Bund und Länder hätten die Förderung von solchen Wohneinheiten massiv vernachlässigt, erklärte ein Bündnis aus Mieterbund und Baugewerkschaft IG BAU sowie Sozial- und Branchen-Verbänden am Dienstag. Die Studie des Pestel-Instituts aus Hannover zeige, dass der Staat in besonders angespannten Wohnungsmärkten, in denen es an bezahlbaren Alternativen mangele, deutlich über dem Durchschnitt liegende Mieten bei der Übernahme der Kosten der Unterkunft zahle. "Die Lage am Wohnungsmarkt spitzt sich weiter zu: Steigende Mieten, kaum Neubau und keine Besserung in Sicht", sagte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB). Die Krise mit immer höheren staatlichen Zuschüssen für das Wohnen zu lösen, führe ins Leere. Wichtiger sei vielmehr, Mieterhöhungsspielräume effektiv zu begrenzen und Ausgaben für den Bau von Sozialwohnungen deutlich zu erhöhen. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger, warnte vor einem "Gau beim Wohnungsbau". Um den sozialen Wohnungsbau anzuschieben, sollte für den Neubau von solchen Einheiten die Mehrwertsteuer auf sieben von 19 Prozent sinken.

Das Bündnis "Soziales Wohnen" bekräftigte seine Forderung nach einem 50-Milliarden-Euro-Paket von Bund und Ländern, mit dem sozialer Wohnraum gefördert werden solle. Nur so könne es gelingen, dem Ziel der Ampel-Koalition, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen, "wenigstens ein Stück" näher zu kommen.

"Um bedürftigen Haushalten das Wohnen überhaupt noch zu ermöglichen, ist der Staat mittlerweile gezwungen, stetig steigende Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt zu akzeptieren", sagte Studienleiter Matthias Günther vom Pestel-Institut. Dabei zahle die öffentliche Hand Mieten, die oft deutlich über der Durchschnittsmiete lägen. "Dadurch sind die notwendigen staatlichen Ausgaben für das Wohngeld und für die Kosten der Unterkunft geradezu explodiert."

Spitzenreiter ist laut Studie München. Hier lag die von den Job-Centern gezahlte Miete bei den Kosten der Unterkunft mit 19,20 Euro pro Quadratmeter rund 6,40 Euro - und damit genau 50 Prozent - über der Münchner Durchschnittsmiete. Unterm Strich bezahlt der Staat demnach allein in München schon Monat für Monat eine Millionensumme an "Mehr-Miete". Bundesweit ermittelt die Studie allein bei den Kosten der Unterkunft im Vergleich zur Durchschnittsmiete rund 700 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr.

Insgesamt gab der Staat nach Angaben der Wissenschaftler 2023 erstmals mehr als 20 Milliarden Euro an Sozialausgaben für die Unterstützung bedürftiger Menschen beim Wohnen aus: gut 15 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft, die überwiegend von den Job-Centern gezahlt werden, und über fünf Milliarden Euro für Wohngeld. Dagegen lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau in den vergangenen Jahren nur bei unter 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, heißt es in der Studie. "Die Sozialausgaben fürs Wohnen sind damit acht Mal so hoch wie die Förderung für den Neubau von Sozialwohnungen", sagte Günther. Grund für das "deutliche Missverhältnis" sei vor allem das langjährige Missmanagement des Bundes. "Er hat den Sozialwohnungsbau - also die Objektförderung - bis vor kurzem auf ein Minimum heruntergefahren und damit drastisch steigende Ausgaben für die Kosten der Unterkunft und für das Wohngeld - also für die Subjektförderung - provoziert."

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)