STUTTGART (BOERSE STUTTGART GMBH) - Aktien-Marktbericht der Börse Stuttgart

Direkt vom Parkett: Meistgehandelte Aktien

Deutschland

Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise, was zuletzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bestätigt wurde. Die Experten des IWF prognostizieren für Deutschland als einzigem G7-Land eine Schrumpfung der Wirtschaft in 2023. In dieser Woche hat auch noch China, einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, einen schwachen Außenhandel und eine Deflation gemeldet. Nach bereits starken Rückgängen in den Vormonaten sanken die chinesischen Exporte im Juli im Jahresvergleich um 14,5 %, eine Erholung ist nicht in Sicht. Außerdem sanken im Juli zum ersten Mal seit November 2020 in China sowohl die Verbraucher- als auch die Erzeugerpreise. Das ist vor allem auf die anhaltend schwache Konsumnachfrage sowie einige Probleme am Immobilienmarkt zurückzuführen. Im Zuge dieser Meldungen korrigierte der DAX weiter und sank wieder unter die 16.000-Punktemarke. Auf Wochensicht wurde der Sprung auf den neuen Rekord von 16.529 Punkten in der Vorwoche wieder komplett abgebaut.

Infineon

Die meistgehandelte Inlandsaktie an der Euwax ist mit sehr hohen 1.114 Orderausführungen die Infineon-Aktie. Die Nachricht, dass die USA künftige Halbleiterexporte nach China einschränken will, hat die Aktie kaum belastet. Denn weltweit boomt der Halbleitersektor und erst vor wenigen Tagen hat der Konzern bekannt gegeben, zusammen mit dem taiwanesischen Weltmarktführer TSCM und NXP Semiconductor eine Mega-Chipfabrik nahe Dresden zu bauen. Die Mehrheit an dem Konsortium hat allerdings TSCM. Damit soll der Kapazitätsbedarf der schnell wachsenden Automobil- und Industriebranche gedeckt werden. Die Aktie verlor in der Woche leicht rund 1,3 %.

Deutsche Lufthansa

Deutlich hinter Infineon platzieren sich mit 762 Preisfeststellungen die Papiere der Deutschen Lufthansa. Die Luftfahrtbranche erholt sich immer stärker von der Corona-Krise. Die Passagierzahlen steigen - auch bei der Lufthansa. Die Aktie hat in diesem Jahr um knapp 15 % zugelegt und ihren Börsenwert entsprechend gesteigert. Mit diesem Plus ist der Titel auch wieder ein Kandidat für den DAX über das Fast Entry, allerdings reicht es noch nicht ganz. FMC ist ein Konkurrent um eine DAX-Aufnahme. Abstiegskandidat ist Zalando, der im DAX mit rund 7 Mrd. Euro den geringsten Börsenwert aufweist. In dieser Woche hat die Lufthansa-Aktie um 1,5 % zulegen können.

International

Während die Inflation in China gefallen ist und eine Konjunkturschwäche signalisiert, legten die Verbraucherpreise in den USA im Juli wieder zu. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,2 % Volkswirte hatten im Schnitt einen etwas stärkeren Anstieg der Inflationsrate auf 3,3 % erwartet. Im Vormonat war die Rate deutlich auf 3 % gefallen. Die Kerninflation fiel wie prognostiziert von 4,8 % auf 4,7 %. Die US-Notenbank Fed hatte im Juli nach einer Pause die Zinsen erneut angehoben. Für den Rest des Jahres wird eine Zinspause erwartet. Auf der nächsten Fed-Sitzung am 20. September wird mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 90 % damit gerechnet, dass die Leitzinsen unverändert bleiben.

PayPal

An der Spitze im Handel mit Auslandsaktien steht diese Woche die Aktie von Paypal mit 424 ausgeführten Aufträgen. Trotz steigender Zinsen und hoher Inflation: Das Geschäft des Bezahldienstes scheint all das nicht zu belasten. Zumindest fährt das US-Unternehmen im zurückliegenden Quartal ein Umsatzplus ein und steigert auch das Ergebnis. Und jetzt will Paypal mit einem Stablecoin zum Wachstum des digitalen Zahlungsverkehrs beitragen. Der Coin soll 1:1 gegen den US-Dollar eintauschbar sein. Die Aktie verlor auf Wochensicht aber etwas mehr als 2 %.

