Die Ankündigungen der Zentralbanken beruhigten diese Woche die Märkte, und auch der schwächere Preisauftrieb spricht für eine langsamere Gangart bei den Zinserhöhungen. Die Wirtschaftsaussichten sind besser als erwartet, während sich der US-Arbeitsmarkt mit einer extrem niedrigen Arbeitslosenquote (3,4 %) und doppelt so vielen neuen Stellen wie im Vormonat in einer guten Verfassung befindet. Somit ist die Risikobereitschaft unverändert hoch und die europäischen Märkte nähern sich neuen historischen Rekordständen.
Wochenperformance*
DAX
15476  +2.15%Chart
STOXX EUROPE 600
460.77  +1.23%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4136.48  +1.62%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27509.46  +0.46%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1864.90$  -3.32%
Chart GOLD
BRENT OIL
79.73$  -8.44%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.08$  -0.71%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops 

Zur Rose (+53 %): Sensationelle Entwicklung bei der Schweizer Online-Apotheke: Das Unternehmen hat einen Vertrag über den Verkauf seines Inlandsgeschäfts an die Migros für 360 Mio. CHF unterzeichnet. Zugegebenermaßen kam dieser Schritt völlig überraschend. Der Kurssprung der Aktie wurde durch einen "Short Squeeze" verstärkt, da Leerverkäufer große offene Positionen hielten.

ITM Power (+34 %): Trotz reduzierter Zielvorgaben und schlechterer Ergebnisse schnellte der Kurs in die Höhe, denn das neue Top-Management gab gewissermaßen Garantien ab: Der CFO bestätigte diese Woche, dass das Unternehmen über die für ein ausgeglichenes Ergebnis notwendigen Mittel verfügt und daher nicht auf den Markt zurückgreifen muss.

Align Technology (+33 %): Das Unternehmen hat im 4. Quartal beim Gewinn die Erwartungen übertroffen und zudem ein neues Aktienrückkaufprogramm angekündigt. Eine ideale Konstellation, nicht zuletzt angesichts der wiedererwachten Risikofreude der Anleger.

Meta Platforms (+24 %): Nach einer Welle von Enttäuschungen hatten die Analysten die Erwartungen an die Aktie recht deutlich heruntergeschraubt. Folglich hatten die über den Marktschätzungen liegenden Zahlen vor dem Hintergrund der Erholung der Technologiewerte einen Multiplikatoreffekt auf die Kursentwicklung.

Advanced Micro Devices (+17 %): Der Chiphersteller profitierte von soliden Quartalsergebnissen - vor allem im Vergleich zum Mitbewerber Intel, der wenige Tage später schwer enttäuschte. Damit bestätigte AMD einmal mehr seine Vorherrschaft über seinen Erzrivalen.

Publicis (+13 %): Die Aktie erlebte eine Art Wiederauferstehung, denn das Papier war in den letzten zehn Jahren etwas ins Hintertreffen geraten. Dazu beigetragen haben ordentliche Geschäftszahlen, ein solider Ausblick und ein Aktienrückkaufprogramm. Darüber hinaus stufte Barclays den Titel wieder positiv ein und bewertete ihn mit 85 EUR.

Flops

Kesko (-9 %): Der finnische Einzelhändler hat nicht unbedingt schlecht abgeschnitten, doch die Geschäftszahlen konnten den Markt nicht überzeugen. Das skandinavische Research-Haus Inderes revidierte seine Empfehlung von "Kaufen" auf "Reduzieren".

ConocoPhillips (-10 %): Wir hätten in dieser Woche noch viele andere Akteure der Ölbranche nennen können, denn der gesamte Sektor litt unter einer weitreichenden Umschichtung auf Risikoanlagen. Auch der Rückgang der Ölpreise ist in diesem Zusammenhang eher kontraproduktiv.

Electronic Arts (-10 %): Der Entwickler von Videospielen legte enttäuschende Ergebnisse vor. Hinzu kommen nach der Verschiebung der Veröffentlichung von "Star Wars Jedi: Survivor" eher trübe Aussichten.

