FRANKFURT (Dow Jones)--Deutlich unter Druck, aber leicht erholt von den Tagestiefs zeigen sich Europas Börsen am Montagmittag. Die Sorge vor einer Ausweitung der Energiekrise drückt die Börsen. Die Kassamärkte holen am Montag damit den Absturz nach, der die Terminkontrakte schon am Freitagabend mit dem Lieferstop beim Gas ereilt hatte. Der DAX knickt um 2,5 Prozent ein auf 12.725 Punkte, nach einem Tagestief bei 12.617 Punkten. Auch der Euro-Stoxx-50 lässt kräftig Federn, er kommt um 2,1 Prozent auf 3.471 Punkte zurück.

Deutlich besser schlägt sich der Stoxx-50 (-0,9%). Er wird gestützt von den hier stärker vertretenen Gas- und Öl- sowie Rohstoffaktien. Mit 1,6 Prozent Plus ist die Ölbranche Tagesgewinner in ganz Europa. Umgekehrt bricht der Index der Autobranche um 3,8 Prozent ein, was auch den "auto-belasteten" DAX ausbremst.

Der Euro zeigt sich bei 0,9935 Dollar und damit etwas erholt. Er lag am Morgen bereits bei 0,9876 Dollar und damit dem niedrigsten Niveau seit fast 20 Jahren. Die Rezessionssorgen führen auch zu Spekulationen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag bei der allgemein erwarteten Zinserhöhung etwas vorsichtiger agieren könnte. Aktuell liegen die Erwartungen bei einer Zinserhöhung um 50 oder 75 Basispunkte.


   Gaspreis wieder auf Rekordjagd 

Mit dem europäischen Gaspreis geht es steil nach oben um 24,6 Prozent auf 267,40 Euro je Megawattstunde. Am Freitag war er noch um über 12 Prozent gefallen, weil Gazprom verlautbart hatte, am Samstagmorgen wie geplant die Lieferung wieder aufzunehmen. Als es darauf am Freitagabend stattdessen hieß, die Lieferung durch Nord Stream 1 werde wegen eines entdeckten Lecks bis auf weiteres gestoppt, war der Gashandel bereits beendet. Zum Vergleich: Zu Beginn des Jahres lag der Preis noch bei rund 80 Euro, im Hoch Ende August aber auch schon bei knapp 350 Euro.

"Die Energiekrise ist wieder Thema Nummer eins", so ein Marktteilnehmer. Damit nehmen die Rezessions- und Inflationssorgen wieder zu. Die Frage sei nun, ob eine neue koordinierte Antwort der EU auf die Krise gefunden werde, und dabei auch ein abgestimmtes Vorgehen bei der Übergewinnsteuer. Die Ampelkoalition in Deutschland hat am Wochenende ein 65 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket auf den Weg gebracht hat, das durch solche Übergewinne finanziert werden soll.


   Erneuerbare und Kohleverstromer sind Verlierer des Entlastungspakets 

Die Versorger reagieren auf das Paket mit Verlusten: RWE fallen 1,8 Prozent, die Uniper-Aktie verliert mit dem teureren Gas 11,2 Prozent. Ihre finnische Mutter Fortum fällt um 9,3 Prozent. Aktien von Erzeugern erneuerbarer Energien wie PNE, Energiekontor oder SMA Solar verlieren bis zu 4,4 Prozent.

Die Verstromer von Kohle und die Anbieter erneuerbarer Energien gelten als größte Verlierer der geplanten Übergewinnsteuer. "Windkraft, Sonnenenergie, aber auch Biomasse und Wasserkraft, sie alle profitieren von den hohen Strompreisen", so ein Marktteilnehmer. Die EU arbeitet dazu an einer Strukturreform, die die Strom- von den Gaspreisen entkoppeln soll.


   Banken leiden unter Energiekrise 

Die Energiekrise setzt die Bankenkurse stark unter Druck. "Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst", sagt Jochen Stanzl von CMC Markets. Er warnt, am Markt könne es zu sogenannten Margin Calls kommen, finanziellen Ausgleichsforderungen der Terminbörse, die sich ihrerseits vor Verlusten schützen wolle. Entsprechende Marktteilnehmer am Energiemarkt würden an einem gewissen Punkt zwangsliquidiert, offene Positionen zum nächsten Preis aufgelöst, "egal, wo dieser Preis liegt". Im DAX fallen Deutsche Bank um 5,3 Prozent, Commerzbank geben um 4,9 Prozent nach. Die derivate-starken Franzosen wie BNP und Societe Generale fallen bis zu 3,2 Prozent.


