Zürich (awp) - Die Aktienmärkte waren am frühen Donnerstagnachmittag phasenweise im freien Fall. Der jüngste Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) bzw. die kommunizierten Massnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft haben die Märkte in keiner Weise beruhigt.

Im Gegenteil: Der SMI und auch andere wichtige Börsenindizes haben ihre Talfahrt nach 14 Uhr in dramatischer Weise beschleunigt. Der SMI zum Beispiel brauchte für den Fall von 8400 bis unter 8300 Punkte ziemlich genau 5 Minuten. Aktuell hat sich das wichtigste Schweizer Aktienbarometer wieder etwas gelöst von den Tiefstständen.

Um 15 Uhr notiert der SMI mit einem Minus von 8,46 Prozent auf 8'377,80 Punkten und damit 120 Punkte über dem Tagestief. Vom Höchststand vor 3 Wochen bis zum aktuellen Jahrestief (8254) hat der SMI damit knapp 27 Prozent eingebüsst. Das Tempo des Abschwungs sei erschreckend, heisst es denn auch im Markt.

Die grössten Verlierer im SMI sind aktuell CS (-12,7%), Swiss Life (-12,4%) und Swiss Re (-11,5%); am besten halten sich noch Swisscom (-5,6%), Nestlé (-6,4%) und Roche (-7,5%).

Andere Aktienmärkte fallen im ähnlicher Grössenordnung: Beim deutschen Dax, dem britischen FTSE 100 und dem französischen CAC 40 sind es zwischen 9 und 10 Prozent. Der Dow Jones notiert derweil eine gute halbe Stunde nach Eröffnung 8 Prozent tiefer.

EZB tastet Zinsen nicht an

Konkret hat die EZB ein umfassendes Massnahmenpaket gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise bekannt gegeben, liess aber die Zinsen unverändert. Unter anderem soll es neue Notkredite für Banken und höhere Anleihenkäufe geben, wie die Zentralbank am Donnerstag mitteilte. Sie wird ausserdem bis Jahresende ihre monatlichen Anleihekäufe um 120 Milliarden Euro erhöhen.

Das Paket wurde in ersten Reaktionen unterschiedlich beurteilt. "Es ist richtig, dass die EZB mehr Unternehmensanleihen kaufen wird", meinte etwa die VP Bank. Das habe tatsächlich einen direkten positiven Einfluss auf die Unternehmensfinanzierung. Die EZB setze mit höheren Käufen von Unternehmensanleihen also an der richtigen Stelle an.

Ein anderer Marktteilnehmer meinte: "Das Paket war kleiner als gedacht, daher hat der Markt enttäuscht reagiert." Allerdings ist den meisten auch klar, dass die EZB die Welt nicht im Alleingang retten kann. Es bedürfe jetzt vor allem aber auch der tatkräftigen Unterstützung der Regierungen, so die VP Bank weiter.

Das EUR/CHF-Währungspaar hat derweil nach dem EZB-Entscheid kurzfristig leicht zugelegt, notiert aktuell mit 1,0549 aber weiter deutlich unter der Marke von 1,06. Ob es daraus Handelsbedarf für die SNB gibt, muss sich noch zeigen. Die Nationalbank wollte zu den Massnahmen der EZB nichts sagen. "Wir kommentieren die Entscheide anderer Zentralbanken grundsätzlich nicht", sagte eine Sprecherin auf Anfrage von AWP.

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