Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Börsen haben ihre Anläufe an die jüngsten Rekord- oder Jahreshöchststände abgebrochen und notieren am Dienstagnachmittag etwas leichter. Der DAX fällt um 0,6 Prozent auf 15.800 Punkte, nachdem er den Rekordstand von 16.030 Punkten am Vormittag nur um etwa 23 Punkte verfehlt hatte. Nachdem er da noch sein Jahreshoch angelaufen hatte, notiert der Euro-Stoxx-50 nun 0,3 Prozent im Minus bei 4.186 Punkten.

"Es ist immer schwierig, aus einer überkauften Lage heraus das Allzeithoch anzugreifen", so ein Marktteilnehmer zum DAX. Die Konsolidierung unterhalb des Rekordstands werde sich nun erst einmal fortsetzen mit ersten Unterstützungen im Bereich um 15.800 Punkte. Bewegungen seien aufgrund der geringen Umsätze zwar schnell, aber häufig nicht nachhaltig. Zur Vorsicht mahne der nahende September, häufig ein schwächerer Börsenmonat.

Marktteilnehmer verweisen auch auf Aussagen von Robert Holzmann, dem Chef der österreichischen Notenbank. "Holzmann sieht die EZB in einer günstigen Lage, über einen Ausstieg aus den pandemiebedingten Hilfen nachzudenken", so der Händler. "Das stützt den Euro und hat DAX und Euro-Stoxx-50 kurzzeitig belastet", sagt er. Der Euro steigt zeitweise auf den höchsten Stand seit drei Wochen. Einen nachhaltigen Einfluss der Holzmann-Aussagen sieht der Marktteilnehmer allerdings nicht. Erstens seien sie nicht überraschend, und zweitens sei der österreichische Notenbankchef als Anhänger einer tendenziell eher strafferen Geldpolitik bekannt. "Neue Rekorde sind nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben", so der Marktteilnehmer.

Ähnlich äußert sich Jochen Stanzl von CMC Markets: "Das alles entscheidende Signal kam am vergangenen Freitag von der amerikanischen Notenbank in Form der Worte von Jerome Powell auf dem jährlichen Notenbanker-Treffen in Jackson Hole", sagt er. Da der US-Notenbankchef höhere Zinsen erst weit in der Zukunft sehe, sei seitdem "ein wahrer Kaufrausch bei Aktien ausgebrochen". Auch schwache Konjunkturdaten aus China könnten die Stimmung nicht trüben. Im Gegenteil: Anleger werten laut Stanzl die stärker als erwartet gefallenen Einkaufsmanagerindizes aus dem Reich der Mitte als ein Signal für möglicherweise bald schon wieder neue Stützungsmaßnahmen der Regierung in Peking.

Unter Druck stehen besonders die Titel aus dem Telekommunikationsbereich mit einem Minus ihres Stoxx-Branchenindex von 1,4 Prozent. Auch die Indizes der Versicherer und der Rohstofftitel notieren mit Abschlägen von knapp einem Prozent schwächer. Im Plus halten sich dagegen die Indizes der Pharma-Aktien, der Vesorger und der Technologietitel.


   Prosus mit Übernahme sehr fest 

Laut Marktkennern treiben Käufe von Investoren, die sich gegen steigende Inflation absichern wollen, die Versorger. "Versorger können ihre Kosten immer durchdrücken", sagt ein Händler. Dazu treibe der Umstieg auf E-Mobilität, der immer mehr Verbraucher zwangsweise zu Stromkunden mache. RWE steigen um 1,2, Eon um 0,7, Verbund um 0,5 und Endesa um 0,9 sowie EdF um 0,3 Prozent.

Technologie-Aktien profitieren von den starken US-Vorlagen mit neuen Nasdaq-Rekorden am Montag. Hier gewinnen Prosus etwa 5 Prozent nach dem Kauf des Anbieters von Zahlungssystemen Billdesk. Die Naspers-Tochter zahlt 4,7 Milliarden Dollar für das indische Unternehmen. Die Citigroup wertet den Kauf als strategisch sinnvoll. Die Akquisition werde eine Konsolidierung im Bereich digitale Zahlungssyteme auslösen. Auch werde die Reichweite von Prosus im schnell wachsenden indischen Fintech-Markt stark ausgeweitet.


   Delivery Hero und Deutsche Post führen DAX an 

Daneben hat Naspers mitgeteilt, man halte nun weitere 2,5 Prozent an Delivery Hero und damit insgesamt 27,47 Prozent an dem DAX-Unternehmen. Bei dessen südkoreanischer Tochter Woowa läuft es rund mit im August 100 Millionen ausgeführten Bestellungen. Delivery Hero sind mit 4,1 Prozent Plus stärkster DAX-Wert. Dahinter folgen Deutsche Post mit einem Plus von 0,9 Prozent. Marktteilnehmer erwarten, dass der Index-Betreiber Stoxx am Mittwoch die Aufnahme der Deutsche-Post-Aktien in den paneuropäischen Blue-Chip-Index Stoxx-50 bekanntgeben wird.