Software AG (-20 %): Der deutsche Softwareanbieter veröffentlichte recht ordentliche Geschäftszahlen, doch die Gewinnprognose für 2023 verfehlte die Analystenerwartungen. Damit wurde das Unternehmen gleich doppelt abgestraft, da die Aktie vom deutlichen Aufschwung im Technologiesektor nicht profitieren konnte.

Adani Enterprises (-44 %): Das Adani-Imperium ist an den Börsen ins Straucheln geraten, nachdem der Leerverkäufer Hindenburg Research am 24. Januar belastende Dokumente veröffentlicht hatte. Die Dachgesellschaft und ihre sechs Töchter gerieten nach den hohen Kursverlusten der Vorwoche noch weiter ins Hintertreffen.
Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die Zeit ist reif für Risikoanlagen - doch nicht in allen Sektoren, denn der Rohölpreis verlor die zweite Woche in Folge an Terrain. Der deutliche Anstieg der Wochenvorräte in den USA belastete die Preise erheblich und ließ die Instruktionen der OPEC an ihre Mitglieder in den Hintergrund treten. Die Organisation erdölexportierender Länder plädiert angesichts der anhaltenden Ungewissheit über die weltweite Rohölnachfrage weiterhin für Vorsicht und eine Reduzierung der Fördermengen. Darüber hinaus wird die Europäische Union ab diesem Wochenende das Verbot russischer Raffinerieprodukte wie Dieselkraftstoff in Kraft setzen. Die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI gaben auf 81 bzw. 75 USD pro Barrel nach. Zum Erdgas: Hier steht der Preis am europäischen Handelsplatz TTF in Rotterdam weiter unter Druck und liegt aktuell bei etwa 58 EUR/MWh.

Metalle: Die Preise für Basismetalle blieben in dieser Handelswoche an der Londoner Metallbörse insgesamt stabil. Eine Tonne Kupfer kostet aktuell rund 9.100 USD. Die Marktteilnehmer sind weiter über die Lieferengpässe besorgt, insbesondere in Peru, wo es aufgrund von Protesten zu Störungen kommt. Die Feinunze Gold erreichte einen Höchststand von 1.956 USD, beendete die Woche aber dennoch mit einem Minus von fast 3 %. Der Weltgoldrat (World Gold Council) erklärte, dass die Goldnachfrage 2022 rekordverdächtig hoch war, vor allem aufgrund der massiven Goldkäufe der Zentralbanken. Sie häuften über 1.100 Tonnen des Edelmetalls an, was einer Verdoppelung gegenüber 2021 entspricht.

Agrarprodukte: Die Getreidepreise an der Börse in Chicago veränderten sich diese Woche nur unwesentlich. Weizen und Mais werden aktuell mit 757 bzw. 670 Cent je Scheffel gehandelt.

Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Fight the Fed. Die Zinsentscheide der Fed, der EZB und der BoE fielen diese Woche wie erwartet aus. Die anschließenden Pressekonferenzen enthielten allerdings einige Überraschungen. Vor allem die der US-Notenbank. Die Anleger fürchteten, dass Jerome Powell sie für ihren übertriebenen Optimismus rügen würde. Davon aber keine Spur. Der Fed-Chef wirkte vielmehr zerstreut und seine Warnungen verhallten. Durch seine Haltung fühlten sich sogar die größten Optimisten in ihrem derzeitigen Lieblingsszenario bestärkt: Der Höhepunkt des US-Zinszyklus steht unmittelbar bevor und die Wirtschaft hält stand, später wird dann wieder ein Zinssenkungszyklus eingeläutet. Einziger Wermutstropfen waren die äußerst dynamischen US-Arbeitsmarktzahlen für Januar, die am Freitag veröffentlicht wurden. Sie könnten die Fed wieder zu einer härteren Haltung bewegen. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.

