Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte stehen am Dienstagnachmittag stark unter Druck. Der DAX fällt zeitweise knapp unter das bisherige Jahrestief vom März bei 12.439 Punkten, aktuell gibt er 2,4 Prozent ab auf 12.465 Punkte, damit liegt er immer noch rund 400 Punkte unter seinem Tageshoch. Der Euro-Stoxx-50 fällt um 2,3 Prozent auf 3.372 Punkte. "Die Unsicherheiten sind einfach zu groß", so ein Händler. Er verweist auf die drohende Energiekrise, die die Anleger verunsichere. Russland könne jederzeit durch einen Stopp der Gaslieferungen die deutsche Wirtschaft ins Chaos werfen. Hinzu komme der Streik der norwegischen Öl- und Gasarbeiter, der die Lage weiter verschärfe. Besonders in der zweiten Reihe werden regelrechte Panikverkäufe beobachtet, mit sehr hohen zum Teil sogar zweistelligen Verlusten.

Auch der Euro gerät unter erheblichen Abgabedruck. Mit 1,0275 Dollar ist er erstmals seit fast 20 Jahren unter die Marke von 1,03 Dollar gerutscht, verglichen mit dem späten Montag verliert er eineinhalb Cent. Im Handel heißt es, dass der drohende Energie-Notstand in Europa nun auch den Euro erfasse. Die Angst vor einer Rezession nehme zu. "Die Krise frisst sich langsam in die Köpfe", so der Kommentar eines Händlers.

Entscheidend wird sein, ob nach der bevorstehenden etwa 10-tägigen regulären Wartung von Nordstream 1 wieder Gas durch die Pipeline fließen wird. Am 11. Juli beginnen die jährlichen Wartungsarbeiten, die in der Regel zehn Tage dauern.

Daneben warten die Anleger auf den Beginn der Berichtssaison. Nach Ansicht von Strategen könnten sich die Konsensschätzungen im Markt als zu hoch erweisen. Ein Indiz dafür, heißt es im Handel, sei, dass bislang nur sehr wenige Unternehmen vorläufige Zahlen vorgelegt hätten. Das sei kein gutes Zeichen, da die Unternehmen vor allem bei einem sich abzeichnenden Übertreffen der Zahlen den Kapitalmarkt vorzeitig informierten.

Andererseits bleibt die Helaba zuversichtlich: Das Haus rechnet bis Mitte kommenden Jahres mit einer Rückkehr des DAX an sein Allzeithoch. "Die Dividendentitel haben schon viel Negatives vorweggenommen", sagt Markus Reinwand, Analyst und Anlagestratege des Hauses. Zudem seien Anleger dies- und jenseits des Atlantiks für Aktien sehr negativ gestimmt und hätten bereits Positionen verringert. Zwar werde der Markt zunächst noch volatil bleiben, vor allem wegen der anhaltenden politischen Unsicherheit, so Reinwand. Ende des dritten Quartals sollte der DAX aber wieder bei 14.000 Punkten stehen und Ende des Jahres bei 15.000 Punkten. Im ersten Halbjahr des kommenden Jahres sollte er über 16.000 Ende März auf 16.300 Punkte steigen.


   Rohstoffnahe Basic Resources halten rote Laterne 

Auf der Verliererseite ganz oben stehen die konjunkturabhängigen rohstoffnahen Basic Resources mit einem Minus von 4,9 Prozent in ihrem Stoxx-Subindex. Aber auch die Papiere aus dem Versicherungssektor und der Autobranche stehen mit Index-Abschlägen von bis zu 3,8 Prozent stark unter Druck. Der Schwäche entziehen können sich lediglich die konjunkturunabhängigen Aktien der Nahrungsmittel- und Getränkehersteller.

