Nachrichten und Einschätzungen zu dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie den Auswirkungen:


Deutschland beteiligt sich an Finanzierung von 16 Haubitzen 

Deutschland, Dänemark und Norwegen finanzieren gemeinsam die Produktion von 16 slowakischen Haubitzen für die Ukraine. Wie das Bundesverteidigungsministerium am Sonntag mitteilte, hat das Projekt einen Gesamtwert von 92 Millionen Euro. Die drei finanzierenden Länder teilen sich die Kosten demnach zu gleichen Teilen. Beschafft werden den Angaben zufolge 16 Radpanzerhaubitzen vom Typ Zuzana 2 aus slowakischer Produktion. "Mit der Lieferung an die Ukraine wird im Jahr 2023 begonnen", hieß es weiter. Das Vorhaben geht laut Bundesverteidigungsministerium auf Vereinbarungen auf der Kopenhagener Geberkonferenz für die Ukraine im August zurück. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte nach ihrer Rückkehr von einem Besuch in der Ukraine in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", Deutschland werde sich "noch in vielfältiger Weise engagieren und auch wieder - so wie bisher auch schon - mit Partnern zusammen". Sie betonte, dass über Ringtauschverfahren "die Ukraine jetzt schnell mit circa hundert Panzern beliefert werden kann".


Selenskyj verkündet vollständige Zurückeroberung von Lyman 

Zwei Tage nach der Annexion vier ukrainischer Regionen durch Russland hat Kiew eigenen Angaben zufolge die wichtige Stadt Lyman in der Ostukraine komplett zurückerobert. Die Stadt in der von Russland am Freitag annektierten Donezkregion sei seit 12.30 Uhr (11.30 Uhr MESZ) "vollständig" von russischer Militärpräsenz befreit, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in einem in Onlinenetzwerken veröffentlichten Video. Die Rückeroberung Lymans ist der erste größere militärische Erfolg der Ukraine in den am Freitag von Russland annektierten Gebieten. In Moskau erkannte Russlands Verfassungsgericht am Sonntag die von Putin unterzeichneten Annexionsverträge für die ukrainischen Gebiete als rechtmäßig an. Die Abkommen stünden in Einklang mit der russischen Verfassung, hieß es.


Lambrecht besucht erstmals seit Kriegsbeginn die Ukraine 

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat am Samstag erstmals seit Kriegsbeginn die Ukraine besucht. In der Hafenstadt Odessa traf sie mit ihrem ukrainischen Kollegen Oleksij Resnikow zusammen, wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte. Die Ukraine benötige insbesondere Waffen zur Luftverteidigung, sagte Lambrecht bei ihrem Ukraine-Besuch im Interview mit den ARD-Tagesthemen. "Nach den Eindrücken, die ich heute gewonnen habe, steht jetzt die Luftverteidigung im Vordergrund sowie die Artillerie", sagte sie. Sie habe erlebt, "wie mit Drohnen die Bevölkerung gequält wird". In der Frage der von Kiew geforderten Panzerlieferungen bekräftigte Lambrecht die Haltung der Bundesregierung, dass es keine Alleingänge Deutschlands geben werde. Zum Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Lambrecht, in Brüssel herrsche Einigkeit, dass die Nato keine Kriegspartei wird. Dies werde auch in Zukunft so bleiben.


Kadyrow fordert Einsatz von "Atomwaffen mit geringer Sprengkraft" 

Der Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow hat die russische Armee zum Einsatz von "Atomwaffen mit geringer Sprengkraft" in der Ukraine aufgerufen. "Meiner Meinung nach sollten drastischere Maßnahmen ergriffen werden, bis hin zur Verhängung des Kriegsrechts in den Grenzgebieten und dem Einsatz von Atomwaffen mit geringer Sprengkraft", erklärte Kadyrow auf Telegram am Samstag nach dem Rückzug der Russen aus der strategisch wichtigen ukrainischen Stadt Lyman. Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien prangerte zudem die "Vetternwirtschaft" in der russischen Armee an. Diese werde "zu nichts Gutem führen". Zuvor hatte Moskau den Rückzug seiner Truppen aus der Stadt Lyman in Donezk gemeldet. Donezk ist eine der vier ukrainischen Regionen, deren Annexion Russland am Freitag verkündet hatte. An der Zeremonie rund um die Unterzeichnung der Annexionsabkommen hatte auch Kadyrow teilgenommen.


