarktes nicht am Ende, sondern am Anfang. Der Markt sei vergleichsweise günstig bewertet, heisst es im Finanzmarktausblick 2022 des Instituts.

"Wir erwarten ein gutes, solides Jahr", sagte Christian Gattiker, Head of Research, bei der Präsentation des Finanzmarktausblicks am Mittwoch. Für das kommende Jahr erwartet der Vermögensverwalter für den Leitindex SMI ein Plus von rund zehn Prozent.

Für den SMI spricht laut Gattiker seine relativ günstige Bewertung. Derzeit betrage das Kursgewinnverhältnis (KGV) 17,5 mal. Der langjährige Durchschnitt betrage 16,5 mal. Zudem schütteten die SMI-Unternehmen grossmehrheitlich stabile Dividenden aus. Derzeit betrage die Dividendenrendite 2,6 Prozent. Dies sei im Vergleich zu Obligationen, vor allem den negativ rentierenden Eidgenossen, sehr attraktiv.

Im Vergleich zu Europa und den USA biete der Schweizer Aktienmarkt ein eher stabiles Gewinnwachstum. Die Gewinnerwartungen für 2022 seien moderat. "Das birgt Potenzial für positive Überraschungen", sagte Gattiker.

Drei Favoriten

Die Bank Bär sieht Kurspotenzial bei den Wachstumsbranchen, etwa der Pharmaindustrie, aber auch im Nahrungsmittelberiech. Dagegen sollten Anleger bei zyklischen Branchen, vor allem mit Energiebezug, vorsichtig sein.

Als Topfavoriten der Bank nennt Philipp Lienhardt, der Chef des Aktienresearch, die drei Aktien Stadler Rail, Lonza und Swiss Life.

Der Zughersteller Stadler Rail profitiere von strukturellen Wachstumstreibern wie etwa dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit - Stichwort Grüne Mobilität -, staatlichen Förderprogrammen und der Urbanisierung. Zudem verfüge Stadler Rail über einen rekordhohen Auftragsbestand, der ein mehrjähriges Umsatzwachstum ermögliche.

Für Lonza spricht laut Lienhardt die führende Stellung als Pharmaauftragsfertiger und dessen hohe Auslastung. Lonza stehe nicht wegen der neuen Coronavirusvariante Omikron auf der Empfehlungsliste. "MRNA-Impfstoffe machen lediglich 4 Prozent des Umsatzes aus", sagt Lienhardt. Den grössten Teil des Umsatzes erziele Lonza mit Biopharmazeutika.

Swiss Life erwirtschafte trotz Tiefzinsumfeld stabile Margen. Und wenn die Zinsen steigen würden, würde dies noch zusätzlich einschenken, weil höhere Zinsen positiv für Versicherer sind.

Allerdings erwarten die Julius Bär-Experten noch keinen Zinsanstieg in der Schweiz im kommenden Jahr. Erst 2023 könnte die Rendite des zehnjährigen Eidgenossen, die derzeit bei -0,2 Prozent liegt, auf +0,3 Prozent steigen. Beim Währungspaar Euro/Franken erwarten die Experten einen leichten Anstieg auf 1,06 Franken in 12 Monaten. Derzeit kostet ein Euro gut 1,04 Franken.

Langfristig goldene Zeiten für SMI

In den vergangenen 21 Jahren hätten sich Anleger mit einer Rendite von 2 bis 3 Prozent jährlich zufrieden geben müssen. "Das entsprach in etwa der Dividende, die die SMI-Unternehmen ausschütten." Dagegen habe sich der US-amerikanische S&P 500 Index seit seinem Ausbruch im Jahr 2013 fast verdreifacht. Doch nun sei der SMI nach oben ausgebrochen. "Die langfristige Hausse des Schweizer Aktienmarktes steht erst am Anfang", sagte Gattiker.

pre/rw