Von Steffen Gosenheimer
NEW YORK (Dow Jones)--Nach einer viertägigen Durststrecke ist es am Freitag am US-Aktienmarkt extrem volatil zugegangen. Einer anfänglichen kräftigen Erholung folgte zur Mittagszeit in New York ein ebenso kräftiger Rücksetzer, ehe sich dann im späten Geschäft wieder eine zaghaft freundliche Tendenz durchsetzte.
Auslöser war der US-Arbeitsmarktbericht für Oktober. Er bot für beide Lager Argumentationshilfe - für diejenigen, die auf bedächtigere Zinserhöhungen durch die Notenbank hoffen und diejenigen, die weiter auf kompromisslos kräftige Zinserhöhungen setzen im Kampf gegen die Inflation.
Dass es mit den Aktienkursen nach oben ging, dazu trugen auch erneute Spekulationen bei, dass China seine strikte Null-Covid-Strategie lockern könnte, was für die globale Konjunktur einen positiven Impuls bedeuten würde. Daneben dürften einige Teilnehmer nach den vorangegangenen herben Verlusten eine Gegenreaktion für überfällig gehalten haben.
Zum Ende des Tages stand beim Dow-Jones-Index ein Plus von 1,3 Prozent auf 32.403 Punkte bei einer Schwankungsbreite von 31.939 bis 32.611 Punkte. S&P-500 und die Nasdaq-Indizes legten noch einen Tick stärker zu. An der Nyse gab es nach ersten Angaben 2.203 (Donnerstag: 1.367) Kursgewinner und 962 (1.815) Kursverlierer. Unverändert schlossen 106 (124) Titel.
Positive Interpretation setzt sich durch
Einerseits wuchs die Zahl der neu geschaffenen Stellen deutlicher als erwartet, andererseits fiel die Arbeitslosenquote höher als prognostiziert aus. Und die für die Inflation besonders wichtigen Stundenlöhne legten zwar wie erwartet zu, aber damit auch nicht mehr ganz so stark wie zuletzt.
"Die Fed dürfte den heutigen Arbeitsmarktbericht mit Erleichterung aufnehmen", meinte Vermögensverwalter Thomas Altmann von QC Partners. Der Boom am Arbeitsmarkt ebbe ab und die Dynamik des Lohnanstiegs nehme ab. So wie der Arbeitsmarktbericht ausgefallen ist, sei er eine Legitimation für die Fed, die Geldpolitik langsamer zu straffen.
Dem hielt Chef-Anlagestratege Rusty Vanneman von Orion Advisor Solutions entgegen: "Die heutigen Daten sind wahrscheinlich nicht die Zahlen, die die Fed sehen wollte. Sie braucht wirklich eine wirtschaftliche Abschwächung, um den Inflationsdruck zu bremsen, und diese Zahlen geben das nicht her".
Insgesamt habe er den Eindruck, dass die Arbeitsmarktdaten nicht schwach genug ausgefallen seien, um eine bevorstehende Rezession anzudeuten, aber auch nicht stark genug, um die US-Notenbank unter Druck zu setzen, ein noch aggressiveres Programm von Zinserhöhungen in Betracht zu ziehen, sagte Marvin Loh, Marktstratege bei State Street.
Die Präsidentin der Federal Reserve Bank of Boston, Susan Collins, signalisierte derweil Unterstützung für weitere Zinserhöhungen, allerdings in einem etwas langsameren Tempo.
Berg- und Talfahrt auch am Anleihemarkt
Am Zinsterminmarkt verschob sich unterdessen die Wahrscheinlichkeit etwas in Richtung eines kleineren Zinsschritts im Dezember. Dazu passend sanken am Anleihemarkt die Renditen am kürzeren Ende - ebenfalls nach einer Berg- und Talfahrt zuvor.
Beim Dollar, der nach den Jobdaten deutlich zurückkam, spielte der Markt dagegen offenbar eine Verlangsamung des Zinserhöhungspfades. Der Dollarindex sackte um 1,9 Prozent regelrecht ab, nachdem er an den Vortagen aber auch deutlicher zugelegt hatte. Der Euro stieg um über 2 Prozent auf 0,9962 Dollar.