Ukraine meldet Einkesselung russischer Truppen in Region Donezk 

Ukrainische Streitkräfte haben nach eigenen Angaben nahe der Stadt Lyman in der ostukrainischen Region Donezk tausende russische Soldaten eingekesselt. "Die russische Gruppierung in der Nähe von Lyman ist eingekesselt", sagte ein Sprecher der Armee im Osten des Landes am Samstag laut der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Demnach hätten sich zuvor "etwa 5.000 bis 5.500" russische Soldaten in dem von Moskau besetzten Gebiet befunden, die Militäroffensive könnte sie jedoch "reduziert" haben. Die strategisch wichtige Stadt Lyman ist seit dem Frühjahr von Moskaus Truppen besetzt. Dem Militärsprecher zufolge konnten fünf Ortschaften in der Nähe der Stadt befreit werden. Auch der Gouverneur der benachbarten Region Luhansk meldete am Samstag, dass fast 5.000 russische Soldaten im "Lyman-Kessel" umzingelt seien. In Onlinediensten erklärte Serhij Hajdaj, die Truppen hätten drei Optionen: den Durchbruch zu versuchen, zu sterben oder sich zu ergeben.


Chef von Atomkraftwerk Saporischschja festgenommen 

Russland hat nach ukrainischen Angaben den Chef des unter russischer Kontrolle stehenden Atomkraftwerks Saporischschja in der Südukraine festgenommen. Ihor Muraschow sei am Freitagnachmittag auf dem Weg vom Akw in die Stadt Enerhodar von einer "russischen Patrouille" festgenommen worden, erklärte der Chef des staatlichen ukrainischen Atomkraftwerkbetreibers Energoatom, Petro Kotin, am Samstag in den Online-Netzwerken. Kotin zufolge stoppten die Russen das Fahrzeug des Akw-Generaldirektors, holten ihn aus dem Wagen und "fuhren ihn mit verbundenen Augen in eine unbekannte Richtung". Muraschow "trägt die volle und alleinige Verantwortung für die nukleare Sicherheit" der Anlage in Saporischschja, fügte der Energoatom-Chef hinzu. Das größte Atomkraftwerk Europas ist seit März von russischen Truppen besetzt. Die Anlage geriet in den vergangenen Wochen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine immer wieder unter Beschuss, für den sich Moskau und Kiew gegenseitig verantwortlich machten.


Präsidentenberater sieht erhöhtes Risiko von russischem Atomwaffen-Einsatz 

Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak sieht eine wachsende Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen durch Russland. "Angesichts der inneren Panik in der Russischen Föderation und der zunehmenden militärischen Niederlagen steigt das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen", sagte Podoljak der Bild-Zeitung. Dennoch sei es nicht die Ukraine, die Russland "in einem nuklearen Wahn" aufhalten könne und sollte. "Das Problem des möglichen Einsatzes von Atomwaffen sollte ausschließlich auf der Ebene der Mitgliedsländer des Nuklearclubs und streng im Rahmen der Doktrin der nuklearen Abschreckung gelöst werden", sagte Podoljak. Russland müsse sich der Verantwortung und der Möglichkeit bewusst sein, "einen wirksamen Schlag als Antwort zu erhalten". Der scheidende Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte der Zeitung, die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin hinsichtlich des Einsatzes von Atomwaffen müssten ernst genommen werden. Der Westen solle ihm daher "die apokalyptischen Folgen dieses Selbstmord-Schrittes" vor Augen führen. "Es ist noch nicht zu spät, dieses katastrophale Szenario zu verhindern", sagte Melnyk.


Selenskyj vermeldet "erhebliche Erfolge" bei Gegenoffensive im Osten 

Nach der Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten durch Russland hat Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj "erhebliche Erfolge" der ukrainischen Gegenoffensive im Osten des Landes vermeldet. "Jeder hat gehört, was in Lyman, in der Region Donezk, passiert", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft am Freitag, mit Verweis auf die Fortschritte bei der Rückeroberung der strategisch wichtigen Stadt, die seit dem Frühjahr von Moskaus Truppen besetzt ist. Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag in einer aufwendigen Zeremonie im Kreml offiziell die Abkommen zur Annexion von vier vollständig oder teilweise von Moskau kontrollierten Regionen in der Ukraine, darunter auch Donezk, unterzeichnet. Mit der Annexion hatte die russische Führung klargemacht, dass sie Angriffe auf diese Regionen künftig als Angriffe auf russisches Staatsgebiet betrachten werde. Für diesen Fall drohte die Nummer zwei des russischen Sicherheitsrates, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, mit dem Einsatz "strategischer Atomwaffen". Selenskyj zeigte sich von den russischen Drohungen offenbar unbeeindruckt.


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October 02, 2022 08:49 ET (12:49 GMT)