Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Corona-Experten haben vor eine Durchseuchung mit dem Coronavirus gewarnt. Man müsse die durch die Omikron-Variante verursachte Welle verlangsamen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, so Lauterbach.

Man müsse die Impfanstrengungen verstärken und die Corona-Beschränkungen weiter in Kraft belassen, denn die langsamere Verdoppelungszeit in Deutschland als in anderen Ländern beweise, dass diese Beschränkungen helfen. Deutschland werde bei den Infektionszahlen in "schwieriges Fahrwasser" kommen.

"Ich warne vor dem Gedanken, dass wir in Deutschland eine Durchseuchung akzeptieren können. Die Zahl der Opfer, die wir dann beklagen müssten, ist ungewiss, ist sicherlich zu hoch. Es würde auch nicht dazu führen, dass wir danach einen Schutz vor weiteren Varianten hätten", sagte Lauterbach auf eine gemeinsamen Pressekonferenz mit Lothar Wieler, dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), und Christian Drosten, dem Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin.


   Drosten sieht Deutschland im Blindflug 

Drosten sagte, man werde auf Dauer nicht alle paar Monate die Bevölkerung nachimpfen, denn irgendwann müsse das Virus das Immunsystem der Bevölkerung immer wieder updaten. Das Virus müsse man irgendwann laufen lassen.

"Wir wissen aber im Moment nicht, ob wir uns das in Deutschland leisten können angesichts der Impflücken. Das ist tatsächlich unser größtes Hindernis dabei. Das kann kaum jemand wirklich voraussagen", so Drosten. "Da sind wir ein bisschen im Blindflug."

Er gehe aber davon aus, dass Deutschland Ende des Jahres von der Pandemie in eine epidemische Lage übergehen werde, bei der man Ältere und andere Risikogruppe wie bei der Grippeschutzimpfung gelegentlich werde neu impfen müssen.

Man müsse sich klarmachen, dass die Omikron-Variante in sich nicht stärker, nur infektiöser sei als die vorherigen Varianten. Es seien dreifache Impfungen nötig, um schwere Krankheitsverläufe zu verhindern.


   Wieler beklagt zu hohen Anteil von Ungeimpften 

RKI-Präsident Wieler sagte, dass der Anteil der Omikron-Variante aktuell bei 70 Prozent der bekannten Infektionen liege und diese Variante bald die Delta-Variante verdrängt haben werde.

Die Infektionszahlen würden noch deutlich steigen. Es zeichne sich ab, dass die Erkrankungen mit Omikron weniger schwer seien als etwa mit Delta. Dennoch warnte er davor, die Langzeitfolgen durch Long-Covid zu unterschätzen. Darüber wisse man noch nicht genug.

Er appellierte erneut an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Impfungen verhinderten nicht eine Ansteckung, aber sie verhinderten einen schweren Verlauf.

"Wir haben einen noch zu großen Teil in der Bevölkerung, der nicht geimpft ist", so Wieler.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/smh

(END) Dow Jones Newswires

January 14, 2022 08:29 ET (13:29 GMT)