Berlin (Reuters) - Die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken haben auf dem SPD-Bundesparteitag eine Reform der Schuldenbremse und das erneute Ausrufen einer Notlage für den Haushalt 2024 gefordert.

"Die Schuldenbremse ist ein Wohlstandsrisiko für unser Land geworden", sagte Klingbeil am Freitag in Berlin. "Während andere den Turbo in die Zukunft zünden, ziehen wir in Deutschland die Handbremse an", fügte er mit Blick auf Milliarden-Investitionen in den USA, China, Indien oder Südkorea an. "Unser Land ist ein wirtschaftlicher Riese, aber wir legen uns Fesseln an", sagte er mit Blick auf die Verhandlungen über den Haushalt 2024, in denen die FDP die erneute Aussetzung der Schuldenbremse weiter ablehnt. "Die Notlage der Schuldenbremse muss erneut gezogen werden", hatte Esken bereits in der ARD gefordert.

Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte am Freitag dazu, dass die Beratungen über den Etat 2024 aus Sicht von Kanzler Olaf Scholz bereits gut vorangekommen seien. Am Donnerstag hatte Scholz im Parteivorstand betont, dass er an eine politische Einigung in den nächsten Tagen glaube. Dies hatte auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) signalisiert. Allerdings hatte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, in einer Mitteilung an Bundestagsabgeordnete geschrieben, dass die SPD nicht mehr an eine endgültige Verabschiedung des Haushalts 2024 noch in diesem Jahr glaube. Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner verhandeln am Freitag und am Sonntag weiter.

Der SPD-Parteiführung schlägt in einem Leitantrag eine Reform des Instruments zur Begrenzung der Schuldenaufnahme vor und will Ausnahmen für Investitionen. Juso-Chef Philipp Türmer forderte auf dem SPD-Parteitag allerdings sogar eine Abschaffung. "Dieses in die Verfassung gegossene Misstrauensvotum gegen Politik muss endlich weg", sagte er.

Beide SPD-Parteichefs, die sich am Nachmittag der Wiederwahl stellen, kritisierten sowohl die Union als auch die AfD scharf. "Mit dieser Merz-CDU haben wir wahrhaftig die populistischste Opposition aller Zeiten", sagte Esken. Klingbeil warf der Union "Unanständigkeit" vor. "'Friedrich von gestern' wird niemals die Zukunft unseres Landes sein", fügte der SPD-Chef in Anspielung auf CDU-Chef Friedrich Merz hinzu. Beide warnten davor, dass die AfD Deutschland ins Verderben führen würde. Klingbeil nannte die rechtspopulistische Partei "arbeiterfeindlich".

Kanzler Scholz wird am Samstag auf dem Bundesparteitag reden. Nachdem seine Zustimmungswerte zuletzt immer weiter abgesackt waren, wird eine kritische Debatte über seine Rolle erwartet. Mehrere Redner forderten bereits am Freitag, dass der Kanzler klarere SPD-Positionen in der Ampel-Regierung vertreten müsse. Esken und Kühnert verteidigten Scholz dagegen ausdrücklich. "Olaf Scholz versucht nach Kräften und wirklich mit enormem Einsatz, diese Regierung zusammenzuhalten und immer wieder zu Kompromissen zu führen", sagte Kühnert im rbb-Radio mit Blick auf die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer; redigiert von . Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)