NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Die Ölpreise sind am Mittwoch deutlich gestiegen. Am Markt wurde die Entwicklung mit dem sich abzeichnenden EU-Embargo auf russische Öllieferungen begründet. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 108,22 US-Dollar. Das waren 3,25 Dollar mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 3,43 Dollar auf 105,88 Dollar.

Auftrieb erhielten die Ölpreise durch die Aussicht auf ein EU-Embargo für russisches Rohöl. Die EU-Kommission hat am Mittwoch den Entwurf eines Sanktionspakets vorgestellt, das die weitgehende Einstellung der russischen Öllieferungen in die EU bis Anfang nächsten Jahres vorsieht. Der Vorschlag beinhaltet eine Ausnahmeregelung für Ungarn und die Slowakei, zwei Mitgliedsländer, die in hohem Maße von russischen Ölimporten abhängig sind. Auch Tschechien hat Vorbehalte gegen den Vorschlag der EU-Kommission angemeldet, der einstimmig beschlossen werden muss.

Sicher ist die Zustimmung noch nicht. Ungarn lehnt den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission für in seiner gegenwärtigen Form ab. "Dieses Sanktionspaket würde die Energieversorgung Ungarns völlig unmöglich machen", erklärte Außenminister Peter Szijjarto in einem Video auf seiner Facebook-Seite. Sein Land verlange deshalb, dass russische Erdöl-Importe, die über Pipelines erfolgen, von den Sanktionen grundsätzlich ausgenommen werden.

Die in den USA überraschend gestiegenen Lagerbestände an Rohöl belasteten die Ölpreise in diesem Umfeld nicht. Die Vorräte kletterten laut Energieministerium im Vergleich zur Vorwoche um 1,3 Millionen Barrel auf 415,7 Millionen Barrel. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang um 0,6 Millionen Barrel gerechnet. Die Bestände an Benzin und Destillaten sind hingegen gesunken.

Im Tagesverlauf dürfte am Ölmarkt zunehmend die Geldpolitik der US-Notenbank Fed in den Blick rücken. Es wird erwartet, dass die Fed ihre im März begonnene Zinswende mit einer großen Anhebung um 0,5 Prozentpunkte fortsetzt. Es wäre die deutlichste Zinsstraffung seit mehr als zwei Jahrzehnten. Hintergrund der raschen geldpolitischen Straffung in der größten Volkswirtschaft der Welt ist die ausgeprägte Inflation, die gegenwärtig auf dem höchsten Stand seit gut 40 Jahren liegt. Ein Grund dafür sind hohe Energiepreise./jsl/he