Amazon

Unter den Auslandsaktien wurde auch Amazon rege gehandelt. 335 Preisausführungen kamen beim weltgrößten Online-Händler zusammen. Die Aktie schoss nach den starken Quartalsergebnissen kräftig nach oben und schafft auf Wochenbasis ein Plus von knapp 9 %. Außerdem wurde zu Wochenbeginn bekannt, dass Amazon einer der Ankerinvestoren beim Börsengang des Chipdesigners Arm werden könnte. Es wird ein Börsengang Anfang September angestrebt. Die Tochter Amazon Web Services verwendet bereits einen von Arm entwickelten Verarbeitungschip. Arm strebt eine Bewertung von 8 bis 10 Mrd. USD an, was es zum größten Debüt des Jahres an der Wall Street machen würde.

Spezialeinblick

Berichtssaison: Die Schere öffnet sich

Nach den Zahlen von Apple und Amazon in der vergangenen Woche ist die US-Berichtssaison nahezu gelaufen. Rund 85 % der Firmen haben ihre Bilanzen vorgelegt. Wie so häufig in der Vergangenheit fällt das vorläufige Fazit auf den ersten Blick positiv aus. Im Vorfeld wurden die Erwartungen deutlich reduziert, entsprechend leicht konnten die Firmen die Prognosen übertreffen. Knapp 80 % übertrafen mit ihren Gewinnkennzahlen die Vorgaben, dies ist zugleich der höchste Wert seit dem dritten Quartal 2021. Dennoch bleibt unter dem Strich zumindest im Jahresvergleich ein Rückgang von gut 5 %. Die Negativserie hält nun seit drei Quartalen an und es ist fraglich, ob mit der nächsten Berichtssaison die Wende in den grünen Bereich gelingen wird.

Für das nächste Quartal liegen die Prognosen aktuell bei einem mageren Gewinnplus von 0,2 % sowie einem Umsatzwachstum von 1,3 %. Vor allem im vierten Quartal sollen die Unternehmen liefern: Eingepreist wird derzeit ein sattes Gewinnplus von 7,6 %. Sollte der Wert wie schon in den zurückliegenden Wochen weiter fallen, dürfte auch der erhoffte Gewinnzuwachs von 0,8 % für das Gesamtjahr 2023 in Gefahr geraten.

Aus Sicht der Bewertung wird die Luft zugleich immer dünner und Platz für Abwärtsrevisionen nach Enttäuschungen ist nicht vorhanden. Mit einem erwarteten KGV von 19,2 ist der S&P 500 wesentlich teurer als im langjährigen Durchschnitt von 17,4. Ähnlich wie bei der Performance seit Jahresbeginn verschärft eine differenzierte Betrachtung sogar die Ungleichgewichte. So hat das teuerste Fünftel der S&P 500-Mitglieder einen Bewertungsaufschlag von 170 % gegenüber dem günstigsten. Eine noch höhere Bewertungsprämie wurde in den zurückliegenden 40 Jahren nur in 15 % der Fälle aufgerufen. Vergleichsweise günstig sind aktuell Aktien von Telekom-, Banken- sowie Öl- und Gasunternehmen.

Interessant ist allerdings auch, dass Aktien von Unternehmen mit positiven Gewinnüberraschungen kaum profitierten. Im Zeitraum zwei Tage vor und nach der Veröffentlichung sank der Kurs im Durchschnitt um 0,5 %. Dies ist bisher die höchste negative Kursreaktion auf positive Gewinnüberraschungen seit dem zweiten Quartal 2011 und zeigt, dass viele Vorschusslorbeeren bereits eingepreist sind.

Disclaimer:

Der vorliegende Marktbericht dient lediglich der Information. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernimmt die Boerse Stuttgart GmbH keine Gewähr. Insbesondere wird keine Haftung für die in diesem Marktbericht enthaltenen Informationen im Zusammenhang mit einem Wertpapierinvestment übernommen. Hiervon ausgenommen ist die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Quelle: Boerse Stuttgart GmbH, www.boerse-stuttgart.de

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