Washington/Berlin (Reuters) - Die US-Notenbank kann das Thema Inflation nach der Zinswende vom September noch nicht abhaken.
Die Teuerungsrate sank im September nur minimal - auf 2,4 Prozent, nach 2,5 Prozent im August, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten einen kräftigeren Rückgang auf 2,3 Prozent auf dem Zettel. Von August auf September stiegen die Preise um 0,2 Prozent und damit doppelt so stark wie von Experten erwartet. "Die US-Notenbank kann sich noch nicht bequem zurücklehnen, was die Inflationsrisiken angeht", meint LBBW-Ökonom Elmar Völker.
Die US-Zentralbank Federal Reserve soll für Preisstabilität sorgen und zugleich Vollbeschäftigung fördern. Sie hatte angesichts der abebbenden Inflationswelle vorigen Monat die Zinswende eingeleitet. Sie senkte den geldpolitischen Schlüsselsatz um einen halben Punkt auf die Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell rechnet in diesem Jahr noch mit zwei weiteren Lockerungen um insgesamt einen halben Prozentpunkt. Weitere Schritte will die Fed allerdings von der Datenlage abhängig machen und jeweils von Sitzung zu Sitzung entscheiden.
"Eine Zinssenkung am 7. November halten wir weiterhin für wahrscheinlich. Mit den heutigen Daten wird es aber ganz gewiss nur ein kleiner Schritt", prophezeit LBBW-Experte Völker. Die US-Futures gerieten nach Veröffentlichung der Verbraucherpreisdaten etwas mehr unter Druck und notierten zwischen 0,2 und 0,6 Prozent im Minus. Während die Inflation leicht höher als gedacht ausfiel, stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend kräftig an. An den Terminmärkten nahmen die Wetten auf eine Senkung der Zinsen um einen Viertelprozentpunkt im November zu.
Sorgen dürfte den US-Währungshütern im Fed-Offenmarktausschuss der zugrundeliegenden Inflationstrend bereiten: Die sogenannte Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Kosten für Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, zog im September auf 3,3 Prozent an. Experten hatten damit gerechnet, dass die Kernrate auf dem Vormonatswert von 3,2 Prozent verharren würde.
Wegen des Anstiegs wird eine Zinssenkung im November nach Ansicht von VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel ungewisser. Noch sei zwar bei beiden verbleibenden Zinssitzungen im laufenden Jahr eine Lockerung um jeweils einen Viertelprozentpunkt realistisch. Doch es bleibe abzuwarten, wie sich die US-Währungshüter in den kommenden Wochen äußerten: "Innerhalb des Offenmarktausschusses dürfte man aber wohl ins Schwimmen kommen, ob eine weitere Zinssenkung im November sinnvoll ist", meint Gitzel.
SCHLECHTE NACHRICHTEN VOM ARBEITSMARKT
"Ob die Zinssenkungserwartungen aber gedämpft werden, ist fraglich, denn die zeitgleich veröffentlichten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind unerwartet deutlich gestiegen und sie lassen auf eine im Trend nachlassende Beschäftigungsdynamik schließen", gibt Helaba-Experte Ulrich Wortberg zu bedenken. In der vergangenen Woche stellten 258.000 Amerikaner einen Antrag auf staatliche Stütze. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit 230.000 gerechnet, nach 225.000 in der vorangegangenen Woche. Kritisch wird es ab einer Zahl von ungefähr 270.000 Anträgen, mit der aus Expertensicht zumeist eine negative Trendwende am Arbeitsmarkt einhergeht.
(Büro Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Reuters Marktteam, Klaus Lauer, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)