Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte holen die Verluste aus dem frühen Handel am Dienstagnachmittag teilweise wieder auf. Der Euro-Stoxx-50 verliert noch 0,2 Prozent, der DAX noch um 0,1 Prozent auf 12.820 Punkte. Damit profitiert er von einem deutlichen Rutsch der Ölpreise. Allerdings sind die Umsätze weiterhin sehr dünn: "Der Markt wartet auf Impulse von der Berichtssaison", so ein Händler. Daneben mache sich aber auch die Urlaubssaison mit dem traditionellen Sommerloch zunehmend bemerkbar. Im Blick steht weiterhin der Euro, der mit 1,005 Dollar nach wie vor eng an der Marke von einem Dollar je Euro liegt. Am Mittag war die Gemeinschaftswährung erstmals seit 2002 unter die Parität gefallen - wenn auch nur knapp und nicht nachhaltig.

Die Gründe für den Druck auf den Euro sind die selben wie die für die schlechte Stimmung für die Aktien: Ein anhaltender Gaslieferstopp über den 21. Juli hinaus könnte besonders die deutsche Wirtschaft nicht nur in eine Rezession, sondern in eine tiefe Depression stürzen. "Damit ist der deutsche Aktienmarkt nahezu nicht investierbar", so Marktstratege Jochen Stanzl von CMC Markets bereits am Montag. Im Unterschied zu den Ölpreisen ziehen die Gaspreise weiter an.

Zwar dürften die deutschen Aktienkurse bei einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen nach der Wartung der Pipeline Nordstream 1 stark steigen. Da das aber allein in der Hand des russischen Präsidenten Wladimir Putin liege, seien aktuell alle Investments wie russisches Roulette, heißt es auch von anderer Seite. Die Nervosität spiegelt sich auch im neuen ZEW-Konjunkturindex wieder, sowohl die Lagebeurteilung als auch die Konjunkturerwartungen sind abgesackt.

Zudem stehen in den kommenden Tagen weitere wichtige Termine an, die für eine steigende Volatilität in Risikoassets wie Aktien sorgen könnten. So werden am Mittwoch die Verbraucherpreise aus den USA für Juni bekanntgegeben. Eine weitere Beschleunigung des Preisanstiegs dürfte die Erwartung untermauern, dass die US-Notenbank auf der nächsten Sitzung die Leitzinsen um 75 Basispunkte anheben wird.

Darüber hinaus läuft die Berichtssaison in den USA an. Den Start machen einmal mehr die US-Banken. So legen am Donnerstag JP Morgan und Morgan Stanley ihre Quartalszahlen vor, zum Wochenausklang folgen dann Citigroup, Wells Fargo und Blackrock.


  Spaniens Banken sowie Öl- und Gaswerte sehr schwach 

Im Vorfeld liegen die europäischen Bankenwerte auf der Verliererseite, ihr Stoxx-Subindex fällt um 1,3 Prozent. Das ist allerdings vor allem den spanischen Banken geschuldet: Santander fielen zeitweise um 4,7 Prozent, Caixa um 7,8 Prozent, BBVA um 5,1 Prozent und Sabadell um 6,6 Prozent. Laut El Pais will die Regierung über Sondersteuern von den Energieversorgern und den Finanzkonzernen jährlich 3,5 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Energiekrise einsammeln. Der Plan ist auf zwei Jahre ausgelegt.

Der Index der Öl- und Gaswerte verliert mit den Ölpreisen 1,5 Prozent. Ein Marktteilnehmer verweist auf die anstehende Nahostreise von US-Präsident Joe Biden. Sie führt ihn am Freitag nach Saudi-Arabien. "Es ist durchaus vorstellbar, dass Saudi-Arabien im Anschluss an die Gespräche die Öl-Förderung ausweitet", so der Marktteilnehmer.

Profiteur ist der Index der Reise-Aktien, der nach kräftigen Verlusten am Vormittag nun um 0,4 Prozent anzieht und so von der billigeren Energie profitiert. Gewinner Nummer eins ist allerdings der Subindex des Einzelhandels, der um 1,2 Prozent anzieht.


