Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Konsolidierung an den europäischen Aktienmärkten wird sich in der kommenden Woche voraussichtlich ausweiten. Nachdem der DAX am Donnerstag bis auf 4 Prozent an sein Allzeithoch herangekommen war, dürfte die Luft nun deutlich dünner werden. Die befürchtete Gasmangellage verbunden mit einer tiefen Rezession gilt am Markt als ausgepreist, ein Zinsdeckel mit Zinssenkungen in den USA bereits zum Jahresende als eingepreist. Zwar verweist die Commerzbank darauf, dass die Berichtssaison deutlich besser verläuft als erwartet. "Die bisherigen Ergebnisse sollten den Aktienmarkt weiter stützen", so Commerzbank-Anlagestratege Markus Wallner.

Andere Marktteilnehmer meinen aber, dass die bisherigen Ergebnisse mit den teils sehr positiven Kursreaktionen ebenfalls bereits eingepreist sind. Damit würde das Kurspotenzial des DAX mit positiven Überraschungen nun deutlich abnehmen: Zwar hat bisher nur etwa die Hälfte der DAX-Unternehmen ihre Ergebnisse auf den Tisch gelegt, darunter aber mit Linde, SAP und Siemens die 3 Titel mit dem größten Index-Gewicht und damit dem größten Potenzial für das Auslösen stärkerer Bewegungen im DAX.

Aus technischer Sicht sind die Aufwärtstrends zwar intakt, nach 1.800 Punkten Plus zeigt aber zumindest der Trend der Jahresanfangsrally erste Ermüdungserscheinungen, wie es von den technischen Analysten bei HSBC Trinkaus heißt. Damit könnte der DAX das letzte verbliebene Gap schließen, also die Lücke im Chart zwischen 15.264 und 15.222 Punkten. Der DAX gilt bei technischen Analysen als Gap-Schließer.


   Do not fight the Fed - gilt auch dieses Mal das Motto? 

Das Highlight der kommenden Woche bieten die neuen US-Inflationsdaten. Im Monatsvergleich soll der Anstieg im Januar bei 0,5 Prozent gelegen haben, in der Kernrate bei 0,4 Prozent. Die Commerzbank geht von jeweils 0,1 Prozentpunkten weniger aus. Die jeweiligen Jahresraten würden dann von 6,5 Prozent auf 6,2 Prozent und von 5,7 auf 5,4 Prozent (Kernrate) sinken. Vom Zielkorridor wären die Inflationsraten aber auch dann noch weit entfernt. Zudem gibt es viele Unsicherheiten: "Sollten die Daten zeigen, dass der anhaltende Mangel an Arbeitskräften zumindest den unterliegenden Preisauftrieb anschiebt, dürfte es den Fed-Falken leicht fallen, den Markt auf ihre Seite zu ziehen", sagt Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Sie betont allerdings ausdrücklich, dass das nicht das Basisszenario des Hauses sei.

Man kann es aber wenden wie man will, die straffere Geldpolitik zeigt Wirkung. Sentix-Analyst Manfred Hübner verweist darauf, dass die Geldmenge M2 in den USA bereits schrumpft, die Liquiditätsbedingungen also schon schlechter werden. Ähnliches erwartet Hübner für die Eurozone. Sentix ist in seinen Fonds in Aktien so auch eher zurückhaltend positioniert.

Neben der US-Inflationsrate am Dienstag stehen vor allem die US-Einzelhandelsumsätze am Mittwoch im Blick. Hier wird ein Plus von 2 Prozent erwartet nach einem Rückgang um 1,1 Prozent im Dezember. Am Donnerstag wird dann der Konjunkturindex der Notenbankfiliale in Philadelphia veröffentlicht, der so genannte Philly-Fed. Bei der Berichtssaison stehen unter anderem die Zahlen der Allianz und von Mercedes-Benz im Blick: Beide dürften am kommenden Freitag veröffentlicht werden.

Und am Freitagabend benennt die Index-Tochter der Deutschen Börse Qontigo die Nachfolger für Linde in den Indizes. Linde werden wegen des Wechsels der Aktien an die New Yorker Börse zum 27. Februar aus den Indizes der DAX-Familie und den europäischen Stoxx-Inidzes fliegen. Aller Voraussicht nach werden Commerzbank in den DAX nachrücken, Unicredit in den Euro-Stoxx-50 und Safran in den Stoxx-50. Für den Platz der Commerzbank im MDAX wird Nordex favorisiert, für den Platz von Nordex im SDAX die Deutsche Beteiligungs AG.

DJG/hru/err

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February 10, 2023 06:01 ET (11:01 GMT)