Zürich (awp) - An der Schweizer Börse herrscht am Dienstag nach dem langen Pfingstwochenende gute Stimmung. Die Anleger gingen in der Erwartung, dass sich die Konjunktur dank der zunehmenden Lockerungen der Pandemie-Massnahmen rascher als erwartet erholen könnte, grössere Risiken ein, heisst es am Markt. Dagegen würden die Risikofaktoren wie die politischen Spannungen zwischen den USA und China oder auch die Unruhen in vielen US-Städten, die nach dem Tod von George Floyd ausgebrochen sind, einfach ausgeblendet.

Vielmehr erwarten viele Anleger weiter steigende Kurse. "Die Marke von 10'000 Punkten im SMI ist nur noch eine Frage der Zeit", sagte ein Händler. Die Schweizer Börse habe kursmässig ja noch etwas aufzuholen, da sie am gestrigen Pfingstmontag geschlossen war. Dabei komme es wie so oft in jüngster Zeit zu ausgeprägten Sektorrotationen, wovon Finanzwerte und Zykliker profitierten, während defensive Werte vernachlässigt würden. Doch eine Einbahnstrasse sei die Börse nicht, warnt ein anderer Händler. Im Laufe der Woche könnte wieder Ernüchterung der Euphorie Platz machen, wenn etwa die Reihe von US-Arbeitsmarktdaten oder die Ergebnisse der Beratungen der Europäischen Zentralbank die Marktteilnehmer enttäuschen würden.

Der SMI steigt um 11.25 Uhr um 1,11 Prozent auf 9'940,75 Punkte. Am Freitag hatte der Leitindex 0,95 Prozent verloren, über die Woche aber 1,5 Prozent zugelegt. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewinnt 1,44 Prozent auf 1'481,77 und der breite SPI 0,76 Prozent auf 12'339,63 Zähler. 19 der 30 SLI-Titel legen zu und 11 geben nach.

Gesucht sind zyklische Werte wie die des Sensorenherstellers Ams (+7,4%) oder des Bauchemiekonzerns Sika (+5,7%). Clariant (+4,5%) und ABB (+4,1%) sind ebenfalls gefragt. Ihnen dürfte laut Händlern zusätzlich helfen, dass sich Goldman Sachs positiv für die Sektoren Öl und Gas und eher negativ für Nahrungsmittel- und Getränke ausgesprochen habe, sagt ein Händler. Damit werde die Sektorrotation noch verstärkt. Clariant wird laut Händler von einer ermutigenden Rückmeldung von einer Investorenkonferenz der UBS unterstützt.

Die Luxusgüterhersteller Richemont (+4,7%) und Swatch (+2,9%) profitierten wohl davon, dass US-Präsident Donald Trump kein weiteres Öl ins Feuer der Spannungen mit China gegossen habe, heisst es. Zur Spitzengruppe zählen auch und die Finanztitel Credit Suisse (+5,0%), UBS (+4,1%) und Swiss Re (+3,9%).

Auf der anderen Seite stehen neben Alcon (-3,9%), die als krisensicher geltenden Sonova (-1,8%), Swisscom (-0,6%) und Givaudan (-0,4%). Aber auch Nestlé (-0,2%), Novartis (-0,02%) und Roche (+0,02) kommen nicht vom Fleck. Ihnen macht die Sektorrotation stark zu schaffen.

Die Roche-Tochter Genentech hat von der Arzneimittelbehörde FDA die Zulassung für Tecentriq in Kombination mit Avastin für die Behandlung von Leberkrebs erhalten.

Am breiten Markt steigen Burckhardt Compression 6,2 Prozent. Der Kompressorenhersteller hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20 zwar wegen der Corona-Pandemie beim Auftragseingang einen Rückschlag erlitten, aber die Erwartungen in Sachen Profitabilität übertroffen. Dennoch will das Unternehmen im laufenden Jahr mehr Umsatz machen.

Dem Energiespeicherhersteller Leclanché verhilft eine Finanzspritze von der aus Polen operierenden Eneris Group zu einem Kurssprung um fast die Hälfte.

Deckungskäufe schieben die Aktien von Dufry (+10%) kräftig an. Die Papiere des Reisedetailhändlers sind aus dem MSCI Switzerland Index rausgefallen. Anleger, die daher gegen Aktie gewettet hätten, stellten nun ihre Baisseposition wieder glatt, sagte ein Händler zum Kursplus.

Umgekehrt verhalte es sich bei den Papieren der Banque Cantonale Vaudoise (-4,5%). Sie wurden in den MSCI Index aufgenommen und würden nun nach dem Motto verkauft "Buy the rumor, sell the fact".

pre/uh