Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Der Transport von Waren von A nach B hat sich unabhängig vom Verkehrsmittel stark verteuert. Doch die Eigenheiten der Lieferketten von Konsumgüterherstellern bedeuten, dass nicht alle gleichermaßen davon betroffen sind. Die Nachfrage nach Konsumgütern zog ungewöhnlich stark an, seit die meisten Länder begonnen haben, ihre Wirtschaft wieder zu öffnen. Dies hat den Druck auf die globalen Transportwege massiv verschärft und die Logistikkosten in die Höhe getrieben. Im ersten Quartal 2020 konnte ein Unternehmen Waren auf dem Seeweg noch für ungefähr 1.600 US-Dollar pro Schiffscontainer versenden.

Bis September 2021 kletterte die Rechnung auf rund 10.200 Dollar, wie eine Analyse von Bernstein zeigt. Auch für den Luft- und Straßenverkehr müssen die Unternehmen immer tiefer in ihre Taschen greifen, da es weniger Flugzeuge gibt und die Transportfirmen Schwierigkeiten haben, Fahrer einzustellen. Nach Schätzungen von Transport Intelligence fehlen in Europa etwa 400.000 Lkw-Fahrer. Ein ähnlicher Mangel in den USA führte dazu, dass die Spotpreise für Trockenlastwagen im dritten Quartal um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr anzogen.


   H&M warnt seine Investoren vor Preisnachlässen 

Die Belastung durch die höheren Vertriebskosten, die in einem normalen Jahr zwischen 5 und 10 Prozent des Umsatzes von Konsumgüterunternehmen ausmachen, schwankt von Marke zu Marke. Vieles hängt von der Länge ihrer Lieferketten, den bereits bestehenden Verträgen mit Transportunternehmen und ihrer Fähigkeit ab, die höheren Kosten an die Kunden weiterzugeben. Marken, die die meisten Kilometer zurücklegen, sind eindeutig gefährdet. Der Fast-Fashion-Händler H&M warnte kürzlich, dass im laufenden Quartal möglicherweise mehr Kleidung mit Preisnachlässen verkauft werden muss. Lieferverzögerungen bedeuten, dass die Waren aus den Fabriken in Asien, wo 69 Prozent der Produktion der Marke angesiedelt ist, verspätet eintreffen, wie die Bank of America schätzt. Der Konkurrent Inditex, zu dem Ketten wie Zara und Massimo Dutti gehören, ist in einer besseren Verfassung, da seine Produktion näher an Europa liegt.


   Premiummarken wälzen höhere Kosten einfach an Endverbraucher ab 

Premiummarken können das Problem durch höhere Preise auffangen. Der Sportbekleidungsgigant Nike hat vor kurzem erklärt, dass der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr niedriger ausfallen wird als erwartet, da er nicht genügend Ware aus Asien beziehen kann. Das Unternehmen geht jedoch davon aus, dass es seine Bruttomarge durch Preiserhöhungen und mehr Online-Geschäfte, wo der Verkauf besonders lukrativ ist, steigern kann. Luxusmarken wie Louis Vuitton und Gucci sind wiederum besser abgeschirmt, da ihre Kunden relativ unempfindlich gegenüber Preiserhöhungen sind.

Nicht alle Konsumgüterunternehmen haben ihren Logistikbedarf vollständig ausgelagert, was jetzt eine Stärke ist. Große Supermärkte wie Walmart verfügen über große eigene Fuhrparks. Das Gleiche gilt für einige globale Brauereien. Rund 40 Prozent der Logistik von Heineken wird von eigenen Lastwagen erledigt. Bei der Corona-Brauerei Constellation Brands entfallen 70 Prozent der Transportkosten auf die Schiene, wo die Preise nicht so stark emporschnellten wie auf der Straße, so Bernstein.


   Verwegene Prognose von Analysten 

Hersteller von Konsumgütern wie Nestlé und Unilever schließen in der Regel mehrjährige Verträge ab, die ihnen ein bestimmtes Maß an Kapazität in den Netzen externer Transportunternehmen garantieren. Die Preise für diese Verträge wachsen zwar an, aber nicht so stark wie die Spotraten. Für die Lebensmittelhersteller könnte es jedoch schwieriger werden, die Preise zu erhöhen, sofern die Verbraucher beginnen, auf billigere Alternativen wie Handelsmarken auszuweichen.

Bislang scheint der Markt das Problem für beherrschbar zu halten oder hofft, dass die Krise nur von kurzer Dauer ist und die Verbraucher weiterhin Preiserhöhungen akzeptieren. So erwarten Analysten laut Factset-Daten, dass die Bruttomargen der Modeketten Inditex, H&M und des Primark-Eigentümers ABF in den kommenden drei Jahren weitgehend stabil bleiben. Je länger die Transportwege blockiert sind, desto verwegener muten solche Prognosen an.

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October 19, 2021 10:46 ET (14:46 GMT)