Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die protektionistische Handelspolitik der USA hat nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht nur der US-Wirtschaft, sondern fast allen Handelspartnern geschadet. Demnach haben die Finanzmärkte auf Zollerhöhungen und andere restriktive Maßnahmen der Trump-Administration bis zu 100 Handelstage, also rund fünf Monate lang, signifikant negativ reagiert. Das DIW betonte, erst Ende Juli habe US-Präsident Joe Biden eine Verschärfung der "Buy America"-Politik angekündigt und führe damit die protektionistische Handelspolitik seines Amtsvorgängers Donald Trump fort.

Für die Studie haben die DIW-Ökonomen Lukas Boer, Lukas Menkhoff und Malte Rieth die einzelnen US-handelspolitischen Ankündigungen und Umsetzungen von 2017 bis 2020 identifiziert und in Beziehung zu den Entwicklungen der Finanzmärkte gesetzt. "An den Reaktionen der Finanzmärkte lässt sich die Erwartung der Marktteilnehmer auch auf längere Sicht ablesen", erklärte Rieth. "Nach neuen handelspolitischen Ankündigungen der US-Regierung gaben die Aktien- und Anleihemärkte deutlich nach." Nur der Dollar werte als sicherer Hafen auf, was aber dem US-Export nicht förderlich sei.

Vor allem in China engagierte US-Firmen haben die Restriktionen beeinträchtigt, zeigt laut den Angaben ein speziell für diese Auswertung zusammengestellter Index. Ihre Aktienkurse gaben nach neuen Ankündigungen von Zollerhöhungen im Schnitt um 1 Prozent nach. Nur wenige US-Branchen wie die exportunabhängigen Versorger oder Immobilienunternehmen ließ die protektionistische Handelspolitik demnach weitestgehend unbeeindruckt, die übrigen neun US-Branchen mussten aber nach neuen Maßnahmen signifikante Einbußen hinnehmen, insbesondere der Technologiesektor und die Industrie.

Chinas Vergeltungsmaßnahmen wirkten noch einmal zusätzlich negativ, die US-Realwirtschaft sei somit doppelt getroffen. Die Restriktionen schadeten nicht nur der US-Wirtschaft: Die Maßnahmen gegen China hätten darüber hinaus auch die Aktienleitindizes sehr vieler US-Handelspartner belastet, vor allem in Lateinamerika und Europa. "Da nur wenige Unternehmen und Länder vom US-Protektionismus profitiert haben, liegt die Rationalität dieser Politik offensichtlich nicht in ökonomischen Gewinnen", konstatierte Menkhoff. Mit der jüngst verschärften "Buy America"-Strategie scheine Biden vor allem innenpolitisch beruhigen zu wollen.

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August 04, 2021 04:33 ET (08:33 GMT)