   BASF überrascht im zweiten Quartal auf Ertragsseite positiv 

BASF haben ins Plus gedreht und gewinnen 1,9 Prozent. Für eine positive Überraschung sorgen die vorläufigen Geschäftszahlen für das zweite Quartal. Die Analysten von Jefferies stellen das EBIT von 2,339 Milliarden Euro positiv heraus, das Ergebnis der Betriebstätigkeit liege 12 Prozent über dem Konsens und 6 Prozent oberhalb der eigenen Schätzung. BASF habe im Vergleich zum Vorjahresquartal ein leicht negatives Volumen ausgewiesen, wobei Preis- und Währungseffekte und das Umsatzwachstum zulegen konnten. Für die weitere Geschäftsentwicklung sei wichtig, dass schon bald wieder Gas durch die Pipeline Nordstream 1 gepumpt werde.

Auf der Gewinnerseite stehen Airbus, die mit einem Plus von 2,6 Prozent von der guten Auftragslage profitieren. Zudem spielt dem Flugzeugbauer die Währung in die Hände. Einerseits fallen so genannte Windfall-Profits an, andererseits nimmt die Wettbewerbsfähigkeit mit dem festen Dollar zu. "Ein Test der 100er Marke sollte nicht überraschen", so ein Händler. Auch andere dollarabhängige Branchentitel stehen auf der Gewinnerseite - so MTU mit einem Plus von 2,1 Prozent.

Deutsche Börse legen um 1,6 Prozent zu. Auf der anderen Seite fallen Sartorius um 2,4 Prozent und Fresenius um 2,7 Prozent.

Auch die Aktie der Deutschen Telekom hält sich mit einem Minus von 0,3 Prozent einigermaßen. "Der Verkauf steht bereits seit längerem fest", so ein Marktteilnehmer zu einem Handelsblatt-Bericht zum Verkauf der Funktürme. Die Deutsche Telekom stehe demnach in finalen Verhandlungen über den Verkauf eines Mehrheitsanteils an ihrem Funkturmgeschäft. Ein Konsortium der Investoren KKR, Stonepeak und GIP sei der letzte verbliebene Bieter, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Zeitung sagten. Der Fokus liege nun auf Mittwoch, dann werde sich der Aufsichtsrat mit dem Deal befassen. Die im Bericht genannte Bewertung von 18 Milliarden Euro für das Funkturm-Portfolio decke sich mit den bisherigen Erwartungen.


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Euro-Stoxx-50           3.465,85       -0,2%       -5,84     -19,4% 
Stoxx-50                3.493,37       -0,2%       -6,01      -8,5% 
DAX                    12.819,65       -0,1%      -12,79     -19,3% 
MDAX                   25.661,52       -0,1%      -34,01     -26,9% 
TecDAX                  2.945,63       -1,1%      -33,43     -24,9% 
SDAX                   12.070,77       -0,9%     -106,74     -26,5% 
FTSE                    7.186,87       -0,1%       -9,72      -2,5% 
CAC                     6.003,28       +0,1%        6,98     -16,1% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                 absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,13                   -0,12      +1,31 
US-Zehnjahresrendite        2,92                   -0,08      +1,41 
 
DEVISEN                  zuletzt       +/- %    Di, 8:14  Mo, 17:42   % YTD 
EUR/USD                   1,0056       +0,2%      1,0024     1,0077  -11,6% 
EUR/JPY                   137,34       -0,5%      137,70     138,42   +4,9% 
EUR/CHF                   0,9870       +0,0%      0,9861     0,9877   -4,9% 
EUR/GBP                   0,8466       +0,3%      0,8452     0,8470   +0,8% 
USD/JPY                   136,53       -0,7%      137,38     137,34  +18,6% 
GBP/USD                   1,1880       -0,1%      1,1863     1,1897  -12,2% 
USD/CNH (Offshore)        6,7405       +0,2%      6,7382     6,7152   +6,1% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.766,72       -2,3%   19.864,00  20.410,60  -57,2% 
 
ROHÖL                    zuletzt   VT-Settl.       +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  97,14      104,09       -6,7%      -6,95  +34,6% 
Brent/ICE                 100,39      107,10       -6,3%      -6,71  +34,0% 
GAS                               VT-Schluss                +/- EUR 
Dutch TTF                 174,00      163,50       +5,8%       9,48  +43,4% 
 
METALLE                  zuletzt      Vortag       +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.730,17    1.733,98       -0,2%      -3,82   -5,4% 
Silber (Spot)              18,91       19,11       -1,0%      -0,20  -18,9% 
Platin (Spot)             848,20      873,78       -2,9%     -25,58  -12,6% 
Kupfer-Future               3,33        3,44       -3,2%      -0,11  -25,1% 
 
YTD zu Vortagsschluss 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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July 12, 2022 10:15 ET (14:15 GMT)