BERLIN (dpa-AFX) - Ungarn greift nach den Worten des Ministerpräsidenten Viktor Orban auf russischen Corona-Impfstoff zurück, weil die EU-Kommission bisher keine ausreichende Versorgung garantiert. "Es gibt keinen östlichen und keinen westlichen Impfstoff, es gibt nur guten und schlechten", sagte Orban der "Bild"-Zeitung (Mittwoch). Die EU habe ihre Chance nicht wahrgenommen, die Europäer "schnell und effektiv" mit Impfstoff zu versorgen. "Deshalb muss ich gemäß unserer Verfassung zum Schutz meiner Bürger verantwortlich handeln."

Ungarn unterstütze weiter die EU-Kommission, sagte Orban. "Aber wir erkennen auch: USA, Großbritannien, Israel, auch Serbien sind uns EU-Mitgliedern weit voraus. Deshalb suche ich für mein Land Impfstoff dort, wo er verfügbar ist, auch in China oder Russland, solange unsere Behörden die Wirkstoffe geprüft und freigegeben haben."

Sputnik V war im August in Russland als weltweit erster Impfstoff für eine breite Anwendung in der Bevölkerung freigegeben worden, obwohl bis dahin wichtige Tests gefehlt hatten. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat den Wirkstoff bislang nicht zugelassen.

Orban würdigte die Impfkultur Russlands und des östlichen Europas. "Wir haben - mit sowjetischem Impfstoff - etwa Polio wesentlich früher ausgerottet als der Westen", sagte er. Leben zu retten sei wichtiger als politische Überlegungen.

Während in Ungarn der russische Impfstoff Sputnik V eingesetzt wird, hat sich Orban selbst den chinesischen Sinopharm-Impfstoff verabreichen lassen. Bei Sinopharm hat Ungarn fünf Millionen Dosen bestellt, von Sputnik V zwei Millionen Dosen./hn/DP/zb