Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte sind am Dienstagnachmittag stark unter Druck geraten. Der DAX fiel zwischenzeitlich auf ein neues Jahrestief, zum Schluss gab er 2,9 Prozent ab auf 12.401 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 fiel um 2,7 Prozent auf 3.360 Punkte. Auch er markierte ein neues Jahrestief. "Die Unsicherheiten sind einfach zu groß", so ein Händler. Er verwies auf die drohende Energiekrise, die die Anleger verunsichere. Russland könne jederzeit durch einen Stopp der Gaslieferungen die deutsche Wirtschaft ins Chaos werfen. Hinzu kam der Streik der norwegischen Öl- und Gasarbeiter, der die Lage weiter verschärft. Besonders in der zweiten Reihe wurden regelrechte Panikverkäufe beobachtet, mit sehr hohen, zum Teil sogar zweistelligen Verlusten.

Auch der Euro geriet unter erheblichen Abgabedruck. Er ist erstmals seit fast 20 Jahren unter die Marke von 1,03 Dollar gerutscht, mit 1,0255 Dollar zur Schlussglocke an den Aktienmärkten verlor er verglichen mit dem späten Montag fast 2 Cent. Im Handel hieß es, die Angst vor einer Rezession nehme zu. "Die Krise frisst sich langsam in die Köpfe", so der Kommentar eines Händlers. Auch die Ölpreise gaben deutlich nach, lediglich der Gaspreis verharrte auf dem hohen Niveau.

Entscheidend wird sein, ob nach der bevorstehenden regulären Wartung von Nordstream 1 wieder Gas durch die Pipeline fließen wird. Am 11. Juli beginnen die jährlichen Wartungsarbeiten, die in der Regel zehn Tage dauern.

Daneben warteten die Anleger auf den Beginn der Berichtssaison. Nach Ansicht von Strategen könnten sich die Konsensschätzungen im Markt als zu hoch erweisen. Ein Indiz dafür, hieß es im Handel, sei, dass bislang nur sehr wenige Unternehmen vorläufige Zahlen vorgelegt hätten. Das sei kein gutes Zeichen, da die Unternehmen vor allem bei einem sich abzeichnenden Übertreffen der Zahlen den Kapitalmarkt vorzeitig informierten.

Andererseits bleibt die Helaba zuversichtlich: Das Haus rechnet bis Mitte kommenden Jahres mit einer Rückkehr des DAX an sein Allzeithoch. "Die Dividendentitel haben schon viel Negatives vorweggenommen", so Markus Reinwand, Analyst und Anlagestratege des Hauses. Zudem seien Anleger dies- und jenseits des Atlantiks für Aktien sehr negativ gestimmt und hätten bereits Positionen verringert. Zwar werde der Markt zunächst noch volatil bleiben, vor allem wegen der anhaltenden politischen Unsicherheit, so Reinwand. Ende des dritten Quartals sollte der DAX aber wieder bei 14.000 Punkten stehen und Ende des Jahres bei 15.000 Punkten. Im ersten Halbjahr des kommenden Jahres sollte er über 16.000 Ende März auf 16.300 Punkte steigen.


   Öl-Aktien leiden unter Gewinnmitnahmen 

Auf der Verliererseite ganz oben standen die Ölwerte mit einem Minus ihres Stoxx-Subindex von 6,3 Prozent und die konjunkturabhängigen rohstoffnahen Basic Resources mit einem Minus von 5,2 Prozent. Auch der Stoxx-Subindex der Versicherungen stand mit einem Minus von 4,5 Prozent stark unter Druck. Der Schwäche entziehen konnten sich lediglich die konjunkturunabhängigen Aktien der Nahrungsmittel- und Getränkehersteller.

Im DAX verloren Daimler Truck, MTU und Hannover Rück bis zu 7,8 Prozent. In der zweiten Reihe war von regelrechten Panikverkäufen die Rede: Hier brachen Rheinmetall um 10,4 Prozent ein, K+S sowie Lanxess und Uniper jeweils um mehr als 9 Prozent. Thyssenkrupp fielen um 8,1 Prozent. Die Aktien von Eckert + Ziegler sackten nach einer Gewinnwarnung um 16,2 Prozent ab.


   Shop Apotheke nach vorläufigen Zahlen gesucht 

Auf der Gewinnerseite im DAX schlossen Sartorius 2,3 Prozent höher, nachdem die Deutsche Bank ihre Kaufempfehlung bekräftigt hat. Merck KGaA legten um 1,5 Prozent zu.