Sehr fest zeigte sich der Goldpreis, die Feinunze verteuerte sich um 50 Dollar oder gut 3 Prozent auf 1.680 Dollar. Unterstützend wirkten der sehr schwache Dollar und die sinkenden Anleihezinsen.
Öl verteuerte sich um bis zu 5 Prozent mit der Hoffnung auf eine Beendigung der strikten Corona-Politik in China. Ein solcher Schritt dürfte letztlich die Erdölnachfrage befeuern.
Quartalszahlen bewegen - Kursdebakel für Atlassian und Twilio
Am Aktienmarkt verloren Paypal 1,8 Prozent, nachdem der Zahlungsdienstleister mit Vorlage der Drittquartalszahlen seine Umsatzprognose gesenkt hatte. Überraschend gut schnitt Doordash (+8,3%) ab. Die Geschäfte des Essenslieferdienstes liefen zuletzt gut, obwohl die Restaurants nach dem Ende der Pandemie wieder geöffnet haben.
Expedia schossen um 5,7 Prozent nach oben. Das Online-Reiseunternehmen hatte mehr umgesetzt als erwartet und auch der Gewinn konnte kräftig gesteigert werden.
Gut kamen auch neue Geschäftszahlen von Starbucks (+8,5%) an. Pessimistische Ausblicke ließen dagegen die Softwareaktie Atlassian und das Papier der Cloud-Kommunikationsplattformbetreibers Twilio um 29,0 bzw. 34,6 Prozent abstürzen.
Biontech gewannen 6,2 Prozent auf ein Dreimonatshoch nach einem Bericht des Wall Street Journal, wonach China die Covid-19-Impfstoffe des Unternehmens für in China ansässige Ausländer zugelassen habe. Für die Aktie des Impfstoffpartners Pfizer ging es um 1,4 Prozent voran.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 32.403,22 +1,3% 401,97 -10,8% S&P-500 3.770,55 +1,4% 50,66 -20,9% Nasdaq-Comp. 10.475,25 +1,3% 132,31 -33,0% Nasdaq-100 10.857,03 +1,6% 166,43 -33,5% US-Anleihen Laufzeit Rendite Bp zu VT Rendite VT +/-Bp YTD 2 Jahre 4,69 -3,7 4,72 395,8 5 Jahre 4,34 -3,3 4,37 308,0 7 Jahre 4,27 -0,5 4,27 282,6 10 Jahre 4,17 +1,9 4,15 266,1 30 Jahre 4,27 +8,4 4,19 236,9 DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8:20 Uhr Do, 17:41 Uhr % YTD EUR/USD 0,9963 +2,2% 0,9777 0,9750 -12,4% EUR/JPY 146,07 +1,1% 144,64 144,60 +11,6% EUR/CHF 0,9898 +0,2% 0,9871 0,9861 -4,6% EUR/GBP 0,8757 +0,3% 0,8721 0,8730 +4,2% USD/JPY 146,63 -1,0% 147,98 148,36 +27,4% GBP/USD 1,1377 +1,9% 1,1208 1,1165 -15,9% USD/CNH (Offshore) 7,1744 -2,1% 7,2644 7,3403 +12,9% Bitcoin BTC/USD 21.131,53 +4,7% 20.632,40 20.265,78 -54,3% ROHOEL zuletzt VT-Settlem. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 92,51 88,17 +4,9% +4,34 +32,5% Brent/ICE 98,57 94,67 +4,1% +3,90 +34,4% GAS VT-Settlem. +/- EUR Dutch TTF 115,00 125,45 -8,3% -10,45 +91,2% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.679,50 1.630,26 +3,0% +49,24 -8,2% Silber (Spot) 20,88 19,45 +7,3% +1,43 -10,4% Platin (Spot) 966,50 919,15 +5,2% +47,35 -0,4% Kupfer-Future 3,71 3,43 +8,1% +0,28 -16,0% YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags ===
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November 04, 2022 16:08 ET (20:08 GMT)