BERLIN (AFP)--Auktionen zur Stilllegung von Kohlekraftwerken haben den deutschen Staat laut einer Studie bislang rund 700 Millionen Euro gekostet. Die Summe kam in fünf Auktionsrunden vor der Energiekrise zusammen, als die Marktbedingungen für Kohlekraftwerke eher schwierig waren, wie es in der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung heißt. Dies sei "zentral" für den Erfolg der Versteigerungen gewesen. Die Autoren beurteilen Auktionen aber auch insgesamt als "kostengünstige Alternative" für den Kohleausstieg und "Verhandlungen überlegen".
Seit August 2020 lädt die Bundesnetzagentur Betreiber von Steinkohle- und kleinen Braunkohlekraftwerken dazu ein, eine Entschädigung für eine Stilllegung anzugeben. Wer am wenigsten Entschädigung pro Emission fordert, gewinnt die Auktion und bekommt eine Aufforderung zur Stilllegung.
Die Stilllegung der Kraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt knapp zehn Gigawatt habe den Staat zwischen 627 und 729 Millionen Euro gekostet, heißt es in der Studie von Silvana Tiedemann von der Hertie School und Finn Müller-Hansen vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. Den genauen Wert habe die Bundesregierung bisher nicht veröffentlicht, daher lasse sich der Wert nur als Spannweite angeben. Die Forschenden sprechen deshalb von rund 700 Millionen Euro.
Mit einer durchschnittlichen Vergütung von 68 Euro pro Kilowatt liegen die Auktionsergebnisse "deutlich unter dem maximal möglichen Gebot", so die Studie. Auch im Vergleich zu Entschädigungen, die Deutschland über den Verhandlungsweg erzielt hat, schneiden die Auktionen demnach gut ab. Die Forschenden argumentieren deshalb, dass Auktionen dem Verhandlungsweg überlegen sind.
Der Erfolg der Kohleausstiegsauktionen deutet den Forschenden zufolge zudem darauf hin, dass Auktionen häufiger zur Steuerung des Energiemixes eines Landes angewendet werden könnten als bisher angenommen - nicht nur zur Förderung von erneuerbaren Energien, sondern eben auch zur Stilllegung nicht mehr benötigter Kohle- oder zukünftig auch Gaskraftwerke. Weil Deutschland Ausstiegsauktionen als erstes Land innerhalb der Europäischen Union erprobte, könnten die Erkenntnisse zudem als Praxisbeispiel für andere Staaten dienen.
In der Energiekrise allerdings produzierte der Mechanismus mehr Emissionen, wie die Studie einschränkt. Denn in den Auktionen standen auch sehr junge, effiziente Kraftwerke zu Gebot, während ältere am Netz blieben. Dadurch sei die Kohlenstoffintensität des verbleibenden Kraftwerksparks um 2 Prozent gestiegen. Wird nun - wie im letzten Jahr während der Krise geschehen - mehr Strom aus Kohle erzeugt, so steigen die Emissionen überproportional.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/sha
(END) Dow Jones Newswires
February 06, 2023 23:00 ET (04:00 GMT)