Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--An den europäischen Aktienmärkten gehen die Eröffnungsgewinne bis zum Mittag wieder verloren. Die großen Indizes drehen ins Minus: Der DAX verliert 0,4 Prozent auf 12.464 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,4 Prozent auf 3.433 Punkte nach. "Die Short-Deckungen sind abgeschlossen", so ein Händler mit Blick auf die starken Rally-Gewinne vom Montag und Dienstag, als sich der DAX um etwa 900 Punkte vom Vorwochentief gelöst hatte. Da habe der DAX von terminmarktorientierten Käufen profitierten, also von Käufen derjenigen, die zuvor auf fallende Kurse gesetzt hätten. Nun fehlten die Anschlusskäufe.

"Ein Problem ist, dass sich auch die Besserung im Umfeld zum Teil als nicht nachhaltig herausgestellt hat", so der Marktteilnehmer. Mit Sorge blicken Händler zudem auf die Inflation in den Niederlanden. Sie sprang im September auf 14,5 Prozent nach 12,0 Prozent im Vormonat. Auch hier sind es vor allem die Energiepreise, die die Daten nach oben ziehen. "Das könnte als böses Omen für Deutschland gesehen werden, weil es die Hoffnung auf einen Inflations-Peak zunichte macht", so ein Händler.

Und auch von den deutschen Auftragseingängen kommt Gegenwind, sie haben sich im August schwächer entwickelt als erwartet, was vor allem an fehlenden Großaufträgen lag. Über kurz oder lang wird nach Einschätzung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, unter einem schwachen Auftragseingang auch die Produktion und damit die Beschäftigung leiden. Die exportorientierte deutsche Industrie bekomme derzeit zu spüren, dass es um die Weltwirtschaft nicht gut bestellt sei.


   Europas Berichtssaison dürfte robustes Gewinnwachstum liefern 

Die Stoxx-600-Unternehmen dürften laut Analysten in der anstehenden Berichtssaison allerdings einen Gewinn- und Umsatzsprung von knapp 32 beziehungsweise 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausweisen, schreibt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Zurückzuführen sei dies in erster Linie auf Versorger sowie auf Öl- und Gasunternehmen, die ihre Gewinne um 195 beziehungsweise um 156 Prozent ausgeweitet haben dürften. Mit Ausnahme der Hersteller von Grundstoffen mit minus 16 Prozent dürften aber auch die anderen Sektoren ein robustes Profitwachstum von zwei bis 39 Prozent verzeichnet haben.

Zusätzlichen Rückenwind erhielten die Gewinne vom schwachen Euro sowie von der hohen Inflation. Aktuelle Schätzungen deuteten auf eine ebenfalls hohe Gewinndynamik im vierten Quartal hin, ehe diese dann im Jahr 2023 zum Stillstand kommen soll. Die Annahme stagnierender Gewinne im Jahr 2023 könnte sich nach Aussage von Stephan allerdings als zu optimistisch erweisen. Überdurchschnittlich viele Unternehmen könnten die für 2023 gesteckten Ziele wegen der sich abkühlenden Weltkonjunktur kappen, was Gewinnrevisionen nach sich ziehen würde. Zwar dürfte der Stoxx-600 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp elf bereits deutliche Gewinnrückgange einpreisen. Sollten sich diese aber materialisieren, wären europäische Aktien nicht mehr sonderlich günstig bewertet.

Unter Druck stehen am Mittag die Aktien der Öl- und Gas-Industrie, die rohstoffnahen Basic Resurces, die Titel der Banken und Industrie-Aktien. Dagegen können sich Autoaktien nach dem schwachen Mittwoch gemessen an ihrem Stoxx-Branchenindex um 0,4 Prozent erholen. Auch Medien-Titel liegen leicht im Plus, Technologie-Aktien notieren wenig verändert.

Im DAX steigen Porsche Holding um 1,4 Prozent, Sartorius um 2,5 Prozent und Zalando um 3,4 Prozent. Auf der anderen Seite geben Munich Re 2,3 Prozent ab, Infineon um 2,2 Prozent und BASF um 1,6 Prozent.

Leicht positiv für Merck KGaA werten Händler erste Aussagen vom Kapitalmarkttag. Vor allem, dass die mittelfristigen Ziele aller Voraussicht nach erreicht werden dürften, gebe Planungssicherheit für langfristige Anleger. Der Kurs fällt trotzdem um 1,2 Prozent.

