FRANKFURT (dpa-AFX) - Eine Rezession im Euroraum dürfte laut der Commerzbank den Kurs des Euro bis zum Jahresende unter einen US-Dollar sinken lassen. Zuletzt hatte der Euro Ende 2002 weniger als einen Dollar gekostet. Die Commerzbank-Volkswirte erwarteten wegen der hohen Energiepreise mittlerweile eine Rezession in der Eurozone, weshalb Devisenexperte Ulrich Leuchtmann die Prognose für den Euro-Dollar-Wechselkurs revidierte. Der Euro dürfte in den nächsten Monaten um und leicht unter Parität handeln, schrieb er in einer Studie am Freitag. Für 2023 rechne er zwar weiter mit einer Erholung, sei aber vorsichtiger geworden.

Konkret: Für Ende 2022 sowie für März 2023 setzt Leuchtmann für den Euro einen Kurs von 0,98 US-Dollar an. Erst anschließend rechnet er mit einer Erholung bis auf 1,10 Dollar Ende 2023.

Zwar spreche eine Wirtschaftsschwäche nicht zwingend auch für eine Schwäche der Währung einer Region, doch sprächen die Umstände in diesem Fall dafür. Denn die Rezession entstehe durch hohe Gaspreise, die energieintensive Branchen belaste und damit die Wirtschaftstätigkeit reduziere. Zwar gingen die Volkswirte der Commerzbank davon aus, dass der Euroraum russische Erdgaslieferungen im zweiten Halbjahr 2023 nachhaltig ersetzen könne, doch dürfte diesbezüglich noch lange Uneinigkeit im Markt bestehen. Das heißt: Aus Sicht der Akteure an den Finanzmärkten dürfte die Euroraum-Rezession gefährlicher erscheinen als die in den USA.

Gleichzeitig dürfte der Ersatz russischen Gases nur zu höheren Preisen möglich sein, was schlecht für die Exportwirtschaft sei. Und letztlich dürfte die Europäische Zentralbank weiterhin nicht entschieden gegen die Inflation vorgehen.

Der Euro war Mitte Juli erstmals seit etwa zwei Jahrzehnten wieder auf Parität zum Dollar gefallen, also genau einen Dollar wert. Anfang des Jahres waren es noch 1,14 Dollar. Der Euro leidet unter den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, die Europa besonders hart treffen. Zudem geht die EZB nur zögerlich gegen die hohe Inflation vor, insbesondere verglichen mit der US-Notenbank. Es gibt Befürchtungen, dass schnelle Zinserhöhungen im Euroraum hoch verschuldete Staaten wie etwa Italien schwer treffen würden. Die EZB hat vor diesem Hintergrund ein Sonderprogramm zur Verhinderung einer Fragmentierung aufgelegt.

Aktuell erholte sich der Eurokurs etwas auf zuletzt 1,03 Dollar. In den USA gab es jüngst Signale für einen zumindest etwas nachlassenden Inflationsdruck. Das weckte bei Investoren an den Finanzmärkten Erwartungen, dass die Fed bei ihren Zinserhöhungen erst einmal etwas weniger aggressiv vorgehen könnte. /mis/jsl/jha/