Devisen: Der Euro machte in der vergangenen Woche gegenüber den anderen Leitwährungen Boden gut, was auf die Position der Europäischen Zentralbank zurückzuführen ist. Die Währungshüter hoben den Leitzins wie erwartet um 0,25 % an und bekräftigten ihre entschlossene Haltung. Die US-Notenbank Fed und die Bank of England zeigten sich dagegen zurückhaltender. Der Kurs des Euro liegt aktuell bei 1,0870 USD bzw. 0,9979 CHF. Das Pfund Sterling verlor hingegen an Terrain, da dem Gouverneur der BoE zufolge im aktuellen Zyklus der geldpolitischen Straffung bereits eine gute Wegstrecke zurückgelegt worden sei. Derweil wertete der Yen gegenüber dem US-Dollar auf: 1 USD kostete zuletzt 129,60 JPY.

Anleihen: Das Marktgeschehen ist von Langeweile weit entfernt: Die US-Notenbank Fed hatte am vergangenen Mittwoch angekündigt, die Leitzinsen um 25 Basispunkte erhöhen zu wollen. Die Anleger stuften dies als eher zurückhaltendes Signal ein, das die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen sinken ließ. Dabei gerieten die weit über den Erwartungen liegenden Arbeitsmarktdaten jedoch völlig aus dem Blick, sodass sich der nur wenige Tage zuvor verzeichnete Rückgang wieder umkehrte. Letztlich bewegte sich die Verzinsung 10-jähriger Papiere innerhalb eines engen Kanals zwischen +/-3,35 % und 3,56 %. Sollte letztere Hürde übersprungen werden, spräche vieles für einen stärkeren Anstieg auf 3,90-3,95 %, was die Aktienindizes sicherlich belasten würde. Die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen schwankt ebenfalls zwischen 2,32 % und 1,97 %, ohne dass ein klarer kurzfristiger Trend erkennbar ist.

Kryptowährungen: Der Bitcoin pendelte sich diese Woche bei ca. 23.000 USD ein und verbuchte den besten Januar seit 2013. Zu verdanken war dies der Anfang 2023 wieder deutlich höheren Nachfrage nach Risikoanlagen. Wenn sich die Konjunktur weiter aufhellt und die US-Geldpolitik in den kommenden Monaten gelockert wird, steht der Fortsetzung des Aufwärtstrends am Kryptomarkt nichts mehr im Wege. Die Sache ist aber noch nicht in trockenen Tüchern.

Termine: Die Bilanzsaison der Unternehmen wird sich mit einem weiteren Zahlenreigen fortsetzen. Außerdem stehen für die Märkte nächste Woche einige wichtige Termine im Kalender. Am Dienstag wird die Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell erwartet. Wird er versuchen, seine Äußerungen von Mittwoch näher zu erläutern? Man darf gespannt sein. Am Donnerstag wird die EU ihre neuen Wirtschaftsprognosen veröffentlichen. Anschließend rückt die USA erneut ins Rampenlicht, wenn am Freitag der vorläufige Index zum Verbrauchervertrauen der Universität Michigan vorgelegt wird. An diesem wichtigen Barometer lässt sich ablesen, ob mit einer sanften oder harten Landung für die Wirtschaft zu rechnen ist.

Kurs und Volumen
Anleger ignorieren Zentralbankkurs
Diese Woche ließen sich die Anleger von den Reden der Währungshüter nicht beeindrucken. Obwohl die US-Notenbank Fed die Zinsen erneut leicht um 25 Basispunkte nach oben schraubte und die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen in Aussicht stellte, quittierten die Anleger diese schlechten Nachrichten mit einem Schulterzucken. Schließlich hatten sie schon damit gerechnet. Den Kommentaren der Zentralbanken wird ebenso wenig Beachtung geschenkt wie den Inflationsängsten, die beide maßgeblich für den Bärenmarkt im letzten Jahr verantwortlich waren. Stattdessen richten sich die Marktteilnehmer längerfristig aus und blicken optimistisch in die Zukunft: in der Hoffnung auf eine Verlangsamung der Inflation und sinkende Zinsen.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.