Brüssel/Berlin (Reuters) - Die Inflation in der Euro-Zone hat sich vor einem im Frühjahr drohenden Preisschub zunächst stabilisiert.

Die Teuerungsrate lag im Februar wie bereits im Vormonat bei 0,9 Prozent, wie die Europäische Statistikbehörde (Eurostat) am Dienstag in einer Schnellschätzung mitteilte. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht einen Wert von knapp zwei Prozent als ideal für die Konjunktur an, verfehlt dieses Ziel jedoch seit Jahren. Manche Experten erwarten allerdings, dass die Inflation in den kommenden Monaten kräftig Fahrt aufnehmen wird und die Prognose der EZB einer Inflationsrate von 1,0 Prozent im laufenden Jahr ins Wackeln geraten könnte.

"Der Anstieg der Inflationsrate ist keineswegs beendet. Bis Ende 2021 dürfte sie mindestens 2,5 Prozent erreichen", prognostiziert Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Wie weit der Anstieg gehe, hänge von etwaigen preistreibenden Angebots- und Nachfrage-Effekten nach den Corona-Lockerungen ab.

Im Zuge der Virus-Krise waren die Verbraucherpreise Ende 2020 ins Rutschen geraten: Von September bis Dezember sanken sie dabei um jeweils 0,3 Prozent. Auch wenn sie seit Jahresbeginn wieder anziehen, treiben EZB-Vizechef Luis de Guindos keine Inflationssorgen um. In den nächsten zwölf Monaten werde die Teuerung unter dem EZB-Ziel bleiben, so seine Einschätzung.

"INFLATIONSGESPENST" GEISTERT HERUM

Im Februar verteuerten sich insbesondere Dienstleistungen mit 1,2 Prozent überdurchschnittlich, während die Energiepreise im Vergleich zum Vorkrisenmonat 2020 um 1,7 Prozent nachgaben. Zwar liegt die Inflationsrate insgesamt jetzt deutlich über dem Niveau der Herbst- und Wintermonate 2020, doch die Teuerung ist noch immer weit vom EZB-Ziel entfernt. "Das Bild wird sich in den kommenden Monaten allerdings kurzzeitig dramatisch ändern. Die Preise werden stellenweise kräftig zulegen", meint VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel. Dabei seien sogenannte Basiseffekte im Spiel, wobei sich die gegenüber dem Vorjahr deutlich anziehenden Energiekosten als Preistreiber bemerkbar machen dürften. Ab Frühjahr 2020 erfasste die Pandemie weite Teile der Weltwirtschaft und sorgte damit für einen Rückgang der Energienachfrage.

"Der Teuerungsentwicklung wird derzeit besondere Aufmerksamkeit zuteil. Das Inflationsgespenst geistert gerade durch die Handelssäle der Banken", erläuterte Gitzel. Dies zeigte sich vorige Woche, als ein Ausverkauf am Anleihenmarkt Investoren weltweit in Atem hielt. Auslöser war die Angst vor einer anziehenden Inflation und einer vorzeitigen Straffung der Geldpolitik. Mehrere Notenbanker aus den USA und der Euro-Zone hatten sich daraufhin zur Fortsetzung der aktuellen Anleihekäufe bekannt.

Die EZB, die sich kommende Woche zur nächsten Zinssitzung trifft, nutzt ihr billionenschweres Corona-Notprogramm PEPP auch dazu, sich gegen die inflationsdämpfenden Effekte der Pandemie-Krise zu stemmen. Nach Ansicht von Helaba-Ökonom Ralf Umlauf dürfte das derzeitige Inflationsniveau keinerlei Handlungsdruck für die Währungshüter erzeugen. "Zwar weisen die hohen Geldmengenzuwachsraten auf mittel- und langfristige Inflationsgefahren hin, zunächst steht für die EZB aber die Sicherstellung von günstigen Finanzierungsbedingungen im Vordergrund."

Die Geldmenge M3 - eine Messgröße für die Entwicklung der Inflation auf mittlere und lange Sicht - nahm im Januar um 12,5 Prozent zu. Zu M3 zählen unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten und Geldmarktpapiere. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer verweist darauf, dass die Geldmenge seit der Coronakrise um mehr als zehn Prozent zugelegt habe. Damit gelange zu viel Geld in Umlauf und es baue sich "ein Inflationspotenzial" auf, warnte er jüngst in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt".