Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgeworfen, bei der Zinspolitik zu vorsichtig zu agieren. "Die Zinssenkung um 25 Basispunkte ist zu wenig, um die Wirtschaft ausreichend zu stützen. Das Zinsniveau ist zu hoch und zu restriktiv. Die Geldpolitik wird die ohnehin schon schwache Wirtschaft auch im Jahr 2025 weiter schwächen", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Offensichtlich fehle dem Gremium des Zentralbankrats der Mut, dem Beispiel der US-Notenbank zu folgen und die Zinsen stärker zu senken, obwohl sich die Wirtschaft des Euroraums in einer deutlich schlechteren Lage befindet als die US-Wirtschaft.

Die übervorsichtige Entscheidung der EZB sei auch der ungewöhnlich hohen Unsicherheit geschuldet. Zwar erfülle die EZB längst wieder ihr Mandat der Preisstabilität. Auch die Inflationserwartungen seien gut verankert und kein Anlass zur Sorge. Allerdings sei es sehr wahrscheinlich, dass die EZB in den kommenden beiden Jahren mit großen Veränderungen und Inflationsschocks zu kämpfen haben werde. Einerseits könnte die zu restriktive Geldpolitik dazu beitragen, die Wirtschaft weiter zu schwächen und die Preisentwicklung deutlich zu dämpfen. Andererseits könnten der Protektionismus von Donald Trump, ein zunehmender Konflikt mit China und die geopolitischen Konflikte die Inflation wieder stark steigen lassen. "Daher ist die Vorsicht der EZB verständlich, auch wenn eine stärkere Zinssenkung der bessere Weg gewesen wäre", so Fratzscher.

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December 12, 2024 10:16 ET (15:16 GMT)