Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:


BVMW: Mindestlohnvorschläge zeugen von Augenmaß 

Die Vorschläge der Mindestlohnkommission "zeugen von Augenmaß und Verständnis für die wirtschaftliche Situation Deutschlands", so der Mittelstandsverband BVMW. "Eine von den Gewerkschaften und von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geforderte Erhöhung auf bis zu 14 Euro hätte die Gefahr der Lohn-Preis-Spirale drastisch erhöht", sagte Chefvolkswirt Hans-Jürgen Völz. Gerade für den im internationalen Wettbewerb stehenden Mittelstand hätten nicht durch einen Produktivitätsanstieg gedeckte Lohnerhöhungen fatale Konsequenzen. Reallohnverluste von Arbeitnehmern durch die fortwährende Inflation seien nicht durch immer höhere Entgelte zu kompensieren. "Es liegt am Gesetzgeber, durch Steuersenkungen und Senkungen bei den Sozialabgaben für mehr Netto vom Brutto bei Arbeitnehmern zu sorgen", mahnte Völz.


AfD in Wählergunst erstmals deutlicher vor SPD 

Die AfD gewinnt in der Wählergunst weiter hinzu und liegt mittlerweile vor der SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz. Das berichtet Bild unter Berufung auf den neuen repräsentativen Meinungstrend des Instituts Insa. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die AfD demnach auf 20,5 Prozent der Stimmen. Das sind 0,5 Punkte mehr als in der Vorwoche und der höchste bisher von Insa gemessene Stand. Die SPD muss dagegen einen halben Punkt auf 19,5 Prozent abgeben. Die FDP verliert einen Punkt auf 6,5 Prozent. CDU/CSU (26,5 Prozent), und die Grünen (13,5 Prozent) halten ihre Ergebnisse aus der Vorwoche, ebenso die Linkspartei mit 4 Prozent. Die Ampel-Koalition kommt damit nur noch auf 39,5 Prozent. "Die Deutschen blicken unterschiedlich auf die neue Stärke der AfD: Die Mehrheit (52 Prozent) ärgert sich, fast jeder Dritte (30 Prozent) freut sich darüber, jedem Neunten (11 Prozent) ist es egal", sagte Insa-Chef Hermann Binkert zu Bild.


Familienunternehmer: AfD-Wahlsieg muss Bundesregierung wachrütteln 

Die Wahl des AfD-Landrats in Sonneberg muss die Bundesregierung nach Ansicht der Präsidentin der Familienunternehmer wachrütteln, um Schlimmeres auf Landes- und Bundesebene zu verhindern. Denn eine schnell steigende Zahl der Wähler suche ein Ventil, um vor allem gegen die Eingriffe der Ampelpolitik in ihre persönliche Lebensgestaltung zu protestieren, wie Marie-Christine Ostermann sagte. "Für uns Unternehmer ist eine starke AfD gefährlich, insbesondere weil sie aus dem europäischen Binnenmarkt raus will, Putins Zerstörung jeglichen Rechts verteidigt und die dringend nötige Zuwanderung von Fachkräften durch rassistische Kampagnen untergräbt", sagte Ostermann. Die AfD biete selbst keine zukunftsfähigen Lösungen für Deutschland, aber immer mehr Menschen seien in größter Sorge, weil sowohl die große Koalition als auch die Ampel die Bürger in immer neue Probleme stürze ohne bisher überzeugende Lösungen anzubieten.


Finanzministerium: Referatsleitung war regulär ausgeschrieben 

Nach Berichten über eine Beförderung der Ehefrau von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Referatsleiterin im Finanzministerium hat dieses betont, Ausschreibung und Auswahl für die Position seien in einem "regulären Verfahren" erfolgt. "Das heißt, es wurde regulär ausgeschrieben, es gab ein reguläres Auswahlverfahren", sagte Finanzministeriumssprecherin Nadine Kalwey. Auswahlverfahren zur Besetzung von Referatsleitungen in den Fachabteilungen des Ministeriums würden grundsätzlich von der Abteilungsleitung unter Beteiligung von Personalreferat und Gleichbstellungsbeauftragter durchgeführt. "Die Leitung des Hauses ist da nicht eingebunden und war es auch nicht in diesem Fall", erklärte Kalwey. Sie betonte zudem, die Übernahme einer Referatsleitung gehe "nicht automatisch mit einer Beförderung einher", sondern zunächst bleibe die Besoldungsgruppe unverändert.