   Porsche und VW mit Sportwagen-IPO im Blick 

Porsche Holding (-4,9%) und VW (-2,6%) stehen mit dem Plan für einen Börsengang (IPO) der Porsche-Sportwagen-Gruppe weiter im Blick. Beide Aktien hatten am Freitag den Markt stark outperformt. Am Montag wollen sich Vorstand und Aufsichtsrat des Konzerns mit der Frage befassen, ob sie das Tochterunternehmen Porsche Ende September beziehungsweise Anfang Oktober an die Börse bringen. "Das wird wohl das größte IPO seit Jahren, das Umfeld ist aber alles andere als günstig", so ein Marktteilnehmer mit Blick auf die hohe Volatilität im Markt.

In London brechen die Aktien von Aston Martin 10,2 Prozent ein. Der Sportwagenbauer hat eine Kapitalerhöhung angekündigt. Die Kapitalmaßnahmen liegen bei rund 654 Millionen Pfund. Da sich die Verluste vor Steuern im ersten Halbjahr fast verdreifacht hatten, hätte man rückblickend das Übernahmeangebot der chinesischen Geely annehmen sollen, meint Victoria Scholar von Interactive Investor.

Beim Stahlhersteller Arcelormittal geht es 2,2 Prozent abwärts. Der Stahlkonzern hat am Freitagabend die Schließung zweier Werke in Deutschland für Ende des Monats angekündigt. Am Tag zuvor hatte das Unternehmen schon die vorübergehende Stilllegung eines Hochofens in Spanien bekanntgegeben. Hohe Gas- und Stromkosten minderten die Wettbewerbsfähigkeit. Im Sog fallen auch andere Stahlhersteller wie Thyssen und energieintensive Unternehmen wie Covestro um bis zu 4,1 Prozent.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.471,33        -2,1%      -73,05     -19,2% 
Stoxx-50                3.478,82        -0,9%      -30,26      -8,9% 
DAX                    12.724,69        -2,5%     -325,58     -19,9% 
MDAX                   24.644,47        -2,1%     -517,58     -29,8% 
TecDAX                  2.882,81        -1,8%      -51,83     -26,5% 
SDAX                   11.608,32        -2,3%     -267,79     -29,3% 
FTSE                    7.233,24        -0,7%      -47,95      -1,4% 
CAC                     6.060,24        -1,7%     -107,27     -15,3% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,57                    +0,05      +1,75 
US-Zehnjahresrendite        3,20                        0      +1,69 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Mo, 8:04   Fr,17:07    % YTD 
EUR/USD                   0,9935        +0,1%      0,9883     1,0022   -12,6% 
EUR/JPY                   139,56        +0,4%      138,76     140,43    +6,6% 
EUR/CHF                   0,9744        -0,0%      0,9713     1,0201    -6,1% 
EUR/GBP                   0,8626        -0,1%      0,8632     0,8659    +2,7% 
USD/JPY                   140,49        +0,2%      140,44     140,12   +22,0% 
GBP/USD                   1,1515        +0,2%      1,1448     1,1574   -14,9% 
USD/CNH (Offshore)        6,9385        +0,2%      6,9487     6,9053    +9,2% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.701,85        -1,4%   19.986,15  20.195,00   -57,4% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  89,20        86,87       +2,7%      +2,33   +25,7% 
Brent/ICE                  95,58        93,02       +2,8%      +2,56   +29,3% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 267,40       214,67      +24,6%     +52,74  +246,8% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.715,36     1.712,40       +0,2%      +2,96    -6,2% 
Silber (Spot)              18,25        18,05       +1,1%      +0,20   -21,7% 
Platin (Spot)             849,85       837,00       +1,5%     +12,85   -12,4% 
Kupfer-Future               3,45         3,42       +0,7%      +0,03   -22,2% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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September 05, 2022 07:22 ET (11:22 GMT)