Vor dem G-20 Treffen eskalierte US-Präsident Trump gestern noch einmal sportlich.  Die Märkte reagierten gelassen auf sein „Getwitter“ (siehe Aktienmärkte Asien). Ist Trumps Strategie durchschaut? Verliert diese Strategie an Schärfe, wird jetzt Stumpfheit etabliert?

Seine O-Töne lauteten:

• Die EU und Deutschland hätten schlimmere Handelsbarrieren als China.
• Deutschland nutze die USA durch Energiekäufe aus Russland aus, da Deutschland gleichzeitig auf den Schutz der USA vor Russland setze.
• Die EU behandle die USA schlechter als China.
• Er kritisierte die EZB wegen der Möglichkeit der Lockerung der Geldpolitik (Währung).
• Trump kanzelte den Chef der Federal Reserve ob seiner Politik ab und würde Mario Draghi bevorzugen.
• Trumps Plan B für China sei, weniger Geschäfte mit China zu machen und viele Milliarden einzunehmen (die US-Wirtschaftssubjekte zahlen!). Das wäre wohl sehr schlecht für China. Es sei aber möglich, einen „Deal“ zu machen.
• Chinas Präsident Xi bezeichnete er als „Freund“ …

Donald Trump vergisst bei seinen Beschwerden über die Welt, auf die wir hier nicht weiter eingehen, weil die darin enthaltene Unsachlichkeit es verbietet, dass die Welt bisher den USA den größtmöglichen Dienst erweisen, da sie noch den USD weiter als Leitwährung akzeptieren. Dadurch wird die desolate Haushaltspolitik nicht zu einer Belastung wie in anderen Ländern. In Milliarden USD lässt sich dieser komparative Vorteil kaum ausdrücken (Argument für die EU versus USA!).

Aber diese Politik der US-Administration unterminiert genau diese Sonderbehandlung, die die USA derzeit noch erfahren.  Dieses Eis wird täglich für die USA dünner, aber es trägt fraglos noch.
Die Narrative, die den Märkten und der Politik aus den USA geboten werden, sind unterhaltsam. Das Traurige daran ist, dass Washington erwartet, dass man diese Narrative ernst nimmt oder sogar zu Grundlagen von Verhandlungen erhebt.

Man muss sich damit gezwungener Maßen auseinandersetzen. Der darin innewohnende Mangel an Sachlichkeit kann nur kleine Länder in die Knie zwingen (Mexiko, Kanada, USMCA). China (circa 19% des Welt-BIP) lässt sich nicht vorführen, die EU (circa 12%des Welt BIP) hoffentlich auch nicht (USA knapp 15% des Welt-BIP)!

Fakt ist, dass die USA sich unter Trump international isoliert haben. Für die gewünschte Machtpolitik der USA und die Rolle des USD ist das nicht hilfreich.

Was hat sich die letzten Jahre verändert (kleine Auswahl):

• Die Emirate und Saudi-Arabien wissen genau, wo die bedeutenden Kunden von heute und morgen sitzen (Asien). Der Petro-USD wird dadurch täglich erodiert. Waren Yuan-Öl Geschäfte vor fünf Jahren denkbar?
• In kurzer Taktfolge wird der USD aus bilateralen Handelsbeziehungen der aufstrebenden Länder zumindest in Teilen herausgenommen.
• Der in Teilen totalitäre Anspruch der USA gegenüber anderen Ländern führt zu neuen diplomatischen Initiativen von Drittländern, die sich in noch nur in zarten Ansätzen gegen US-Aggressionen solidarisieren (z.B. Diskurs über WTO 2).

Das aus den Fakten und nachfolgenden Daten erkennbare Fazit lautet, dass die vermeintliche Position der US-Stärke in den von den USA entfachten Konflikten losgelöst von internationalen Recht und Verträgen, sich sukzessive in eine Position einer potentiellen Schwäche verwandelt.
Die unverändert brachiale Lautstärke der US-Unsachlichkeit verliert dabei zunehmend an Traktion an Märkten und voraussichtlich auch in der internationalen Politik.
Für Trumps Administration gilt ultimativ der Ausspruch bezüglich Freunden und Partnern, dass es so herausschallt, wie es hineinruft!

Datenpotpourri der USA der letzten 24 Handelsstunden:
Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter enttäuschte gestern. Per Mai kam es unerwartet zu einem Rückgang auf Monatsbasis um 1,3% (Prognose -0,1%). Zudem wurde der Vormonatswert von -2,1% auf -2,8% revidiert. Der Jahresvergleich liefert recht eindeutige Ergebnisse der US-Handels- und Geopolitik. Per Mai lag der Wert im Jahresvergleich bei -3,3%.


© Zerohedge

Die Daten der vorläufigen Handelsbilanz (ohne Dienstleistungen, hier nur Güter) konnte nicht überzeugen: Per Mai kam es zu einem Defizit in Höhe von 74,55 Mrd. USD nach zuvor -70,92 Mrd. USD.
 
Ausgehend von der US-Politik ergeben sich unter Schwankungen weitere Eintrübungen in der US- und in der Weltkonjunktur. Trump Strategie für die USA geht nicht auf, sie verletzt sogar den Investitionsstandort USA durch Erhöhung der Kosten!
Werden diese Risiken sachlich so „professionell“ wie im November/Dezember 2018 (Aktienmärkte) bewertet? War das Risikocluster seinerzeit nicht viel übersichtlicher?
„Food for thought!“
 
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone 1.1100 – 30 negiert den positiven Bias des Euros.
Viel Erfolg!
 
Gastbeitrag von Folker Hellmeyer, Chefanalyst SOLVECON INVEST

www.solvecon-invest.de

Herr Hellmeyer hat am Finanzmarkt ursprünglich als Devisenhändler begonnen. Für Deutsche Bank und Helaba war er in Hamburg, London und Frankfurt tätig. Von 2002 bis 2017 war Herr Hellmeyer Chefanalyst der Bremer Landesbank und hat mit klaren Worten die Entwicklungen an den Börsen und im Finanzmarkt­geschehen kommentiert.