VdK: Vorgeschlagener Mindestlohn ist "schlechter Scherz" 

Der vorgeschlagene Mindestlohn ist angesichts der Inflation nach Ansicht des Sozialverbands VdK ein "schlechter Scherz" für die Menschen mit niedrigem Einkommen. "Wer Vollzeit arbeitet, muss von seinem Lohn leben und ausreichend Beiträge in die Rente einzahlen können, damit sie im Alter zum Leben reicht. Doch dafür ist die Anhebung auf 12,41 Euro bei weitem nicht genug", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Mindestens 14 Euro hätte es gebraucht, um die Menschen, die zu den untersten Einkommensgruppen gehören, spürbar zu entlasten. Und erst damit hätten sie sich eine Rente erwirtschaften können, die über der Grundsicherung liege. Menschen mit wenig Geld müssten ihr komplettes Einkommen für den täglichen Bedarf ausgeben. "Nur ein höherer Mindestlohn hätte die Kaufkraft gesteigert, was gut für die Menschen und gut für die Wirtschaft gewesen wäre", sagte sie.


CDU: Regierung trägt Hauptverantwortung für AfD-Wahl 

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sieht die Bundesregierung in der Hauptverantwortung für das Ergebnis der Landratswahl im thüringischen Sonneberg. Die AfD habe im Wahlkampf viele bundespolitische Themen aus Berlin thematisiert, was am Ende dazu geführt habe, dass der AfD-Kandidat Robert Sesselmann die Wahl gewinnen konnte, sagte Czaja dem Nachrichtensender Phoenix. Denn im Osten würden bundespolitische Themen schon immer eine große Rolle spielen und sehr kritisch gesehen werden. "Die Bundesregierung spaltet das Land. Sie hat zu viele Themen und Vorschläge, die im Land nicht auf Konsens stoßen", kritisierte Czaja. Man brauche mehr Gemeinschaft und Zugehörigkeit im Land. Die Verantwortung liege jetzt bei der breiten politischen Mitte die Menschen zu erreichen, die nicht zum harten rechten Kern gehörten, sondern die AfD aus Protest wählten.


CSU fordert Aufklärung über Berufung von Buschmanns Ehefrau im BMF 

Die CSU fordert Aufklärung darüber, ob die Beförderung von Janina Hatt, der Ehefrau von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), zur Referatsleiterin im Bundesfinanzministerium korrekt abgelaufen ist. "Trauzeugen, Geschwister, Eheleute: Mit ihrer Beförderungspolitik weckt die Ampel den Eindruck der Vetternwirtschaft. Dass im Finanzministerium die Ehefrau von Lindners Ministerfreund Marco Buschmann befördert wird, wirft Fragen auf", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der Bild-Zeitung. Die CSU wolle wissen, ob Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Postenbesetzung eingeschaltet war. Das Bundesfinanzministerium hat bestritten, dass Lindner in den Prozess der Beförderung Hatts eingebunden war. "Die Leitung des BMF (Bundesfinanzministerium) ist in diese Auswahlverfahren nicht eingebunden, dies gilt auch für das Auswahlverfahren für die Leitung des Referats IC4", sagte ein Sprecher auf Anfrage von Bild. Ein Abteilungsleiter und das Personalreferat seien für die Besetzung zuständig. Die Frage nach einer möglichen Ausschreibung oder Mitbewerbern ließ das Ministerium unbeantwortet.


Immer mehr NRW-Städte gehen an ihre Notreserve - Bericht 

Mitten im Streit um eine Altschuldenlösung des Landes für die hoch verschuldeten NRW-Städte schlägt der Städte- und Gemeindebund NRW Alarm: Laut einer Umfrage unter Verbandsmitgliedern kämpfen immer mehr Kommunen mit Lücken in ihren Haushalten und müssen sogar auf ihre Notreserven zurückgreifen. "Von einer Erholung bei den Kommunalfinanzen kann nicht annähernd die Rede sein", sagte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer in einer Mitteilung, die der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) vorab vorliegt. "Auch Gemeinden ohne hohe Schulden geraten zunehmend in Schieflage." Nur noch 22 Prozent der befragten Kommunen konnten einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Im Vorjahr waren es noch doppelt so viele. Fast vier von fünf der Befragten sähen sich gezwungen, auf ihre finanziellen Reserven zurückzugreifen. Den Städten fehle zum Beispiel Geld für Klimaschutz, für die Verkehrswende und für den Ausbau des offenen Ganztags. Außerdem belasteten die Unterbringung von Geflüchteten sowie der teure Tarifabschluss im öffentlichen Dienst die Stadtkassen stark.


Wirtschaftsweisen-Chefin Schnitzer für Mindestlohnanhebung "mit Augenmaß" 

Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat sich für eine Mindestloherhöhung Anfang 2024 "mit Augenmaß" ausgesprochen. "Die Reallöhne sind im vergangenen Jahr um 4 Prozent gesunken. Durch die hohe Steigerung der Lebenskosten werden gerade die unteren Einkommensgruppen besonders stark belastet. Deshalb spricht viel dafür, den Mindestlohn jetzt anzuheben", sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. "Ich bin sicher, dass die Mindestlohnkommission zu einer ähnlichen Einschätzung kommen und eine Erhöhung mit Augenmaß empfehlen wird", sagte Schnitzer. Die Kommission legt ihren Vorschlag an diesem Montag vor.


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June 26, 2023 09:59 ET (13:59 GMT)