Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Vielleicht braucht es einen heilsamen Schock, um sich ernsthaft von Zigaretten lösen zu können. British American Tobacco (BAT) ist davon überrascht worden, wie schnell sich US-Raucher vom Tabak abwenden. Für den Konzern wird der Umbau in Richtung rauchfreie Produkte damit immer teurer.

Die Aktie von BAT, Eigner von Marken wie Lucky Strike und Dunhill, sackte am Mittwoch auf ein Zwölfjahrestief, nachdem der Konzern eine Abschreibung von 25 Milliarden britischen Pfund auf einige seiner US-Tabakmarken angekündigt hatte.

Zigarettenmarken, die BAT als Teil der Übernahme von Reynolds American erworben hat - Pall Mall, Newport, Natural American Spirit und Camel -, standen Ende des vergangenen Geschäftsjahres noch mit 67 Milliarden Pfund in den Büchern. Nun wird ihr Wert um ein Drittel nach unten korrigiert.

Es könnte ein Wendepunkt für Amerikas Tabakindustrie sein. Angesichts des rapiden Rückgangs des Zigarettenabsatzes Jahr für Jahr berücksichtigt BAT nun, dass sein US-Tabakgeschäft in ein paar Jahrzehnten viel kleiner ausfallen wird als bislang gedacht. "Die Buchhaltung holt die Realität ein", sagte der neue CEO Tadeu Marroco.


   Raucher schwören Zigaretten mit höherem Tempo ab 

Die Zahl der in den USA verkauften Zigaretten geht seit Jahren um 4 bis 5 Prozent im Jahr zurück. Tabakfirmen haben es aber immer noch geschafft, Umsatz und Gewinn zu steigern, indem sie die Preise erhöhten und die Kosten drückten.

Doch der Rückgang beschleunigt sich. Sowohl BAT als auch Marlboros US-Eigner Altria haben festgestellt, dass sich die Raucher in großer Zahl Einweg-Vapes zuwenden. Außerdem rauchen sie aus Kostengründen weniger Zigaretten. Mittlerweile sackt der Absatz mir rund 8 Prozent im Jahr ab.

Ausnahmsweise könnten die Regulierungsbehörden den großen Tabakkonzernen helfen. Die Einweg-Vapes werden aus China in die USA importiert und machen 60 Prozent aller Vaping-Produkte aus. Die nehmen den Konzernen Marktanteile bei Zigaretten und bei den aufkommenden rauchfreien Marken ab. Der Trend wird sich kaum abschwächen, wenn nicht die US-Gesundheitsbehörde FDA die Importe untersagt.

Es ist nicht absehbar, wann das passiert. Aber BAT will sich nun noch stärker auf das Geschäft mit rauchfreien Produkten konzentrieren. Mit diesen sogenannten "risikoarmen" Produkten wie Vapes unter der Marke Vuse oder den Nikotinbeuteln der Marke Velo will der Konzern ab 2025 einen Umsatz von 5 Milliarden Pfund jährlich erzielen. Das entspräche 16 Prozent am erwarteten Konzernumsatz. Nun will BAT ab 2035 die Hälfte des Konzernumsatzes mit Produkten aus der rauchfreien Kategorie erzielen. Das Ziel hat der Konzern gerade ausgegeben.

Für die Anleger besteht das Risiko darin, dass massive Investitionen die Gewinne, Dividenden und Aktienrückkäufe begrenzen. Tabak-Aktien werden üblicherweise für ihre Rendite gekauft.


   Fehlinvestitionen haben enorme Werte vernichtet 

Der Einstieg in weniger vertraute Kategorien kann nach hinten losgehen. Altrias Investition von 12,8 Milliarden Dollar in eine Beteiligung am E-Zigarettenhersteller Juul 2018 war eine der größten Wertvernichtungsaktionen in jüngster Zeit.

Auch Philip Morris International will sein Geschäft breiter aufstellen, doch auch da läuft es eher schleppend. Der Konzern, der Zigaretten der Marke Marlboro außerhalb der USA vertreibt, musste auf seine Wellness- und Healthcare-Sparte im Sommer 680 Millionen Dollar abschreiben. Im Jahr 2021 hatte das Unternehmen mehr als 2 Milliarden Dollar für drei Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich ausgegeben, unter anderem für den Inhalator-Hersteller Vectura. Philip Morris hat es aber nicht geschafft, diese zu entwickeln.

Wenn Kunden mit dem Zigarettenrauchen aufhören, bringt ihnen das üblicherweise sowohl finanzielle als auch gesundheitliche Vorteile. Tabakkonzerne, die sich vom traditionellen Tabakgeschäft verabschieden wollen, können darauf nicht hoffen.

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December 07, 2023 05:47 ET (10:47 GMT)