Ist das eine gute Nachricht? Das sollte man sich nicht so sicher sein.  In der Volkswirtschafslehre unterscheidet man die gute Inflation, die mit einem dynamischen Wirtschaftswachstum einhergeht, von jener die von temporären Faktoren bedingt ist. Im aktuellen Fall, wenn man die volatile Komponente, die sich aus Nahrungs- und Energiepreisen zusammensetzt, herausrechnet, liegt die Inflationsrate im Jahresvergleich nur bei 0,9%, unverändert im Vergleich zum Vormonat. Damit wird klar, dass sich der Rebound des Ölpreises, welcher sich innerhalb eines Jahres auf über $ 50 verdoppelt hat, stark auf die undifferenzierte Inflationsrate ausgewirkt hat.
 
Gleichzeitig hat die Arbeitslosenquote in der Eurozone den niedrigsten Stand seit 8 Jahren erreicht (9,6%), was einerseits positiv aber andererseits immer noch deutlich zu hoch ist.  Eine erste Schätzung der Wachstumsrate der 19 Euroländer taxiert diese auf 1,8% im Jahresvergleich. Schätzungen des International Währungsfonds (IMF) zufolge könnte sich das Wachstum im Jahr 2017 sogar verlangsamen. Somit bleibt real (nach Abzug der Inflationsrate vom Bruttowachstum) nur ein sehr geringes Wachstums übrig.
 
François Villeroy de Galhau, Gouverneur der Bank von Frankreich, konnte sich da noch so anstrengen zu betonen, dass die steigende Inflationsrate keine Bedrohung für das Ersparte darstelle. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sie die Banken beeilen werden, dieser Entwicklung über die Sparbücher Rechnung zu tragen. Auch die in der Eurozone gezahlten Löhne werden erst einmal stabil bleiben. Andererseits erhöht der jüngste Anstieg der Energiepreise die Produktionskosten der Unternehmen, was sich wiederum negativ auf den Umfang neuer Investitionen auswirken und schließlich das ohnehin schon so träge Wachstum in der Region hemmen könnte.
 
Das Gesamtbild lässt sogar kurz- bis mittelfristig eine von Stagflation (schwaches oder nicht vorhandenes Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig hoher Inflation) geprägte Periode befürchten. Ein derartiger Kontext könnte für eine Umkehr der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sorgen.
 
Der dargestellte Sachverhalt macht die Aufgabe der Zentralbanker sicherlich nicht einfacher. Da gleichzeitig erstmals seit langer Zeit aus der amerikanischen Politik Aussagen zum EUR/USD Kurs zu hören sind – Peter Navarro, der führende Wirtschaftsberater des neuen US Präsidenten Donald Trump hat in dieser Woche den Euro als stark unterbewertet bezeichnet und dabei mit dem Finger auf Deutschland als merkantilistischen Hauptprofiteur gedeutet – ist es aktuell sehr schwierig, die Richtung des EUR/USD zu bestimmen.
 
Aus charttechnischer Sicht befindet sich das Schlüsselniveau nun bei $ 1,0873. Falls dieses Kursniveau auf Tagesschlusskursbasis durchbrochen wird, könnten Anleger auf einen Kursanstieg in Richtung $ 1,102 setzen. Falls der Wechselkurs unter $1,07 rutscht, würden wir von diesem von uns aktuell privilegierten Szenario abrücken und einen Kursrückgang in Richtung  1,0604 erwarten.