BERLIN (dpa-AFX) - Erst einmal geht es um den CDU-Vorsitz - aber natürlich schwingt beim Online-Parteitag an diesem Samstag auch die Frage mit, wer das Erbe von Kanzlerin Angela Merkel antreten könnte. Und welchen Kurs die Union im Parteienstreit bis zur Bundestagswahl im September fährt. Die drei Kandidaten im Kurzporträt:

ARMIN LASCHET - mit "Maß und Mitte", aber kein Bruch mit Merkel

Im Machtkampf um den CDU-Vorsitz hat Armin Laschet vor allem versucht, mit seiner Erfahrung als NRW-Ministerpräsident zu punkten - und mit einem Kurs von "Maß und Mitte". Eine scharfe Abgrenzung von der in der Bevölkerung wieder äußerst beliebten Kanzlerin Angela Merkel versuchte der Bergmannssohn aus Aachen zuletzt zu vermeiden - obwohl er sich gerade am Anfang der Corona-Krise gerne von ihrem Kurs harter Beschränkungen distanziert hatte. Der studierte Jurist wirbt für eine Erneuerung der CDU ohne harten Bruch mit Merkel.

Dass der 59-Jährige beim Corona-Krisenmanagement nicht so forsch wie sein bayerischer Kollege Markus Söder (CSU) auf Beschränkungen drängte, fanden viele nicht so gut. Das zeigen Umfragen. Selbst Anhänger und sein Teampartner auf dem Marathon zur Macht in der Partei, Jens Spahn, waren nicht begeistert, dass der Kampf gegen das Virus den Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes viel Zeit im Ringen um den Vorsitz kostete.

Doch der zäh und ohne große Pose auftretende CDU-Bundesvize ist schon öfter unterschätzt worden. In den vergangenen Wochen startete er in den Werbe-Endspurt durch die Kreisverbände. Beim letzten gemeinsamen Online-Auftritt der Kandidaten vor Parteipublikum am Freitag galt er vielen als Gewinner.

In der CDU hat er die "Ochsentour" hinter sich: Vom Aachener Stadtrat über den Bundestag, das Europaparlament hin zum NRW-Landtag - bis er 2017 Ministerpräsident wurde. Laschet gilt als Brückenbauer und nicht als Polarisierer - er verweist gerne auf die Ein-Stimmen-Mehrheit seiner Regierung mit der FDP, in die er geschickt die verschiedenen Flügel seiner Partei eingebunden hat.

FRIEDRICH MERZ - zweiter Anlauf für den Parteivorsitz

Die Parteijugend hat sich schon mal in einer Mitgliederbefragung für ihn ausgesprochen, die Spitze der Frauen Union soeben deutlich gegen ihn. Keine Frage, Friedrich Merz polarisiert. Der ehemalige Unionsfraktionschef im Bundestag bedient klar die konservative Klientel der Union, etwa wenn er früher von "deutscher Leitkultur" sprach oder sich jetzt strikt gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Lagern in Griechenland oder Bosnien ausspricht. Und er steht am ehesten für einen Abgrenzungskurs gegen die Politik von Angela Merkel. Auch wenn er soeben bekräftigt hat: "Das wird kein Bruch."

Der 65-jährige Jurist, der Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU ist, fordert von seiner Partei ein "klares wirtschaftspolitisches Profil", das aber umweltgerecht und sozialverträglich sein müsse.

Eigentlich schien die politische Karriere des früheren CDU-Hoffnungsträgers schon mehr oder weniger beendet. 2002 verdrängte ihn die CDU-Vorsitzende Merkel vom Amt des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, das er zwei Jahre vorher von Wolfgang Schäuble übernommen hatte. Dieser fördert ihn bis heute. Bei der Bundestagswahl 2009 kandidierte Merz nicht mehr, kümmerte sich stattdessen um seine Anwaltskanzlei und ging in die Wirtschaft, etwa zum amerikanischen Vermögensverwalter Blackrock, wo er Aufsichtsratschef für Deutschland wurde.

Nach Merkels Verzicht auf den CDU-Vorsitz erschien der zugleich bodenständige und weltgewandte Merz wieder auf der politischen Bühne. Er kandidierte beim Bundesparteitag 2018 für das Amt, unterlag aber knapp Annegret Kramp-Karrenbauer, die er nun beerben will.

Immer wieder sorgte der Vater von drei Kindern, der mit einer erfolgreichen Juristin verheiratet ist, für politischen Wirbel - etwa, als er im Herbst 2019 das Erscheinungsbild der Bundesregierung als "grottenschlecht" bezeichnete.

NORBERT RÖTTGEN - Außenpolitiker, der die Partei erneuern will

Als Außenseiter gestartet, hat Norbert Röttgen zuletzt in Umfragen deutlich aufgeholt. Der 55-Jährige hat versucht, sich im Kampf um den CDU-Vorsitz vor allem als Erneuerer zu profilieren. Die Partei müsse weiblicher, jünger, digitaler und interessanter werden, sagte Röttgen bei einem Auftritt. In der CDU müsse wieder um Themen gerungen werden, ohne dass das Ergebnis von vornherein feststehe. Die Partei brauche außerdem klimapolitische Glaubwürdigkeit.

Als Bundesumweltminister hatte sich Röttgen von 2009 bis 2012 das Image des Vorkämpfers für den Atomausstieg und ambitionierten Klimaschutz erworben. Sein Spitzname war "Muttis Klügster", der feinsinnige Jurist gehörte zum direkten Umfeld von Kanzlerin Angela Merkel. Doch dann folgte der tiefe Fall.

Als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012 scheiterte er spektakulär. Fast 13 Punkte lagen zwischen seiner CDU und der SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im bevölkerungsreichsten Bundesland. Der Jurist bekam die Klatsche auch dafür, dass er sich vor der Wahl nicht klar zu einem Wechsel nach Düsseldorf auch im Fall einer Niederlage bekannt hatte. Als er seinen Posten als Bundesumweltminister einfach weiterführen wollte, warf ihn Merkel kurzerhand raus. Kurz danach verlor er auch noch seinen Posten als CDU-Vize.

Plötzlich war Röttgen nur noch einfacher Bundestagsabgeordneter. Doch er rappelte sich wieder auf und übernahm 2014 den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss. Seither ist er ein viel gefragter Experte, der für seine Russland-kritische Haltung und als Amerika-Freund bekannt ist. Röttgen hat sich aber mit der Kandidatur für den CDU-Vorsitz neben der Außenpolitik auch zu anderen Themen positioniert./bk/sk/hoe/beg/DP/mis