Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will am Dienstag eine Bilanz zur deutschen Klimapolitik und ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Erste Maßnahmen zum Klimaschutz-Sofortprogramm sollen im April vom Bundeskabinett verabschiedet werden, wie etwa eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) mit dem Wegfall der Umlage zur Förderung des Ökostromausbaus ab 2023, hieß es aus dem Ministerium.

Für Habeck sei klar, dass die neue Bundesregierung mit einem "drastischen Rückstand" anfange und der deutsche Klimaschutz hinter den Erwartungen liege. In seiner Eröffnungsbilanz werde er auf einer Presskonferenz am Dienstag deutlich machen, dass Deutschland seine Klimaziele 2022 aller Voraussicht nach verfehlen werde. Auch für 2023 werde es schwer, hieß es aus dem Ministerium. Daher müsse man nun zügig die Reduktion der Treibhausgasemissionen angehen.

Dies müsse über einen Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Nutzung von Fläche für Windenergie, mehr Produktion von grünem Wasserstoff und mindestens eine Vervierfachung von Wärmepumpen auf 4 bis 6 Millionen erreicht werden. Außerdem müssten die öffentlich zugängigen Ladepunkte für Elektrofahrzeuge massiv ausgebaut werden.


   Höhere Ausschreibungen für Wind und Solar 

Weitere Klimaschutz-Maßnahmen sollen bis spätestens Sommer im Kabinett beschlossen werden, damit die Umsetzung im zweiten Halbjahr erfolgen und die Maßnahmen ab 2023 wirken können.

Dabei geht es beispielsweise um höhere Ausschreibungsmengen für neue Windkraft- und Solaranlagen, damit Deutschland bis 2030 80 Prozent seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gewinnen kann. Dies soll erreicht werden etwa durch ein Wind-an-Land-Gesetz, mit dem 2 Prozent der Landesfläche für Windkraft reserviert wird. Auch sollen schnellere Genehmigungsprozesse für Windräder ermöglicht sowie geringere Mindestabstände zu Drehfunkfeuern oder Wetterradar-Anlagen erwogen werden. Habeck hat bereits vor Wochen deutlich gemacht, dass in Deutschland pro Jahr 1.000 bis 1.500 Windräder gebaut werden müssten, um das deutsche Klimaziel 2030 zu erreichen. In den vergangenen Jahren wurden lediglich um die 450 Windräder gebaut.

Der Minister plant zudem ein Solarbeschleunigungspaket mit einer Anhebung der Ausschreibungsfläche unter Beachtung von Naturschutzkriterien sowie eine Solardachpflicht für neue Gewerbegebäude.


   Hilfe für Unternehmen 

Habeck plant außerdem die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Bereitstellung von Klimaschutzdifferenzverträgen (Carbon Contracts for Difference), mit denen die Industrie bei ihrem Umbau hin zur Klimaneutralität unterstützt werden soll, hieß es aus dem Ministerium. Die Regierung hofft, dass sich die Wirtschaftlichkeit klimaneutraler Produktionsverfahren dank dieses Instruments früher einstellen und die Kosten für Unternehmen planbarer werden.

Außerdem plant die Bundesregierung eine Wärmestrategie, um die Energieeffizienz in Gebäuden zu steigern. Die Produktion von grünem Wasserstoff soll bis 2030 von 5 auf 10 Gigawatt verdoppelt, und weitere Förderprogramme sollen vorgestellt werden.

Ziel von Habeck ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung massiv zu erhöhen. Dieser lag im vergangenen Jahr laut Bundesnetzagentur bei 42,8 Prozent nach 48,0 Prozent im Jahr 2020. Die Bundesregierung will den Anteil bis 2030 auf 80 Prozent nahezu verdoppeln.

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden und bis 2030 die klimaschädlichen Emissionen um 65 Prozent unter das Niveau von 1990 senken.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/mgo

(END) Dow Jones Newswires

January 10, 2022 11:26 ET (16:26 GMT)