(Neue Reaktionen aus US-Senat ergänzt)

WASHINGTON (dpa-AFX) - Der Befehl von US-Präsident Donald Trump zur Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani im Irak hat in den USA eine Debatte über die Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Vorgehens entfacht. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, warnte am Freitag vor "provokativen und unverhältnismäßigen" Aktionen und einer "gefährlichen Eskalation der Gewalt". Beistand bekam Trump aus den Reihen seiner Republikaner. Der US-Präsident selbst verteidigte die Aktion und stellte Soleimani als Massenmörder dar: "Er hätte vor vielen Jahren getötet werden sollen."

Der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden war in der Nacht zum Freitag bei einem Raketenangriff des US-Militärs nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. Die Bombardierung erfolgte dem US-Verteidigungsministerium zufolge auf Anweisung von Trump, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte, um weitere Angriffe auf US-Diplomaten und Einsatzkräfte zu verhindern. Irans oberster Führer, Ajatollah Ali Chamenei, drohte den USA nach dem Angriff mit "schwerer Rache". Das Pentagon sprach von einem "Akt der Verteidigung".

Deutliche Worte der Kritik fanden die beiden Präsidentschaftsbewerber der Demokraten, Joe Biden und Bernie Sanders. "Präsident Trump hat soeben eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen", erklärte der frühere US-Vizepräsident Biden. Sanders sprach von "Ermordung" und warnte, Trump bereite den Weg für einen neuen Krieg, statt wie versprochen die "endlosen Kriege" zu beenden.

"Die höchste Priorität der US-Führung ist, das Leben von Amerikanern und deren Interessen zu schützen", erklärte Pelosi. "Aber wir können das Leben amerikanischer Soldaten, Diplomaten und anderer nicht weiter gefährden, indem wir provokative und unverhältnismäßige Aktionen unternehmen." Sie beklagte, das Vorgehen der US-Regierung im Irak sei ohne vorherige Rücksprache mit dem Kongress erfolgt und forderte eine unverzügliche Unterrichtung über die Lage.

Auch der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, beklagte, die Militäroperation sei ohne Abstimmung mit dem Kongress und ohne dessen Genehmigung erfolgt. Der Präsident habe nicht die Befugnisse, im Alleingang einen Krieg mit dem Iran zu starten. Falls Trump eine große Zahl an Soldaten in die Region schicken wolle, müsse er das vom Kongress billigen lassen. Der Kongress brauche Antworten auf drängende Fragen zu der Operation, forderte Schumer. "Diese Aktion könnte unsere Nation einem endlosen Krieg näher gebracht haben." Dabei habe Trump versprochen, das Land eben nicht in weitere solche militärische Konflikte hineinzuziehen.

Der demokratische Senator Chris Murphy schrieb auf Twitter: "Hat Amerika (...) gerade ohne Zustimmung des Kongresses die zweitmächtigste Person im Iran ermordet und wissentlich einen potenziell massiven regionalen Krieg ausgelöst?" Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff mahnte, die Amerikaner wollten keinen Krieg mit dem Iran.

Die Republikaner verteidigten den US-Angriff auf Soleimani dagegen. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte in Washington: "Zu lange hat dieser böse Mann ungebremst operiert." Unzählige Unschuldige hätten darunter gelitten und seien durch ihn ums Leben gekommen. Soleimani sei nicht nur eine fortdauernde Gefahr für die USA und Israel gewesen, sondern habe die gesamte Region destabilisiert. "Nun ist seine terroristische Führung beendet."

McConnell rief die Mitglieder des Kongresses auf, sich zunächst die Fakten anzuschauen und sich von der Regierung informieren zu lassen, bevor sie öffentlich über die Operation urteilten. Der Senat solle bald von der Regierung über die Aktion unterrichtet werden, sagte er.

Der einflussreiche Senator Lindsey Graham erklärte auf Twitter, Trump habe eine "entscheidende, vorbeugende" Maßnahme ergriffen, um einen Anschlag auf US-Personal zu vereiteln. Graham ist ein enger Verbündeter Trumps. In außenpolitischen Fragen hatte er zuletzt aber immer wieder Kritik am Kurs des Präsidenten geäußert.

Der republikanische Senator Marc Rubio erklärte angesichts der Äußerungen aus den Reihen der Demokraten: "Einige sind so von ihrem Hass auf Trump geblendet, dass sie behaupten, er habe etwas Unrechtmäßiges getan. Das ist verrückt." Es sei die Pflicht des Präsidenten, mögliche Angriffe zu verhindern und Attacken abzuwehren.

Die Fronten im US-Kongress sind ohnehin verhärtet. Mit der Mehrheit der Demokraten hatte das Repräsentantenhaus im Dezember ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eröffnet. Bislang stehen die Republikaner geschlossen hinter dem Präsidenten.

Rückendeckung bekam Trump auch von seinem geschassten nationalen Sicherheitsberater John Bolton: Die Tötung Soleimanis sei ein "entscheidender Schlag" gegen die "bösartigen" Aktivitäten der Al-Kuds-Brigaden in aller Welt. "Ich hoffe, dass dies der erste Schritt zu einem Regimewechsel in Teheran ist", erklärte Bolton auf Twitter. Er gilt insbesondere mit Blick auf den Iran als Hardliner.

Auf die Füße fielen Trump unterdessen frühere Angriffe gegen seinen Amtsvorgänger Barack Obama. Trump hatte dem damaligen US-Präsidenten vor Jahren mehrfach vorgeworfen, aus wahltaktischen Gründen einen Krieg mit dem Iran anzetteln zu wollen. "Um gewählt zu werden, wird Barack Obama einen Krieg gegen den Iran starten", schrieb er etwa im November 2011 auf Twitter. Nun wird Trump selbst vorgehalten, genau das zu provozieren, was er Obama damals vorgeworfen habe./lkl/DP/he