Börsen-Zeitung: Fahrt auf Sicht, Kommentar zur US-Notenbank von

Sebastian Schmid

Frankfurt (ots) - Das Jahr ist erst wenige Wochen alt, und schon

wirkt die im Dezember eingeschlagene Zinswende der US-Notenbank Fed

wie ein Schritt aus einer anderen Zeit. Zwar haben die Notenbanker

auch damals nur eine graduelle Anhebung der Zinsen in Aussicht

gestellt. Doch waren sie mehrheitlich zumindest von vier Schritten

für 2016 ausgegangen. Die Marktwahrnehmung ist längst eine andere. Im

Futures-Markt wird bereits auf nur einen Zinsschritt im gesamten Jahr

spekuliert.

Ganz geschlossen hat die US-Notenbank die Tür zu einer

Zinsanhebung im März in ihrer jüngsten Stellungnahme derweil nicht.

Sie versprach lediglich, "die Entwicklung von Weltwirtschaft und

Finanzmärkten" genau zu beobachten. Am US-Aktienmarkt sorgte dies am

Mittwoch gleich für Irritationen. Die Fed dürfte bei ihrer

Stellungnahme allerdings auch penibel darauf bedacht gewesen sein,

nicht den Eindruck eines Kurswechsels hervorzurufen. Wie verlässlich

wirkt eine Notenbank, die alle paar Wochen ihre Einschätzung

revidieren muss?

Die ausgewogene Formulierung kann dennoch der Auftakt einer

Kehrtwende sein, wie sie im Futures-Markt praktisch schon suggeriert

wird. Die US-Konzerne halten derzeit Kurs auf ein weiteres Quartal

mit rückläufigem Umsatz und Gewinn. Laut Factset wäre es das dritte

in Serie - erstmals seit 2009. Allerdings waren die Ergebnisrückgänge

bis einschließlich des dritten Quartals zuletzt nicht der

Binnenkonjunktur geschuldet, sondern der Dollaraufwertung und der

Konjunkturschwäche im Rest der Welt. Sollte dies so bleiben, könnte

die Fed zum Schluss kommen, die US-Konjunktur sei robust genug für

höhere Zinsniveaus - trotz internationaler Turbulenzen.

Allerdings bleibt auch die Teuerungsrate weit hinter den

Erwartungen zurück. Entsprechend zeigt die Fed keine "berechtigte

Zuversicht" mehr, dass das Inflationsziel von 2% in absehbarer Zeit

erreicht wird. Die nun wiederholte Ankündigung, die globalen

Entwicklungen genau zu beobachten, war 2015 dem ausgelassenen

Zinsschritt im Oktober vorausgegangen. Ein Zinsschritt im März dürfte

daher unwahrscheinlich sein. Spätestens ab Juni dürften indes wieder

alle Optionen auf dem Tisch liegen. Die Fed fährt im aktuell

schwierigen Fahrwasser gezwungenermaßen nur auf Sicht. Viele

Investoren dürften es ihr gleichtun und so die Volatilität

hochhalten. Heute steht mit der ersten Schätzung zum

US-Bruttoinlandsprodukt der nächste Indikator für den Schlingerkurs

der Fed ins Haus. Die Fahrt auf Sicht geht weiter.

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