Im SDAX stiegen Shop Apotheke um 12,1 Prozent. Der Konzern hat den Umsatz im zweiten Quartal um 15 Prozent auf 287 Millionen Euro gesteigert. Haupttreiber sei das Geschäft jenseits rezeptpflichtiger Medikamente gewesen. Den Ausblick für das Gesamtjahr bekräftigte das Unternehmen. Demnach soll bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten ein Umsatzwachstum von 15 bis 25 Prozent erzielt werden und eine bereinigte EBITDA-Marge zwischen minus 1,5 und plus 1,5 Prozent.


   Miserables Debut für Musik-Streamer Deezer 

Die Aktie der Musikstreaming-Plattform Deezer hat an ihrem ersten Handelstag an der Euronext Paris einen massiven Rückgang verzeichnet. Der Börsengang des Unternehmens, der sieben Jahre nach einem ersten gescheiterten Versuch erfolgte, wurde durch eine Fusion mit dem Spac I2PO erreicht. Im Vergleich zum Schlusskurs von I2PO am Montagabend sackte die Deezer-Aktie am Dienstag um 29,4 Prozent ab auf 6,00 Euro.


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Index                  Schluss-  Entwicklung  Entwicklung    Entwicklung 
.                         stand      absolut         in %           seit 
.                                                          Jahresbeginn* 
Euro-Stoxx-50          3.359,83       -92,59        -2,7%         -21,8% 
Stoxx-50               3.389,69       -80,93        -2,3%         -11,2% 
Stoxx-600                400,68        -8,63        -2,1%         -17,9% 
XETRA-DAX             12.401,20      -372,18        -2,9%         -21,9% 
FTSE-100 London        7.019,62      -213,03        -2,9%          -2,1% 
CAC-40 Paris           5.794,96      -159,69        -2,7%         -19,0% 
AEX Amsterdam            644,22       -15,39        -2,3%         -19,3% 
ATHEX-20 Athen         1.854,32       -73,84        -3,8%         -13,4% 
BEL-20 Brüssel         3.663,02       -30,89        -0,8%         -15,0% 
BUX Budapest          39.256,26      -450,93        -1,1%         -22,6% 
OMXH-25 Helsinki       4.455,51       -90,69        -2,0%         -18,4% 
ISE NAT. 30 Istanbul   2.568,87       -38,29        -1,5%         +26,9% 
OMXC-20 Kopenhagen     1.656,65        -3,01        -0,2%         -11,1% 
PSI 20 Lissabon        6.054,21      -174,79        -2,9%          +5,6% 
IBEX-35 Madrid         7.959,40      -202,40        -2,5%          -8,7% 
FTSE-MIB Mailand      20.705,06      -638,87        -3,0%         -22,0% 
RTS Moskau             1.143,27      -105,73        -8,5%         -28,4% 
OBX Oslo               1.067,78       -25,55        -2,3%          -0,1% 
OMXS-30 Stockholm      1.866,16       -27,40        -1,4%         -22,9% 
WIG-20 Warschau        1.644,46       -48,64        -2,9%         -27,5% 
ATX Wien               2.779,26       -89,58        -3,1%         -24,9% 
SMI Zürich            10.702,50      -179,47        -1,6%         -16,9% 
* zu Vortagsschluss 
 
DEVISEN               zuletzt       +/- %  Di, 8:07 Uhr  Mo, 18:33   % YTD 
EUR/USD                1,0255       -1,6%        1,0436     1,0422   -9,8% 
EUR/JPY                139,19       -1,6%        142,11     141,44   +6,3% 
EUR/CHF                0,9939       -0,8%        1,0023     1,0016   -4,2% 
EUR/GBP                0,8594       -0,2%        0,8614     0,8612   +2,3% 
USD/JPY                135,69       -0,0%        136,13     135,70  +17,9% 
GBP/USD                1,1935       -1,4%        1,2116     1,2102  -11,8% 
USD/CNH (Offshore)     6,7144       +0,3%        6,6924     6,6955   +5,7% 
Bitcoin 
BTC/USD             19.497,47       -2,2%     20.297,41  19.686,45  -57,8% 
 
ROHÖL                 zuletzt   VT-Settl.         +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex               99,62      108,43         -8,1%      -8,81  +38,0% 
Brent/ICE              103,35      113,50         -8,9%     -10,15  +38,0% 
GAS                            VT-Schluss                  +/- EUR 
Dutch TTF              163,00      167,30         +0,0%       0,06  +53,3% 
 
METALLE               zuletzt      Vortag         +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)          1.769,11    1.807,80         -2,1%     -38,69   -3,3% 
Silber (Spot)           19,21       19,98         -3,8%      -0,77  -17,6% 
Platin (Spot)          869,63      889,05         -2,2%     -19,42  -10,4% 
Kupfer-Future            3,45        3,62         -4,7%      -0,17  -22,4% 
 
YTD zu Vortagsschluss 
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July 05, 2022 12:11 ET (16:11 GMT)