Weiter gekauft werden die neuen Porsche-Aktien, die um 3,2 Prozent auf 90,78 Euro steigen und mit 93,70 Euro einen neuen Höchstkurs erzielt haben.


   Shell nach Zwischenbericht im Minus 

Unter Druck stehen die Aktien von Shell nach ihrem Zwischenbericht. Die Titel fallen in Amsterdam um 4,8 Prozent. Hier belastet vor allem die Erwartung geringerer Handelsumsätze im Bereich Integrated Gas. Die Analysten von RBC nennen den Bericht im Vorfeld der Zahlen zum dritten Quartal enttäuschend, denn zu den geringeren Beiträgen aus dem Integrated-Gas-Bereich komme ein weiterer Abfluss von Working Capital hinzu. Sie erwarten daher sinkende Konsensschätzungen für Shell.


   Einrichtungshauskette will Home24 übernehmen - Kurs mehr als verdoppelt 

Seit dem Börsengang hat sich die Aktie von Home24 bis zum Vortagesschluss nahezu gesiebtelt, auf dem nun erreichten Niveau gibt es einen Käufer, der bereit ist, einen hohe Prämie zu bezahlen. Die Einrichtungshauskette XXXLutz will den Online-Möbelhändler übernehmen. XXXLutz kündigte ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot durch die RAS Beteiligungs GmbH für alle ausstehenden Home24-Aktien zum Preis von je 7,50 Euro an. Darüber hinaus zeichnet XXXLutz eine zehnprozentige Kapitalerhöhung zu einem Aktienpreis von 7,50 Euro, wodurch Home24 rund 23 Millionen Euro frisches Kapital zufließen.

Die Analysten von Jefferies stufen dies als "Marktkonsolidierung innerhalb eines schwierigen Marktumfeldes für E-Commerce und den Home & Living-Markt ein. Für die Aktie von Home24 geht es um 124,6 Prozent auf 7,46 Euro nach oben. Profiteur ist auch die Aktie des Mitbewerbers Westwing (+19,1%), die nun als potenzieller Übernahme-Kandidat gesehen werden könnte.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.437,51        -0,3%      -10,21     -20,0% 
Stoxx-50                3.408,18        -0,5%      -18,09     -10,7% 
DAX                    12.484,18        -0,3%      -33,00     -21,4% 
MDAX                   23.011,27        +0,1%       28,57     -34,5% 
TecDAX                  2.800,08        +0,1%        3,00     -28,6% 
SDAX                   10.758,51        -0,5%      -49,74     -34,5% 
FTSE                    7.007,32        -0,6%      -45,30      -4,5% 
CAC                     5.958,19        -0,5%      -27,27     -16,7% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,05                    +0,02      +2,23 
US-Zehnjahresrendite        3,77                    +0,02      +2,26 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Do, 8:29  Mi, 18:11    % YTD 
EUR/USD                   0,9886        +0,0%      0,9925     0,9873   -13,1% 
EUR/JPY                   143,10        +0,1%      143,41     142,77    +9,3% 
EUR/CHF                   0,9725        +0,1%      0,9710     1,0175    -6,3% 
EUR/GBP                   0,8773        +0,5%      0,8731     0,8749    +4,4% 
USD/JPY                   144,76        +0,1%      144,56     144,64   +25,8% 
GBP/USD                   1,1270        -0,5%      1,1317     1,1285   -16,7% 
USD/CNH (Offshore)        7,0583        -0,2%      7,0411     7,0755   +11,1% 
Bitcoin 
BTC/USD                20.158,09        +0,5%   20.348,89  20.074,49   -56,4% 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  87,49        87,76       -0,3%      -0,27   +24,3% 
Brent/ICE                  92,90        93,37       -0,5%      -0,47   +26,3% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 168,50       173,69       -3,0%      -5,19  +170,1% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.715,63     1.716,08       -0,0%      -0,45    -6,2% 
Silber (Spot)              20,63        20,73       -0,5%      -0,10   -11,5% 
Platin (Spot)             928,28       921,95       +0,7%      +6,33    -4,4% 
Kupfer-Future               0,00         3,53          0%          0   -20,3% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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October 06, 2022 07:13 ET (11:13 GMT)