München (Reuters) - Der angeklagte Wirecard-Manager Oliver Bellenhaus ist nach mehr als dreieinhalb Jahren in Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuß. Das Landgericht habe den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt und die Haftentlassung angeordnet, sagte ein Sprecher des Oberlandesgerichts am Dienstag in München. Der 50-jährige, früher Statthalter des Zahlungsabwicklers in Dubai, habe die Justizvollzugsanstalt in München-Stadelheim bereits verlassen. Bellenhaus gilt in dem Prozess um die Pleite des einstigen Börsenlieblings Wirecard als Kronzeuge. Er hatte sich kurz nach der Insolvenz im Juni 2020 den Behörden gestellt und eingeräumt, dass ein Großteil des Asien-Geschäfts von Wirecard praktisch erfunden gewesen sei - was der damalige Vorstandschef Markus Braun bestreitet.

Bellenhaus saß seit dem 7. Juli 2020 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft sieht ihn unter anderem mit Braun, dem flüchtigen Vorstand Jan Marsalek und dem Finanzmanager Stephan von Erffa als Teil einer Bande, die Umsätze manipuliert und Geschäft in Asien vorgetäuscht habe. Der Ex-Vorstandschef wirft Bellenhaus und Marsalek dagegen vor, die Milliardenerlöse in Asien hinter seinem Rücken beiseitegeschafft zu haben. Brauns Verteidiger hatten mehrfach vergeblich eine Freilassung ihres Mandanten aus der Untersuchungshaft beantragt. Die Entscheidung zugunsten von Bellenhaus deutet darauf hin, dass das Gericht eher ihm Glauben schenkt als Braun.

Grund für die Freilassung seien die lange Haftdauer, sein Geständnis und seine Bemühungen um eine Wiedergutmachung des Schadens, erklärte das Gericht. Zwar bestehe immer noch Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Um das Risiko zu mindern, reiche es aber aus, wenn Bellenhaus seinen Personalausweis und Reisepass bei der Staatsanwaltschaft hinterlege und binnen einer Woche einen Wohnsitz melde. Er dürfe keinen Kontakt zu Mitangeklagten und Zeugen aufnehmen.

(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)