Im MDAX geben Lufthansa um 2,2 Prozent nach. Auch andere Aktien aus dem Sektor verlieren, so IAG um 3,5 Prozent. Lufthansa-Chef Konzernchef Carsten Spohr hatte am Vorabend vor Journalisten einen ernüchternden Ausblick auf die Wintersaison gegeben und von einem "langen, kalten Winter" gesprochen. Die Restrukturierung laufe aber und im zweiten Quartal sei wieder ein positiver Cashflow erzielt worden.

Vivendi (-2,1%) profitieren nicht davon, dass ein weiterer 2,9-Prozent-Anteil an der Tochter Universal Music Group (UMG) für 1,15 Milliarden Dollar noch vor dem Börsengang an Pershing Square verkauft wurde. Hochgerechnet entspricht der Anteilskauf einem Gesamtwert der Musiksparte von 35 Milliarden Euro, ein Wert, den die Analysten von Citi jüngst als zu niedrig bezeichnet hatten.

Gute Halbjahreszahlen hat der österreichische Baukonzern Strabag vorgelegt und außerdem den Ausblick erhöht. Dennoch verliert die Aktie 2,4 Prozent nach einer starken Entwicklung zuvor.


   Aktienrückkäufe bei Essilor und Cewe 

Leicht positiv wird bei Essilorluxottica die Ankündigung eines Aktienrückkaufs gesehen. Für das Papier geht es um 1,9 Prozent nach oben. Auch Cewe (+0,5%) hat einen Aktienrückkauf angekündigt. "Der ist zwar sehr klein, zeigt aber, dass Cewe den Kurs aktiv steigern will", heißt es.

Adler Group steigen nach einer erhöhten Prognose um 4,7 Prozent. Vor allem die zudem deutlich erhöhte Dividende dürfte Anlegern gefallen. Sie soll auf 57 bis 60 Cent nach zuvor 46 Cent steigen.


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Aktienindex                 zuletzt  +/- %  absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50              4.185,64  -0,3%   -13,16     +17,8% 
Stoxx-50                   3.616,73  -0,3%   -10,98     +16,4% 
DAX                       15.799,56  -0,6%   -87,75     +15,2% 
MDAX                      35.957,27  -0,9%  -311,60     +16,8% 
TecDAX                     3.910,82  -0,9%   -35,94     +21,7% 
SDAX                      17.086,32  -0,5%   -82,40     +15,7% 
FTSE                       7.106,30  -0,6%   -41,71     +10,6% 
CAC                        6.667,46  -0,3%   -19,84     +20,1% 
 
Rentenmarkt                 zuletzt         absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite         -0,41           +0,02      +0,17 
US-Zehnjahresrendite           1,28           -0,00      +0,36 
 
DEVISEN               zuletzt      +/- %   Di, 8:20   Mo,17:25   % YTD 
EUR/USD                1,1824      +0,2%     1,1830     1,1800   -3,2% 
EUR/JPY                129,70      +0,0%     129,94     129,67   +2,9% 
EUR/CHF                1,0789      -0,3%     1,0821     1,0808   -0,2% 
EUR/GBP                0,8578      +0,0%     0,8573     0,8578   -4,0% 
USD/JPY                109,72      -0,2%     109,84     109,89   +6,2% 
GBP/USD                1,3785      +0,2%     1,3800     1,3756   +0,9% 
USD/CNH (Offshore)     6,4545      -0,1%     6,4586     6,4636   -0,7% 
Bitcoin 
BTC/USD             48.096,76      -0,7%  47.048,01  47.862,26  +65,6% 
 
ROHOEL                zuletzt  VT-Settl.      +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex               68,51      69,21      -1,0%      -0,70  +42,7% 
Brent/ICE               72,92      73,41      -0,7%      -0,49  +43,1% 
 
METALLE               zuletzt     Vortag      +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)          1.814,48   1.810,25      +0,2%      +4,23   -4,4% 
Silber (Spot)           24,05      24,08      -0,1%      -0,02   -8,9% 
Platin (Spot)        1.014,50   1.011,20      +0,3%      +3,30   -5,2% 
Kupfer-Future            4,35       4,36      -0,3%      -0,01  +23,3% 
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DJG/hru/cln

(END) Dow Jones Newswires

August 31, 2021 10:06 ET (14:06 GMT)