Im DAX verlieren MTU 7,0 Prozent, Zalando 4,9 Prozent. Conti und Daimler Truck geben um bis zu 5,3 Prozent ab. In der zweiten Reihe ist von regelrechten Panikverkäufen die Rede: Hier brechen Rheinmetall um 13 Prozent ein, K+S um 9,4 Prozent. Thyssenkrupp, Lanxess, RTL und Prosieben fallen um mehr als 8 Prozent, Eckert + Ziegler sacken nach einer Gewinnwarnung um 17 Prozent ab.


   Shop Apotheke nach vorläufigen Zahlen gesucht 

Shop Apotheke steigen dagegen um 9,5 Prozent. Der Konzern hat den Umsatz im zweiten Quartal um 15 Prozent auf 287 Millionen Euro gesteigert. Haupttreiber sei das Geschäft jenseits rezeptpflichtiger Medikamente gewesen. Den Ausblick für das Gesamtjahr bekräftigte das Unternehmen. Demnach soll bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten ein Umsatzwachstum von 15 bis 25 Prozent erzielt werden und eine bereinigte EBITDA-Marge zwischen minus 1,5 und plus 1,5 Prozent.


   Miserables Debut für Musikstreamer Deezer 

Die Aktie der Musikstreaming-Plattform Deezer hat an ihrem ersten Handelstag an der Euronext Paris einen massiven Rückgang verzeichnet. Der Börsengang des Unternehmens, der sieben Jahre nach einem ersten gescheiterten Versuch erfolgte, wurde durch eine Fusion mit dem Spac I2PO erreicht. Im Vergleich zum Schlusskurs von I2PO am Montagabend sackt die Deezer-Aktie am Dienstag um 24,1 Prozent ab auf 6,44 Euro.


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Aktienindex              zuletzt       +/- %       absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.372,14       -2,3%        -80,28     -21,6% 
Stoxx-50                3.405,52       -1,9%        -65,10     -10,8% 
DAX                    12.465,07       -2,4%       -308,31     -21,5% 
MDAX                   24.649,69       -3,4%       -855,79     -29,8% 
TecDAX                  2.857,48       -0,8%        -23,91     -27,1% 
SDAX                   11.605,28       -2,1%       -248,85     -29,3% 
FTSE                    7.045,64       -2,6%       -187,01      -2,1% 
CAC                     5.809,07       -2,4%       -145,58     -18,8% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                   absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,20                     -0,13      +1,38 
US-Zehnjahresrendite        2,82                     -0,07      +1,31 
 
DEVISEN                  zuletzt       +/- %  Di, 8:07 Uhr  Mo, 18:33   % YTD 
EUR/USD                   1,0255       -1,6%        1,0436     1,0422   -9,8% 
EUR/JPY                   139,24       -1,6%        142,11     141,44   +6,4% 
EUR/CHF                   0,9927       -0,9%        1,0023     1,0016   -4,3% 
EUR/GBP                   0,8580       -0,4%        0,8614     0,8612   +2,1% 
USD/JPY                   135,81       +0,1%        136,13     135,70  +18,0% 
GBP/USD                   1,1956       -1,2%        1,2116     1,2102  -11,7% 
USD/CNH (Offshore)        6,7236       +0,4%        6,6924     6,6955   +5,8% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.404,59       -2,6%     20.297,41  19.686,45  -58,0% 
 
ROHÖL                    zuletzt   VT-Settl.         +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                 103,02      108,43         -5,0%      -5,41  +42,8% 
Brent/ICE                 107,13      113,50         -5,6%      -6,37  +43,0% 
GAS                               VT-Schluss                  +/- EUR 
Dutch TTF                 167,49      167,30         +2,8%       4,55  +53,3% 
 
METALLE                  zuletzt      Vortag         +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.771,39    1.807,80         -2,0%     -36,41   -3,2% 
Silber (Spot)              19,38       19,98         -3,0%      -0,60  -16,9% 
Platin (Spot)             860,64      889,05         -3,2%     -28,41  -11,3% 
Kupfer-Future               3,44        3,62         -5,1%      -0,18  -22,7% 
 
YTD zu Vortagsschluss 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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July 05, 2022 10:16 ET (14:16 GMT)