Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Das Gesetz zur Errichtung einer nationalen Gasreserve soll nach Planungen des Bundeswirtschaftsministeriums "zeitnah in den Bundestag eingebracht und spätestens im April beschlossen werden, damit es zum 1. Mai 2022 in Kraft treten kann". Das verlautete in einem Papier aus Kreisen des Ministeriums, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Der Zeitplan sei "nötig, damit das komplette Sommerhalbjahr zur Befüllung der Speicher zur Verfügung steht", heißt es darin.

Den Angaben zufolge soll die Überwachung und insbesondere Durchsetzung der Speicherbefüllung in einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes festgelegt werden: Der so genannte "Marktgebietsverantwortliche", eine Tochtergesellschaft aller Gaspipeline-Betreiber in Deutschland, bekomme einen umfassenden Anreiz- und Sanktionskasten, um die Versorgungssicherheit im Winterhalbjahr zu gewährleisten.

In einem mehrstufigen Verfahren solle zunächst die Speicherbefüllung beobachtet und, wenn erforderlich, angereizt werden. Würden Mindestfüllstände absehbar nicht erreicht, griffen zusätzliche Instrumente, damit definierte Mindestfüllmengen zu verschiedenen Terminen erreicht würden. Konkret sollen die Speicher zum 1. August zu 65 Prozent, zum 1. Oktober zu 80 Prozent, zum 1. Dezember zu 90 Prozent und zum 1. Februar zu 40 Prozent befüllt sein müssen.


   Neues Instrument für Ausschreibungen 

In Stufe 1 erfolgt demnach die Befüllung durch die Marktteilnehmer. Zusätzlich sollen über Ausschreibungen im Frühjahr finanzielle Anreize gegeben werden können, um Speicherkapazitäten zu befüllen, um damit eine Sockelvorsorge zu etablieren. Ein neues Instrument dafür sollen laut den Angaben "Strategic Storage Based Options" (SSBO) als marktbasiertes Produkt sein. In Stufe 2 soll durch ein kontinuierliches Speichermonitoring frühzeitig festgestellt werden, wenn die Gaseinspeisung im Hinblick auf die Mindestfüllvorgabe zum 1. Dezember nicht ausreichend erfolgt.

Gegebenenfalls soll es zu zusätzlichen SSBO-Sonderausschreibungen kommen. Bei immer noch nicht ausreichender Befüllung soll die Speicherkapazität in Stufe 3 neu ausgeschrieben oder durch den Markgebietsverantwortlichen mit Gas befüllt werden. Die drei Stufen sollten dabei "keine starr zu befolgende Maßnahmenkaskade" darstellen, sondern miteinander kombiniert werden.

"Nutzen die Speichernutzer von ihnen gebuchte Kapazitäten nicht, werden sie ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt", hieß es zudem. Dieser lasse sie entweder von Marktakteuren im Wege der Ausschreibung von SSBO befüllen oder kaufe selber Gas ein, um dieses einzuspeichern. Der Entzugsmechanismus solle dazu führen, dass zum einen eine Hortung von Kapazitäten vermieden und zum anderen Anreiz zur Befüllung der gebuchten Kapazitäten besteht.

Die anfallenden Kosten dieser Instrumente sollen den Planungen zufolge auf die Netznutzer umgelegt werden. Die Höhe sei dabei "zum jetzigen Zeitpunkt kaum zu prognostizieren", weil nicht abschätzbar sei, wie viele Eingriffe durch den Marktgebietsverantwortlichen erfolgen müssten. Da das Gas zu Hochpreisphasen vor allen im Winter wieder ausgespeichert werde, könnten sogar Gewinne entstehen und so zu einer Entlastung der Gaskunden führen.

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DJG/ank/smh

(END) Dow Jones Newswires

February 28, 2022 11:11 ET (16:11 GMT)