Kramatorsk/Kiew (Reuters) - Die ukrainische Armee hat nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj im Süden und Osten des Landes deutliche und schnelle Fortschritte gemacht.

Dort seien Dutzende Siedlungen zurückerobert worden, die in den von Russland annektierten Gebieten liegen, sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. "Allein in dieser Woche, seit dem russischen Pseudo-Referendum, wurden Dutzende von Bevölkerungszentren befreit. Diese befinden sich alle in den Regionen Cherson, Charkiw, Luhansk und Donezk", sagte er.

Selenskyj erklärte acht kleine Städte in Cherson im Süden als zurückerobert. Reuters konnte diese Aussagen allerdings nicht unabhängig überprüfen.

Russland hatte Ende September in den vier ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson Referenden über einen Beitritt zu Russland abgehalten. Präsident Wladimir Putin verkündete anschließend die Annexion der zu einem Teil von Russland besetzten Gebiete. Ein entsprechendes Gesetz unterzeichnete er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Mittwoch. Doch in den vergangenen Tagen waren russische Streitkräfte in den Regionen Donezk und Cherson zum Rückzug gezwungen, da eine zunehmend westlich ausgerüstete ukrainische Armee Boden gut machte.

UKRAINISCHE STREITKRÄFTE - MACHEN BODEN GUT

"In einigen Bereichen der Frontlinie war es möglich, das von uns besetzte Gebiet um zehn bis 20 Kilometer zu erweitern", teilte das südliche Operationskommando der ukrainischen Streitkräfte (UAF) am Mittwoch mit. Derweil hätten russische Streitkräfte bei ihrem Rückzug ihre Munitionsreserven zerstört und versucht, durch die Zerstörung von Brücken und Übergängen den Vormarsch der ukrainischen Truppen zu stoppen. In Cherson hätten abziehende russische Streitkräfte Minen in Infrastruktureinrichtungen und in Häusern platziert, hieß es zudem. In den vergangenen 24 Stunden verlor Russland nach Angaben des UAF 31 Soldaten sowie mehr als 40 Ausrüstungsgegenstände darunter acht Panzer, 26 gepanzerte Fahrzeuge und eine großkalibrige Haubitze.

Russland versucht durch eine Teilmobilisierung wieder in die Offensive zu kommen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu wurde am Dienstag von der Nachrichtenagentur RIA mit den Worten zitiert, Russland habe bisher mehr als 200.000 Reservisten von den geplanten 300.000 einberufen. Viele russische Männer sind allerdings aus dem Land geflohen, um nicht eingezogen zu werden. Russische Anwälte erklärten, sie arbeiteten mit Hochdruck daran, Männer zu beraten, die einer Einberufung entgehen wollen.

USA SAGEN WEITERE HILFE ZU

US-Präsident Joe Biden sagte Selenskyj in einem Telefonat derweil weitere Unterstützung zu. Demnach werden die USA der Ukraine 625 Millionen Dollar an neuen Hilfen zur Verfügung stellen, einschließlich Trägerraketen des High Mobility Artillery Rocket Systems (HIMARS). Biden bekräftigte zudem, die Vereinigten Staaten würden die Annexion ukrainischen Territoriums durch Russland nie anerkennen, wie das US-Präsidialamt erklärte. Zuvor hatte auch die Europäische Union die Annexion der Gebiete als illegal bezeichnet und Russland aufgefordert, seine Truppen bedingungslos abzuziehen.

(unter Mitarbeit von Reuters-Reportern, geschrieben von Anneli Palmen, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Jonathan Landay und Tom Balmforth